Jesuslatschen - Größe 42
war ihre Höhle. Wir müssen Eintritt bezahlen.
Die damaligen Meister haben mit ihren
einfachen Mitteln einzigartige Höhlenmalereien geschaffen. J.-E. Berendt
beschreibt in seinem Buch „Kraft aus der Stille“ derartige Höhlenmalereien als
eine Kunst, die sich jenseits der Zeit befindet. Eine Impression, welche damals
dem Menschen im Fackelschein erschien und heute trotz elektrischem Licht nach
dem Erscheinen wieder ins Dunkel gleitet. Der Büffelsaal wird auch als
„Sixtinischen Kapelle der Prähistorischen Kunst“ bezeichnet. Dort trifft mich
von der Decke herab ein „Augenblick“. Der Blick eines Büffels, vierzehntausend
Jahre alt und doch schaut er mir direkt in die Seele. Sofort eingebrannt und
für immer im Kopf gespeichert. Diesen Blick sende ich in Form einer Postkarte
meinem Freund Hans, gleichsam als ein erlaufenes Geschenk.
Gleichzeitig kommt mir die Erinnerung an die
Begebenheit mit den Hunden, in der Nähe der Stadt Laredo. Ein Hund von der
Meute kaute wie wild auf einem Schafschädel herum. Das Auge in diesem Schädel
hatte einen besonderen Ausdruck. Der Blick traf mich ebenso. Beide
„Augenblicke“ möchte ich nicht unbedingt vergleichen, bestimmt aber
gegeneinander stellen.
Zurück geht es denselben Weg bergab, der Nebel
hat sich aufgelöst, und die Sonne erhellt das weite Land. Die Stadt Santillana del Mar zeigt sich vor uns. Die Häuser stammen
weitestgehend noch aus dem 13. Jahrhundert. Eine malerische Stadt. Den
Stadtkern von Santillana del Mar möchte mir gern
ansehen. Gérald läuft indes weiter in Richtung Comillas.
Prächtige Paläste, ehrwürdige Handelshäuser,
enge Gassen, blühende Gärten, ringsum eine üppige Natur sind die Kulisse für
einen wunderbaren Tag. Sehr angenehm finde ich, dass hier kaum Autos fahren.
Ein großes Schild weist für die Altstadt ein Fahrverbot an.
Auf den ersten Blick ist mir gar nicht
aufgefallen, dass hier nur wenige Bewohner unterwegs sind. Diese Stadt ist ein
Touristenmagnet, ich möchte nicht sagen Freilichtmuseum, aber es kommt dem
schon nahe. Die von Touristen übervölkerte Stadt Rothenburg ob der Tauber, mit
ihrem mittelalterlichen Stadtkern, lässt aus der heimatlichen Ferne grüßen.
Der erste Weg führt mich zur Post, um dort
Ballast abzuwerfen, sprich, die aussortierten Sachen nach Hause zu schicken.
Als mein Karton auf der Waage steht, runzelte der Postbeamte die Stirn und gibt
mir zu verstehen, dass mein Paket vierhundert Gramm zu viel wiegt. Im
Jetzt-Zustand würde die Beförderung dreißig Euro als Paket kosten. Nun wird auf
der Paketwaage sorgsam sortiert, Bücher raus, Gürteltasche raus, Wörterbuch und
Schmalfilm rein, es geht am Ende um ganze zehn Gramm!
Mit eintausendneunhundertzweiundneunzig Gramm geht mein überflüssiger Hausrat für 6,50 Euro auf die Rückreise nach
Merseburg. Wenn man etwas sparen möchte, sollte man nicht so schnell aufgeben
beim Aufgeben. Dieses Päckchen ist nun Sache der Post, so hat jeder sein
Päckchen zu tragen. Der Briefträger jetzt mehr und der Pilger weniger. Es ist
nicht verwerflich, ein Buch an geeigneter Stelle, vielleicht in einer Herberge,
einfach mal „liegen zu lassen“. Mit der Zeit findet sich gewiss ein
interessierter Leser. Die Beharrlichkeit eines Anglers ist ein passender
Vergleich für dieses Suchen und Finden. Oftmals ist es so, dass man an fremden
Orten unerwartet einzelne abgelegte Bücher vorfindet. Mangels Auswahl beginnt
man darin zu lesen und entdeckt genau die Einsicht in eine Sache, welche schon
längere Zeit das Gemüt bewegt.
Ganze zwei Kilo leichter, treibt es mich
unbeschwerter durch eine wunderbar wache Natur. Mitten in der Landschaft, auf
einer kleinen Anhöhe, erreiche ich die Kirche „San Martín“. Verfallene
Adelspaläste, prunkvolle überdimensionale Villen, verlassen, verfallen,
vergessen. In vielen hält die Natur schon wieder Einzug. Der österreichische
Maler und Architekt Friedrich Hundertwasser hat solche Wohnbereiche bewusst
konzipiert, damit der Mensch inmitten der Natur leben kann. Hier passiert es
vor den Augen der Menschen, die Natur besetzt Räumlichkeit des Menschen,
scheinbar unbewusst. Eine ähnliche Atmosphäre muss Edgar Allen Poe umgeben
haben, als er das Buch „Der Untergang des Hauses Asher“ geschrieben hat. Solche
Asher-Häuser gibt es weltweit. Es ist einfach der Lauf der Zeit, des Geldes und
nicht zuletzt der Liebe, welcher den Weg solcher Häuser bestimmt.
„Die
Natur kannst du mit der Mistgabel vertreiben, doch
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