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Jesuslatschen - Größe 42

Jesuslatschen - Größe 42

Titel: Jesuslatschen - Größe 42 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rüdiger Paul
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„Barfußläufer“, wegen seines schmerzenden
Fußes einen Arzt aufgesucht hat. Mit den beiden kehre ich in einem romantischen
Landgasthof zu Mittag ein. Die Einrichtung der Räume wurde ganz sicher mit viel
Liebe zum Detail gestaltet. An den Wänden findet man einige wenige
großformatige Ölbilder. Im Hintergrund läuft handverlesene Swing- und
Jazzmusik. Es ist wie Sonntag, schön, gemeinsam so zu tafeln.
    Seit
dem 1. Mai hatte ich Schmalkost. Heute soll es anders sein. Aufgetafelt wird asturische Krautsuppe mit Rotwurst, gebackenes Huhn, Käse,
Schinken und Crema de Catalan .
Nach dem Essen verabschieden sich Claudio und Patricia, um sich wieder der
Straße zu ergeben. Patricia mit fünfzehn Kilo auf dem Rücken, täglich wird die
Last immer schwerer. Claudio meint: „Sie kauft unterwegs stets und ständig
Souvenirs.“ Einen schönen Gruß von Bill Ramsay.
    Ein
Souvenir finde ich wirklich originell, Patricia trägt um das Handgelenk ein
schlichtes blaues Plastikband, dessen Mitte ein einfacher gelber Pfeil
bestimmt. Für mich wäre das vor einem Monat nicht von Bedeutung gewesen. Nun
aber bedeutet mir der gelbe Pfeil ( Flecha amarilla ) so viel, da er mir tagtäglich den Weg nach
Santiago weist. An unübersichtlichen Stellen suche ich förmlich das Gelände nach
eben diesem Pfeil ab.
    Die
Gäste haben das Lokal nach und nach verlassen. Nunmehr bin ich der einzige Gast
hier. Als ich Anstalten zum Gehen mache, kommt der Wirt auf mich zu. Bei ihm
bedanke ich mich und lobe das Ambiente dieses Restaurants. Er schaut mich an und sagt : „Take it
easy, relax and listen to the music .“ Vielleicht habe ich mir auch
eine derartige kleine Belohnung verdient. Ich nehme dankend an, denn die
Atmosphäre hier tut gut. Der Körper entspannt, mein Geist schweift ab, ist bald
schon wieder auf dem Camino. Take Five , Herr Wirt.
Aus dem Lautsprecher das Swingschlagzeug und aus der
Küche das Tellerklapperzeug. Die Musik beschwingt mich und lässt die Gedanken
frei.
     
     
    „I feel free “
    Cream
     
     
    Vater,
ich danke dir für das Freisein. Niemals hast du mich in meinem Leben beengt
oder bedrängt, du hast mich losgelassen. So wie ich damals als Steppke auf
Mutters Fahrrad meine ersten Fahrversuche absolviert habe. Das Rad holperte
über das Kopfsteinpflaster unserer Straße. Fest hielt ich den schlingernden
Lenker. Ich fühlte mich sicher, denn du hattest die Hand führend am
Gepäckträger. Ganz unbemerkt hast du irgendwann losgelassen, und ich bin
alleine gefahren.
    Du
hast losgelassen, das ist wichtig. Dafür danke ich dir an dieser Stelle. In
diesem Sinne begegne ich meinen Kindern Susann und Alexander und bald dem
Enkelkind. Diese Gewissheit auf neues Leben lässt mich gleichermaßen mit hohem
Gefühl das Leben annehmen.
    Der
Körper hilft mir, glaube ich jetzt. Er will es! Die Menschen, welche mich
annehmen, tun das aus vollem Herzen. Das spürt man, dieses Gefühl ist
allgegenwärtig. Man begrüßt sich freundlich, gibt Auskunft oder man geht
einfach ein Stück gemeinsam. Und wo auch immer, wird zum Gruß oder als Dank ein
„Buen Camino“ gewünscht. Ich werde, wann immer es in meinem Leben geht, dieses
der Natur und den Menschen zurückgeben. Und wenn es mal stockt, dann werde ich
wissen, dass es den Camino gibt.
     
    Die
Küstenlandschaft ist auf diesem Wegabschnitt sehr zerfurcht. Ein Tal folgt dem
Nächsten. Jedes Tal muss durchlaufen werden, besonders das Bergabgehen belastet
die Schienenbeine außergewöhnlich. Von einer höhergelegenen Landstraße aus,
ergeben sich beeindruckende Einblicke in eine verlassene Bucht. Eingerahmt von
bewachsenen Felsen, blühenden Wiesen und dem Meer, verfällt vor mir eine ganze
Häusergruppe. Idyllisch gelegen, Holunderhecken blühen, die Natur entfaltet
sich wieder. Bloß der Mensch ist weit weg von hier.

    Der
Weg zur Herberge in Almuna zieht sich wie Gummi in
die Länge. Wieder einmal dient ein ausgedientes Schulgebäude als Unterkunft.
Auf dem Treppensockel vor dem Eingang schauen mich aus einem lieblosen
Wasserbecken, mit einem Terrarium hat das Ganze hier nichts zu tun, ein Salamander
und eine Schildkröte müde an. Vielleicht ein Überbleibsel vom letzten
Biologieunterricht? Eingesperrt in einem Glas, hier in einer Gegend, wo dir die
Salamander beim Wandern über die Füße laufen. Unglaublich.
    Claudio
und Patricia trudeln auch müde hier ein, sie waren noch im Dorfkonsum shoppen.
Beide schimpfen herb über diese Bude, kaltes Wasser, alles andere einfach

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