Jesus von Texas
Medientyp?« frage ich.
Pam schüttelt den Kopf und fährt bei meinem Haus ran.
»Von hier ist er nicht, soviel steht fest. Andererseits - er hat einen Camcorder ...«
Fuck, fuck, fuck, macht die Gottesanbeterin, und das alle vier Sekunden meines Lebens. Gas, Bremse, Gas, Bremse - Pam bugsiert das Auto an die Bordsteinkante wie ein Fährboot an eine Anlegestelle. Fuck, fuck, Gas, Bremse, so saugt mich die Maschinerie dieser Stadt ein. Drüben auf der anderen Straßenseite sind Mrs. Lechugas Vorhänge dicht zugezogen. Im Haus Nummer 20 steht die alte Mrs. Porter mit Kurt, ihrem mittelgroßen schwarzweißen Hund, hinter der Fliegengittertür und glotzt rüber. Kurt hat sich längst einen Platz in der verdammten Bell-und-Kläff-Hallof-Fame verdient, doch seit Dienstag hat er keinen Ton von sich gegeben. Schon seltsam, was für ein Gespür Hunde haben.
Plötzlich legt sich ein Schatten über das Auto. Er gehört Vaine Gurie. »Wen haben wir denn hier?« fragt sie und öffnet meine Tür. Ihre Stimme vibriert von ganz tief in ihrer Kehle nach vorn, wie bei einem Papagei. Es drängt einen förmlich, in ihrem Mund nach der kleinen boxhandschuhartigen Zunge zu suchen.
Mom huscht mit einem Blech kümmerlicher Joy Cakes über unsere Veranda. Sie macht einen auf Gehetztes Reh. So sah sie auch aus, als ich meinen Daddy das letzte Mal lebend sah, obwohl sie genauso dreinschaut, wenn sie bloß ihren Küchenhandschuh verlegt hat. Der ist allerdings da, direkt unter dem Blech. Er ist leicht zu erkennen, weil er einen Frosch darstellen soll. Sie kommt die Treppe runter und geht an unserer Weide vorbei - die, unter der ihre Glücksbank steht. Diese sogenannte Glücksbank ist zwar erst vor kurzem hier aufgetaucht, aber das verdammte Ding hängt jetzt schon schief im Dreck. Sie kümmert sich nicht drum und stelzt weiter auf Pams Auto zu.
»Hallöchen Partner«, sagt sie und trieft dabei nur so von dieser saublöden Puff-Puff-Eisenbahn-Kumpelscheiße, mit der sie anfing, als es bei mir erste Anzeichen von einem Schwanz gab. Der im Moment natürlich am Schrumpfen ist, der Bastard. Ich weiche zurück, doch vergeblich - sie verfolgt mich und überzieht mein Gesicht mit Spucke und Lippenstift und wer weiß was noch. Plazenta wahrscheinlich. Und alles mit diesem Lächeln, das einen an irgendwas erinnert, aber man kommt nicht drauf. Kleiner Tip: der Film, in dem die Mutter diese junge Familie besucht, und am Ende müssen sie ihr die verdammte Schere aus der Hand winden.
»Ch-chrrr.« Vaine tritt zwischen uns. »Ich fürchte, Ihr Partner hier hat sich aus unserem Gespräch davongeschlichen.«
»Ach, weißt du was, Vaine, nenn mich doch einfach Doris! Ich gehör ja fast zur Familie, so dick, wie ich mit LuDell und Reyna bin und so.«
»Was Sie nicht sagen. Mrs. Little, lassen Sie mich erklären, wie die Dinge stehen ...«
»Also diese Joy Cakes schreien geradezu danach, gekostet zu werden - Vaine?«
»Ma'am, so leid es mir tut, ich mache nicht die Gesetze.«
»Nun kommen Sie doch wenigstens kurz mit rein - wir müssen uns doch nicht gleich so aufregen, das läßt sich doch alles klären«, sagt Mom. Ich erstarre. Das fehlte mir noch, daß Gurie in meinem Zimmer rumschnüffelt. In meinem Kleiderschrank oder so.
»Ich fürchte, Vernon wird mich begleiten müssen«, sagt Gurie. »Außerdem müssen wir einen Blick in sein Zimmer werfen.«
»Mein Gott, Vaine - er hat doch nichts angestellt, er tut immer, was man ihm sagt...«
»Ach ja? Das einzige, was er bisher getan hat, ist lügen, und sobald ich ihn allein lasse, schleicht er sich davon. Wir wissen noch immer nicht, wo er sich zum Zeitpunkt der Tragödie aufgehalten hat.«
»Er war überhaupt nicht dort!«
»Uns hat er was anderes gesagt, uns hat er gesagt, er hatte Mathe.«
»Es war während der Mathestunde«, korrigiere ich. Scheiße, soll ich's mir auf die Stirn kleben oder was?
»Dann brauchst du dir ja keine Sorgen machen«, sagt Gurie. »Wenn du nichts zu verbergen hast.«
»Aber in den Nachrichten kam doch, daß der Fall zweifelsfrei aufgeklärt ist, Vaine - jeder kennt die Ursache.«
Guries Lider flattern. »Gut möglich, daß jeder die Wirkung kennt, Mrs. Little. Was die Ursache angeht, da wollen wir erst mal abwarten.«
»Aber in den Nachrichten kam ...«
»In den Nachrichten kommt eine ganze Menge, Ma'am. Fakt ist, im gesamten County gibt es keine Leichensäcke mehr, und ich persönlich bin der Ansicht, daß kein einzelner Schütze ohne Helfer so etwas anrichten
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