Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Jesuslatschen - Größe 42

Jesuslatschen - Größe 42

Titel: Jesuslatschen - Größe 42 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rüdiger Paul
Vom Netzwerk:
Meer
entlang. Zum Glück lässt der Regen gegen Mittag etwas nach. Auf einem
paradiesischen
    Weg entlang der Küste öffnen sich die Augen
allmählich wieder zum bewussten Sehen. Man ist durch die äußeren Umstände
vergrämt und lässt nicht einmal das Schöne einströmen, bis man dann
scheibchenweise den Körper wieder frei gibt, um an der Natur teilzuhaben. Vor
mir eröffnet der Botanische Garten, Natur ohne Zaun und Kassenhäuschen, seine
unsichtbaren Pforten. Es ist alles steigerungsfähig. In diesem Garten Eden
finden sich Feigen, Zitronen, Orangen, Eukalyptus, Orchideen und Blumen, welche
zu Hause mühsam in Töpfen wachsen. Befreite Natur. Ohne den heute
allgegenwärtigen Regen, ist diese üppige Flora nicht denkbar. Nichts muss in
dieser Landschaft gestutzt, verschnitten und verstümmelt werden. Uns hackt doch
auch niemand einfach so die Arme ab, weil sie stören. Grün umgibt mich, der Weg
führt bergauf zu einem Naturlehrpfad. Plötzlich stehe ich vor einem seltsamen
„Bauwerk“. Eine grün gepinselte, etwa fünfzehn Quadratmeter große
Wellblechhütte. Die Deckenhöhe beträgt geschätzte zwei Meter. An der
Eingangstüre „ranken“ mit Farbe aufgetragene grüne Ranken. Davor eine grüne
Bank aus Stein. Auf dem grünen Dach ein grüner Lüfter. Und das alles mitten im
Grünen. Der ideale Platz um „ My Fair Lady“
aufzuführen, frei nach dem Motto: „Es grünt so grün, wenn Spaniens Blüten
blühen.“

    Am originellsten aber ist das Schild auf dem
Dach dieser Behausung. Darauf steht in großen Lettern „TRAMPOLIN“. Nun stelle
ich mir lebhaft vor, wie in diesem Flachbau eine Riege durchtrainierter cantabrischer Turner die Kunst des Trampolinspringens zur
Vollendung bringt. Herausgerissene Löcher im Dach finde ich jedenfalls nicht.
Für die Zukunft, Hals- und Beinbruch, Sportfreunde.
    Das Meer zu meiner Rechten nimmt mir, in
diesem Sinne, ein wenig meine Sprunghaftigkeit. Lässt mich eingeengt fühlen,
sorgt aber wiederum dafür, dass ich nicht eigenwillig ausschere, um mich so
sicher wie das Amen in der Kirche zu verlaufen. Total durchnässt, sitze ich in Islares im Restaurant, wie ein Taucher im Aquarium und
fühle mich auch so. Der Kellner serviert ein schmackhaftes „Menu del Dia“.
Wasser vermisse ich nicht auf dem Tisch, davon gab es heute schon genug, von
oben. Der frisch gebrühte Kaffee nach dem Essen überzeugt mich, dass durch
bewussten Genuss Platz für positive Gedanken geschaffen wird. Auf alle Fälle
hellt mein Tagesbild dadurch wieder auf. Im Gegensatz dazu, zieht der Himmel
wieder dunkle Wolkenberge zusammen, es regnet ohne Unterlass.
    In der Kirche des Ortes möchte ich mich noch
ein wenig unterstellen, um den anhaltenden Regen abzuwarten. Zu meiner
Überraschung erstrahlt im Inneren direkt hinter der Kirchentür ein poliertes
Auto in vollem Glanze. Sicher befinde ich mich gerade in einem der ältesten
Parkhäuser dieser spanischen Küstenregion.
    Um die abgelegene Ruine der Kapelle St. Juan
zu sehen, spendiere ich mir spontan, trotz dieses miesen Wetters einen schönen
Umweg durch nahezu unberührte Natur. Die Kapelle im Bergmassiv von Candina ist total von der Natur eingenommen und überwuchert
von sattem Grün. Ein leichter Nebelschleier macht diesen geschichtsträchtigen
Ort noch ein wenig mystischer. Es ist für mich ein Ort der Einsamkeit. Jener
Einsamkeit, welche keine Verlassenheit bedeutet, sondern genau das Gegenteil.
Diese Einsamkeit inmitten der Natur gibt mir das Gefühl, diesem fantastischen
Kreislauf anzugehören, aufgenommen zu sein, zu leben.
    Der Regen lässt wieder etwas nach. Der Berg
wird steiler, der Weg unwegsamer und plötzlich nur noch sehenswert.
    Von weitem hallt Hundegebell, ich nähere mich
vorsichtig dem umbauten Eingang einer alten Mine. Freilaufende Hunde in der
Natur flößen nicht gerade Wohlwollen ein.
    Zu meiner Beruhigung ist der mich anbellende,
etwas heruntergekommene Schäferhund angekettet. Es tut mir leid, dieses Tier
hier trostlos in einer so begnadeten Umgebung vorzufinden.
    Schroffe Felsen, noch mehr Meer und der
Gedanke, hier wächst nichts mehr, nur noch Adler. Direkt vor mir, auf einem
hohen Felsen, haben sie sich niedergelassen. Diese stolzen Raubvögel legt hier
niemand an die Kette, sie strahlen Ruhe und Würde aus. Wie oft habe ich Adler
in der freien Natur gesucht und gefunden. Sie sind für mich ein Sinnbild des
Wortes Ehrfurcht.
    Aus dem Meer ragt unweit vom Ufer ein einsamer
gewaltiger Fels steil aus der weiß

Weitere Kostenlose Bücher