Jesuslatschen - Größe 42
Moment bewegen.
Er weiß gar nicht, wie ihm geschieht. Sicher
ähnele ich in dieser Situation dem Schnellsprecher José von unterwegs, egal.
Der Mann sagt mir langsam und leise etwas auf Spanisch. Ich verstehe den Inhalt
nicht wörtlich. Er scheint mir aber damit verstehen zu geben, dass er mich
begreift, und dass er für diese kurze Zeit mein Glück teilt. Ich gehe noch ein
Stück durch die Gassen, an einer Stelle hebe ich unvermittelt den Kopf, schaue
an einer beleuchteten Wand Jesus direkt in die Augen. Zufall, dieser erneute
Augen-Blick...
„ Streets of London“
Ralph McTell
In der Herberge ist es schon dunkel, als ich
die Tür aufschließe. Gérald liegt wach auf seiner Liege, wir begrüßen uns als
hätten wir uns Ewigkeiten nicht gesehen. Vor dem Einschlafen lassen wir den
heutigen Tag noch einmal Revue passieren.
Vom Glück brauche ich heute nicht zu träumen,
ich habe es.
Gute Nacht, Vater.
Mittwoch,
26.04.2006
Comillas - San Vicente de la Barquera - Unquera
Wie der Vortag endete, so beginnt der neue
Morgen, die Luft und der Himmel sind klar. Gérald und ich frühstücken in einem
Hotel am noch unbelebten Marktplatz. Die Stempeleintragung drückt uns der
Orts-Sheriff in den Pass. Denn nur er hat zu dieser frühen Stunde Zugang zur „ Oficina de Informacion Turistica “.
Noch einmal führt der Weg am Strand vorbei,
durch eine in allen Farben leuchtende und sonnengeflutete Landschaft, welche
nicht eines Grashalmes mehr bedarf. Einfach und herrlich, im wahrsten Sinne des
Wortes. Ein nobler Golfplatz lässt uns keine Ruhe, Gérald möchte, dass ich ihn
in typischer Golfpose fotografiere. Der
Vollständigkeit halber steuere ich noch eine Orange bei, welche den Golfball
ersetzen soll. Das Bildmotiv ist originell. Der „Jakobsgolfer“ wäre ein
geeigneter Titel dafür. Zum Glück rollen um diese Zeit noch keine Caddies über
das frisch exakt gestutzte Grün. Die Golfer frühstücken noch in ihren
Clubhotels und trinken frisch gepressten Orangensaft. Jetzt kommt die Aufgabe
an mich, eben diese Pose einzunehmen. Gérald bemängelt einiges an meiner
steifen, unsportlichen Haltung. Der nach hinten ausfallende Schritt, mit
angestellten Fußspitzen, muss vor dem Set noch geübt werden.
Die Pose ähnelt allmählich dem grazilen
Schritt der „ Gradiva “ aus Pompeji, wenn man sich die
etwas unförmigen Wanderschuhe wegdenkt. Ein Druck auf den Auslöser und bin
sofort im Bilde. Ein gelungener sportlicher und humorvoller Tagesbeginn.
Der weit ins Land hineinreichende Meeresarm
„Ria“ verwandelt bei Ebbe die vor uns liegende Landschaft in einen breiten
Schlammstrom. Eine sechshundert Meter lange Bogenbrücke überquert diesen
Ausläufer des Atlantiks und führt uns geradewegs nach Barquera .
Auf dem sonnenüberfluteten Marktplatz treffen wir das Paar aus Deutschland, wie
gehabt mit den Kindern in einer Kiepe auf dem Rücken. Es gibt ein Hallo und Bon
Dia und vieles zu erzählen. Die beiden sind ein Pfarrerehepaar. Sie sind
eigentlich fix und fertig, aber trotzdem voller Zuversicht. Auch sie haben bald
eingesehen, dass sie mit zu viel Gepäck unterwegs sind. So Gott wollte, haben
die vier ihre gesamte Campingausrüstung aufgegeben. Zu Fuß wäre das mit den
Kindern nicht zu schaffen und so bewegen sie sich etappenweise per Pedes sowie
mit dem Bus.
Unter den Marktkolonnaden bieten verschiedene
Händler ihre Waren feil. Dort findet man unter anderem auch Wanderstöcke.
Mehrfach habe ich schon in freier Natur nach einem Wanderstock Ausschau
gehalten. Leider aber den entsprechenden nicht gefunden. So suche ich mir hier
den geeigneten Wegbegleiter aus.
Allmählich mache ich mich mit einer neuen Art
der Nützlichkeit eines Pilgerstockes vertraut. Auf den bisherigen Etappen kam
es tagtäglich sehr häufig vor, dass ich an entlegenen Gehöften knurrenden und
bellenden Hunden gegenüber stand. Meist jedoch waren diese an langen Ketten
oder zerfransten Seilen festgemacht. Es geht mir dabei weniger um das
gewaltvolle Fernhalten der Hunde, als um die Beobachtung der Reaktionen der Tiere
auf bestimmte Gesten.
Von diesen bellenden Haustieren hat mir Gérald
nach dem Essen die aller schaurigsten, aber sicherlich wahren Geschichten
erzählt.
Erst kürzlich hat er einen ziemlich wild
angreifenden Hund nach der zweiten Aufforderung an dessen Herrn, diesen
zurückzuhalten mit dem Stock abgewehrt. Der Besitzer holte daraufhin die
Polizei. Géralds, von Hundebissen herrührenden,
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