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Jesus von Texas

Jesus von Texas

Titel: Jesus von Texas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: DBC Pierre
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begyour par-den, I never promised you a rose gar-den.« Kaum wird es heiß, schon sind sie da, diese ätzenden alten Nummern, die immer irgendwo im Hintergrund laufen, in scheiß Mono. Schicksal, keine Frage. Schon mal jemandem aufgefallen, wie sich jedesmal, wenn einem was passiert im Leben, wenn man sich verliebt oder so, ein Lied daran knüpft? Schicksalslieder sind das. Paßt bloß darauf auf.
    Ich lieg auf der Pritsche und stell mir vor, wie dieser Titel in einer Greyhound-Station läuft. Im Fernsehfilm meines Lebens wäre ich der mürrische, verstörte junge Typ - ungehobelt, einsam und abgeklärt für sein Alter. Einer, der lange Schatten hinter sich herzieht, um einen Bus stadtauswärts zu erwischen, einen Bus, auf dem »Mexiko« steht. »Pschsss«, der knorrige alte Fahrer öffnet die Tür seines Autobusses und lächelt, als hätte er ein Geheimnis - als wüßte er, daß alles gut ausgeht. Der Stiefel des Typen hebt sich aus dem Staub. An seiner Hüfte baumelt die Gitarre. In der Mitte des Busses sitzt ein Cowgirl mit blonden Haaren und Levi's, wahrscheinlich mit blauem Baumwollslip drunter. Bikinihöschen oder Tanga. Wahrscheinlich Bikini. Sie reist allein, und nichts an ihr ist mürrisch. Seht ihr? Das ist genau die Art von strategischer Voraussicht, die uns von den Tieren unterscheidet.
    Meine alte Dame ruft an, aber mit ihr wird meine Vorstellungskraft nicht fertig. Bis Mittwoch habe ich Zeit, um ein wenig zu träumen. Dann ist mein beschissener Termin beim Psycho-Doc. Ich überlebe zweieinhalb Tage in der Gegenwart von Jesus' bleierner Seele, die in den Schatten der Zelle kauert; drei Nächte aus Gummi, durchhallt von den Geräuschen seines Todes. Am Ende vertreib ich mir die Zeit damit, Gesichter für den Psychiater einzuüben. Wenn ich nur wüßte, ob ich auf verrückt machen soll oder auf normal oder keine Ahnung was. Falls die Typen auch nur halbwegs so sind wie im Fernsehen, wird das verflucht schwer rauszukriegen sein, weil sie dann einfach nur jedes verdammte Wort wiederholen, das du sagst. Wenn du sagst: »Ich bin total am Ende«, dann sagen sie: »Du sagst also, du bist total am Ende.« Wie soll man daraus schlau werden? Ich weiß nur, was ich in der letzten Woche gelernt habe - daß ein gesundes Leben sich weich und elastisch anfühlen sollte wie ein Burrito. In dieser Dienstagnacht, genau eine Woche nach den Schüssen, fühlt sich mein Leben an wie ein verdammter Tortillachip.
    Ich höre Barrys Schlüsselkette den Korridor entlangschwingen, klink-kla-klink. Er bleibt hinter dem Gitterfenster in meiner Tür stehen; unsichtbar atmend und mit dem Schlüssel klappernd. Er weiß, daß ich darauf warte, ihn sagen zu hören, ich hab einen Anruf. Doch er geht erst mal ein paar Schritte weg und schlurft dann wieder zurück. Genau so ein Typ ist das.
    »Little?« sagt er dann endlich.
    »Ja, Barry?«
    »Für dich immer noch Officer Gurie. Du bist doch hoffentlich nicht am Rumwichsen da drin, oder? Du wirst doch nicht etwa die ganze Nacht deine Glocken schaukeln und an deinen Bohnenfresserkumpel denken, he? Harrchr-chr.«
    Soll er doch verrecken, verdammt noch mal. Während er mich hoch zum Telefon führt, stell ich mir vor, wie ich ihm seinen Bullenknüppel in den Arsch ramme. Nicht, daß er was merken würde, wahrscheinlich.
    Nur um mich ein wenig aufzuheitern, spielt im Büro das weinerliche Saxophon vom Fernsehwetterbericht. Ich gehe ans Telefon und höre Leonas gleichgültiges Glucksen vor einem Chor fetter Ladys, die im Hintergrund die Finanzen anderer Leute besprechen. Am anderen Ende dudelt auch der Wetterbericht. Ich kann mir die Scheiße in Stereo anhören. Dann kommt die Stimme meiner alten Dame dahergeschleimt.
    »Vernon, geht's dir gut?«
    Ihr Gegreine fühlt sich an, als würde sie mir tatsächlich ihre Zunge ins Ohr schieben, wie ein Ameisenbär oder so. Ich könnt kotzen und heulen, beides zugleich, so sieht's aus. Sie geht aufs Ganze, und warum? Ich werd's euch verraten: weil ich jetzt nicht mehr nur im Knast bin, sondern eventuell auch noch verrückt. Das wäre ihr verdammtes Eldorado - verrückt, auch das noch! Dann hätte sie nur das Problem, daß sie ihre besten Wimmernummern alle schon gebracht hat; sie müßte sich wahrscheinlich eine Titte zerfetzen oder so, um Schritt zu halten mit der Fortgesetzten Tragödie ihres Verpfuschten Lebens. Aus reiner Güte ertrage ich die maximale Anzahl von Schluchzern, bevor ich was sage.
    »Wie konntest du mir das antun, Ma?«
    »Vernon, ich habe

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