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Jesuslatschen - Größe 42

Jesuslatschen - Größe 42

Titel: Jesuslatschen - Größe 42 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rüdiger Paul
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Deutschland das Wort „nachwachsende
Rohstoffe“ kreiert. Die Eukalyptusbäume haben extrem lange Pfahlwurzeln, welche
den Boden förmlich aussaugen und auf Jahrzehnte hinaus unfruchtbar machen.
Einmal im Jahr wirft er seine Rinde ab, welche, genau wie die ledrigen Blätter,
schlecht verwittern und somit keinen Humus bilden. In den Wäldern herrscht
Dauertrockenheit, es gibt keine grüne Bodenschicht. Von ein paar Sträuchern und
Jungbäumen einmal abgesehen. Der gesunde Wald aber lebt im Gleichgewicht. Beim
genauen Hinsehen vermisst man hier auch die Tiere. Ein allgegenwärtiges
Naturgeräusch ist das Zirpen der Zikaden.
    In so einer Tristesse meldet sich auch bald
der Körper. Heute ist es zur Abwechselung das linke
Schienenbein. Es quengelt schon fünf bis sechs Kilometer, anhalten, wie ein
Kleinkind auf der Urlaubsfahrt. Zwei Kilometer noch bis Soto del Barco denke
ich, dort ist ein Hotel. Als ich davorstehe, vergeht mir die Freude auf ein
Bett. Das einladend aussehende Hotel ist geschlossen, bis zum nächsten Ort sind
noch zehn lange Kilometer zu gehen.
    Erneut stehe ich vor einer Zigeunereinöde
mitten im Eukalyptuswald. Dort sieht es echt aus wie in Chaplins „Tramp“. Aus
Bauabfällen, alten Türen und Fenstern sind dort undefinierbare, jede statische
Berechnung verhöhnende, Hütten entstanden. Die Menschen, übrigens auch schöne junge
Frauen, sind mit einer ordentlichen Patina überzogen. Sehe ich heute etwa
anders aus?
     
     
    „ How the Gipsy was born “
    Frumpy
     
     
    Eine halbe Stunde später ist endgültig
Schluss. Das rechte Bein streikt, will keinen Meter mehr laufen. Ich muss mich
auf einen Rasenstreifen in den Schatten setzen. Nachdem ich Schuhe und Socken
ausgezogen habe, werden die Füße gesalbt und massiert. Als Extra gibt es eine
Zusatzration Magnesium und eine Mütze komaartigen Tiefschlaf am Wegrand. Nach
etwa einer Stunde bin ich wieder wach. Vorsichtig stelle ich mich auf die Beine
und merkte, es schmerzt nicht mehr. Wie heute morgen geht es zwar nicht voran, aber die Füße machen wieder mit. Ein herrlicher
Höhenweg schlingt sich um ein urwüchsiges Tal. Der Weg selbst muss aufpassen,
dass er nicht von der Natur verschlungen wird. Ich genieße wieder sattes Grün,
bunte Farben, Naturklänge.
    Nach der vorherigen Begebenheit habe ich die
Überzeugung gewonnen, dass man sein Inneres auch mit dem Körper abstimmen
sollte. Wenn ich weiß, dass ich noch zehn Kilometer zu gehen habe, dann kann
ich den Körper nicht zwingen. Ich muss ihn darauf einstellen. Wenn der Weg öde
und fad ist und man selbst woanders sein möchte, braucht man sich nicht zu
wundern, wenn auch der Körper aussteigt. Körper und Geist gegenseitig
respektierend, sind wir bis Cudillero gelangt. Eine
Herberge gibt es hier im Ort nicht, dafür finde ich ein gemütliches
Hotelzimmer. Cudillero ist eine der schönsten
Hafenstädte im nordspanischen Raum. Der Ort wurde, einer Legende zufolge, von den
Wikingern gegründet. Wie in einem Kessel kleben bunte Häuser an dem Hang der
den Ort einschließt. Von geübter Hand aufgestapelt, blicken die Häuser mit
ihren verschiedenen Fenstern in die Mitte des Ortes. Eintausend Augen mit einer
langen Geschichte, nun auch ein Teil meiner Geschichte. Hier zu sein ist ein
Genuss für die Sinne. Unweit des Marktplatzes komme ich zum Hafen, hier riecht
es überall nach Fisch. In einem kleinen Laden verkauft mir eine hübsche Señora,
welcher ich meine Eindrücke versuche zu schildern, lächelnd etwas Proviant.
    Über dem Hafen erblicke ich den Leuchtturm und
erkläre ihn fortan zum Endziel des Tages. Es kostet Überwindung da
hinaufzugehen, aber danach frage ich jetzt nicht mehr. Denn ich habe den Platz
für heute gefunden. Auf einer alten Bank hier über der bunten Stadt. Im
Abendrot wirft die tiefe Sonne interessante Schatten. Ein Schauspiel, wie das
Sonnenlicht die Stadt, die Klippen und die Wolken in ein Rotorange hüllt. Das
Meer nimmt einen Glanz an, wie zu einem Fest. Es dauert nicht mehr lange und
die blendend glühende Orange berührt den Horizont. Meine Füße baumeln so
unbeschwert an mir herum. Nur gut, dass ich auf euch gehört habe, ihr habt
jetzt frei.
     
    Der Leuchtturm hat seine Arbeit aufgenommen
und sendet seine Signale in die Ferne. Dieser Stolz, diese Autorität, und
dieses Leuchten, eines Bauwerkes, wohl bemerkt. Moderne Technik, bitte lass
diese Türme nicht auch noch aussterben, in deinem Wahn. Dann tu einfach so, als
ob sie noch gebraucht werden. Erhalte

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