Jesuslatschen - Größe 42
sie wird stets
zurückkommen.“
Horaz
Das trifft ebenso auf uns selbst zu, man kann
den Menschen nicht verbiegen. Du wirst ewig du selbst bleiben.
In diesem Landstrich entwickelt sich, bedingt
durch die günstige Lage, ein fruchtbares Mikroklima, in dem ganzjährig
Zitronenbäume blühen. Man spricht hier von den größten Zitronen Spaniens, aus
den Bäumen leuchten diese Riesenexemplare wie Laternen. Der einzige Laden in
diesem Ort hat gerade geschlossen. So ist es mir nicht vergönnt, einen
derartigen Vitaminstoß zu erhalten. Der Anblick großer alter Zitronenbäume und
der Duft, welcher diesen Gärten entströmt, lassen mich Paradiesesnähe spüren.
Das müssen auch die Zisterzienser Mönche
gewusst haben. Ganz in der Nähe, in Cobreces ,
befindet sich das Kloster „Santa María de Viaceli “.
Im Kloster hätte ich ohne weiteres übernachten und an einer gesungenen Messe
teilnehmen können. Doch dieser Tag ist noch zu jung, ich möchte weiter kommen.
Die Füße schmerzen zwar, aber wann tun sie das nicht?
Unweit des Klosters raste ich an einem
steinalten Waschhaus. Ein zwanzig Meter langer, aus Feldsteinen gemauerter,
Trog wird von einer Quelle gespeist. Farne und Moosflechten wachsen in den
feuchten Fugen der Einfassungsmauer. Nebenan stehen von einem langen Dach
überspannte steinerne Waschtröge. Die Ränder der Tröge sind abgewetzt von der
jahrzehntelangen Arbeit der Wäscherinnen. In einem dieser Becken weiche ich
meine SOS-Wäsche ein. Mir selbst bringt ein Bad in der langen Rinne nahe der
Quelle eine ordentliche Gänsehaut ein. Das Bad, ein Becher frisches Quellwasser
mit einer Magnesiumtablette (zweimal täglich, auf dem gesamten Weg) und ein
kleiner Imbiss aus dem Rucksack wecken völlig neue Lebensgeister. Der so
erfrischte Körper lässt Platz für Gedanken und Fantasien. Es läuft sich leicht
und unbeschwert.
Die letzte Station überrascht mich am frühen
Abend mit einer gerade erst vor vier Tagen eingeweihten Albergue. Sie ist in
ein altes Gemäuer integriert und vereint traditionelle und heutige Ansprüche.
Eine hübsche und dazu noch sehr nette Frau begrüßt mich und zeigt mir die, noch
nach frischer Farbe riechenden, Räumlichkeiten. Es scheint nur noch ein Pilger
im Hause zu sein. An den Sachen, welche zum Trocknen aufgehängt sind, erkenne
ich, dass diese Gérald gehören. Ein ausgiebiges Duschbad gibt mir nach dieser
Etappe ein Wohlgefühl. Nachdem meine Füße und die Beine mit Gel behandelt sind,
verordne ich mir einen erholsamen Tiefschlaf.
Die Dämmerung liegt bereits über der Stadt,
als ich die Herberge verlasse. Durch kleine Gassen gelange ich an eine
Stadtmauer. Von hier oben hat man einen imposanten Panoramablick über die
Häuser in Richtung Meer. Dieser Ort hat eine bewegte Geschichte und viel
Sehenswertes aufzuweisen. In südlicher Richtung sieht man weit über der Stadt
das ehrwürdige Hauptgebäude der einstigen „Päpstlichen Universität“. Ein
weiteres Kleinod ist der Palast des Grafen von Comillas. Dieser zeugt von Würde
und Ansehen dieser Familie. Der Spanische Architekt und Künstler Gaudí hat sich
in Comillas mit dem Schlösschen „ El Capricio “ verewigt. Die Fassade ist über und über mit
bunten Sonnenblumen bestückt. Weiträumige Parks leiten die Blicke immer wieder
auf ehrwürdige, kleinen Schlössern ähnliche, Villen.
Einfach am Strand sitzen, war den ganzen Tag
über meine Vorstellung. Genau das tue ich jetzt in diesem Moment. Mit einer
Orange, Käse und einem Baguette am schäumenden Meer unter dem weiten Himmel
sein, ich bin soooo glücklich. Die Freiheit, sich so
einzurichten wie man es in dem Moment gerade will, ist eines der schönsten
Gegebenheiten unterwegs.
Weit nach Sonnenuntergang gehe ich wieder zur
Altstadt hinauf. Zu mitternächtlicher Stunde sitze ich auf einer Mauer an einer
von Scheinwerfern angestrahlten Kirche, spüre Glück. Von hier oben kann man die
gesamte erleuchtete Stadt überblicken. Am fast schwarzen Himmel erstrahlen die
unzähligen Sterne der Milchstraße. Mein Wegweiser nach „Compostela“, was nichts
weiter heißt als „Sternenweg“. Unsere Galaxis! Ein alter Mann kommt mit seinem
Hund die verlassene Straße entlang. Ich stehe auf, gehe ihm entgegen. Als er
mich ansieht und wir uns begrüßen, versuche ich ein Gespräch aufzubauen-en. Er
bleibt stehen, hört zu, aber versteht mich nicht. Nun sprudelt es aus mir
heraus. In deutscher Sprache teile ich ihm alle meine guten Gefühle mit, welche
mich in dem
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