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Jesuslatschen - Größe 42

Jesuslatschen - Größe 42

Titel: Jesuslatschen - Größe 42 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rüdiger Paul
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Narben an der Hand sprechen
Bände und beweisen die einschlägigen Erfahrungen gegenüber diesen bellenden
Säugern. Zur allgemeinen Beruhigung, die Narben sind schon etwas älter und sind
nicht mit dem Jakobsweg in Verbindung zu bringen.
    Ganz so blutrünstig sind mir Hunde noch nicht
erschienen. Eine bescheidene Narbe an meiner rechten Wade erinnert an den Biss
einer typischen Promenadenmischung aus frühen Kinderjahren.
    Wieder auf der Piste, schreitet Gérald mit
langen Schritten voran, mühsam versuche ich ihm zu folgen. Es ist eine sehr
schmerzliche Erfahrung. Meine Ferse ist durch die angepasste Gangart total
überdehnt und bringt mir bei jedem Schritt heftige Schmerzen, so dass ich
streckenweise regelrecht humpeln muss. Das Laufen ist mir zur Qual geworden.
Als Silhouette geben der lange, eher sportliche, Gérald und Rudi bestimmt einen
prima „Don Quichotte“ nebst „Sancho Pansa de la
Mancha“ ab. Die Füße sind geschwollen und machen sich bei jedem Schritt
bemerkbar. Für die nächsten Kilometer ist kein Refugium zu erwarten. Im Ort Unquerra handelt Gérald eine Übernachtung im Hotel zum
Pilgertarif von zehn Euro pro Person aus. Ein absolut fairer Preis. Das Zimmer
hat eine große Terrasse mit Blick über den Fluss „Ria de Tina Major“. Dieser
bildet die Landesgrenze zwischen Kantabrien und Asturien .
    Die Nahrungssuche wird in Unquerra zum Problem. Restaurants in dem Sinne gibt es nicht, also kaufen wir in der
Nähe einige Sachen für ein Abendbrot auf der Terrasse ein.
    Beim Essen erzählt mir Gérald von seiner
späten Jugend in Paris, er, 1968 als Revoluzzer auf der einen Seite und sein Vater
als Flic auf der anderen, unterschiedliche Ideale
verteidigend. Diese verrückte Zeit bringt er mit dem Satz „I was young “ auf den Punkt.
     
     
    „When I was young“
    Eric Burdon
     
     
    Das ist sicher nicht alles, worüber wir uns
unterhalten können. Wenn wir doch nur die gleiche Sprache sprechen würden, so
müssen halt unsere Sätze kurz und verständlich formuliert werden. Er fragt nach
meiner Jugend in der DDR, welche von vielen jungen Franzosen damals als Ideal
angesehen wurde.
    Meine Ausführungen beginnen mit der Kindheit
meiner Eltern. Deren Erfahrungen mit Flucht und Vertreibung aus ihrer Heimat.
Mit dem Aufbau eines neuen Lebens, ihrem gemeinsamen Leben, unserer Familie.
    Meine Jugendzeit an der Saale lief nicht so
dramatisch ab, wie Géralds an der Seine. Das Umfeld und die Einflüsse waren
andere. Man kann nichts einfach vergleichen. Auch ich sehnte mich in meiner
Jugend nach mehr Freiheit ohne Grenzen. Umso mehr konnte ich ihm von den Tagen
in Leipzig erzählen, von meinen Gefühlen „dabei gewesen zu sein“. Von meiner
Einstellung zu dieser ganzen Wendegeschichte. Und der Gewissheit, es wiederum
für meine Kinder getan zu haben. Die folgenden Gespräche berühren unsere
Familien und Freunde und die Liebe zu diesen Menschen. Selbst kann ich ihm offen
sagen, dass ich im derzeitigen Abschnitt des Lebens glücklich bin.
    Eins fällt mir auf, dass bei all den
bisherigen interessanten Unterhaltungen Geld, Wohlstand, Autos, Besitz und
alles was damit zu tun hat, überhaupt kein Thema sind. Sehr erfrischend, so Menschen
gegenüber stehen zu können. Es entsteht ein Kosmos von Bildern und
Begebenheiten, welche sich um das Leben drehten, zusammentreffen um wieder neue
Farben und Facetten hervorzubringen.
    An der Rezeption versuche ich mit Händen und
Füßen und einem Blatt Papier eine Kerze zu bekommen, da ich erfahren habe, dass
Gérald morgen 65 Jahre alt wird. Ich habe vor morgen ein Licht auf dem
Frühstückstisch zu entzünden, um diesen besonderen Tag zu würdigen und ihm eine
Brücke nach Hause zu schlagen. Nun weiß ich nicht, was die gute Hotelfachfrau
sich so vorstellt. Was wollen zwei müde Pilger abends mit einer Kerze? Leider
geht der schönen Señorita an der Rezeption kein Licht auf. Dafür gehen im
Pilgerzimmer die Lichter aus.
     
    Gute Nacht, Gabi.

Donnerstag, 27.04.2006
    Unquerra - Colombres - Lianes
     
    Ein eher spartanisches Frühstück steht auf dem
Tisch. Uns Pilger genügen historisch gesehen auch geringere Gaben. Als ich mich
vor Jahren über die harten Brötchen am Frühstücksbuffet eines Hotels beschwert
hatte, sagte ein älterer Herr zu mir: „Es gibt kein hartes Brot, kein Brot zu
haben ist hart.“
    Vor dieser Kulisse gratuliere ich Gérald auch
ohne Kerze zum Geburtstag. Er bekommt von mir aus diesem Anlass das Buch „Der
Steppenwolf“ von Herrmann

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