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Jesus von Texas

Jesus von Texas

Titel: Jesus von Texas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: DBC Pierre
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Moms sogenannten Freundinnen.
    Betty trottet immer mit ihrem trübseligen Gesicht hinterher und sagt: »Ja, genau, ich weiß.« Hat einen Zehnjährigen namens Brad. Der kleine Wichser hat meine Play-Station kaputtgemacht, gibt's aber nicht zu. Man darf ihn wegen nichts anscheißen, weil er eine beglaubigte Störung hat, und die funktioniert wie eine »Du kommst aus dem Gefängnis frei« -Karte. Ich dagegen hab nur Beschwerden.
    Das Schicksal spielt also seine Karte: Leonas funkelnde Alu-Felgen kommen hinter dem Streifenwagen zum Stehen. Ricardo Moltenbomb, der Reportertyp, macht so einen Stierkämpferschwung und tritt dann zur Seite, als sich ein Hektar Zellulitis auf dem Fleckchen Dreck ausbreitet, das unseren Rasen darstellen soll. Der Augenblick belegt, daß Moms heile Welt von Nervensträngen aus Zuckerwatte zusammengehalten wird. Man kann direkt zusehen, wie sich die verdammten Dinger auflösen.
    »Hi Vaine!« ruft Leona. Sie führt den Trupp an, weil sie die jüngste ist, das heißt jünger als vierzig.
    »Vaine, du hier?« ruft Georgette. »Hat mein alter Herr genug von dir im Büro?«
    Mom springt gleich darauf an. »Vaine macht nur eine Routineüberprüfung, Mädchen - kommt doch rein auf eine Cola.«
    »Noch mehr Ärger, Doris?« fragt Leona.
    »Meine Güte!« sagt Mom. »Wie diese Küchlein schwitzen!« Ganz im Ernst: In diesen Küchlein steckt nicht genug Leben zum Schwitzen.
    Vaine Gurie macht gerade ihre Kehle zum Sprechen frei, da kommt Moltenbomb mit seinem Camcorder und seinem Alligatorenlächeln auf sie zu. »Ein paar Sätze für die Kamera, Captain?«
    Um die beiden formiert sich ein Publikum, bestehend aus Pam, Georgette, Leona und Betty. Georgettes Zigaretten tauchen auf. Sie macht sich's gemütlich. Bettys Trübsalsmiene verfinstert sich, und sie tritt einen Schritt zurück. »Du hast doch nicht etwa vor, im Fernsehen zu rauchen, oder? George?«
    »Psst«, sagt Georgette. »Nicht ich bin im Fernsehen, sondern sie. Bring mich bitte nicht in Rage, Betty.«
    Deputy Gurie preßt ihre Lippen zusammen. Sie holt tief Luft, schaut den Reporter an und runzelt die Stirn. »Erstens, Sir, bin ich Deputy, und zweitens sollten Sie sich wegen Updates an die Medienstelle wenden.«
    »Ich mach aber einen Hintergrundbericht«, sagt Moltenbomb.
    Gurie mustert ihn von oben bis unten. »Was Sie nicht sagen, und Sie sind ...?«
    »CNN, Ma'am - Eulalio Ledesma, zu Diensten.« Sonnenstrahlen treffen auf Gold, während er redet. »Die Welt ist voller Erwartung.«
    Gurie gluckst vor sich hin und schüttelt den Kopf. »Die Welt ist weit weg von Martirio, Mr. Ledesma.«
    »Heute ist Martirio die Welt.«
    Guries Blick wandert zu Pam. Pams Mund klappt auf wie bei einem Kid in einer Fast-Food-Werbung; die Konturen des Wortes »Fernsehen!« erscheinen. »Dein Barry wird so stolz auf dich sein!«
    Deputy Gurie schaut an sich herab. »Aber ich kann das doch nicht so machen, wie ich bin, oder?«
    »Kein Fleck zu sehen, Vaine - reiß dich zusammen«, schnauft Pam ungeduldig.
    »Ach ja? Ch. Und was genau soll ich sagen?«
    »Entspannen Sie sich einfach. Ich gebe Ihnen dann die Stichworte«, sagt Mr. Ledesma. Bevor Gurie protestieren kann, bringt er sein Stativ in Position, richtet die Kamera auf sie und tritt davor. Seine Stimme ist jetzt mit einem festen Schmelz überzogen. »Und wieder einmal legen wir das Trauergewand an - ein Gewand, das bereits zerschlissen ist von den erschütternden Begleiterscheinungen einer im Wandel begriffenen Welt. Heute stehe ich hier mit den ehrbaren Bürgern von Martirio, Central Texas, um gemeinsam mit ihnen zu fragen: Wie können wir Amerika heilen?«
    »Ch-chrr.« Gurie öffnet ihren Mund, als wüßte sie die verfickte Antwort. Nei-ein, Vaine, er ist noch nicht fertig.
    »Wir beginnen an vorderster Front, mit den Menschen, deren Rolle sich infolge einer Tragödie verändert - unseren Polizeibeamten. Deputy Vaine Gurie, begegnen Ihnen die Menschen anders in Zeiten wie diesen?«
    »Also, das ist unser erstes Mal«, sagt sie. O Mann, Vaine!
    »Aber sind Sie nicht verstärkt angehalten, therapeutisch zu wirken, moralischen und zivilen Beistand zu leisten?«
    »Schtass-tistisch gesehen, Sir, gibt es mehr Therapeuten in dieser Stadt als Polizeibeamte. Sie hüten keine Gesetze, und wir mischen uns nicht ins Therapieren ein.«
    »Die Gemeinschaft stellt sich also der Herausforderung - sie rückt zusammen?«
    »Wir haben unser Personal mit ein paar Leuten aus Luling aufgestockt, sicher, und die Hunde sind

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