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Jesuslatschen - Größe 42

Jesuslatschen - Größe 42

Titel: Jesuslatschen - Größe 42 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rüdiger Paul
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Beschwert hat sich niemand, das ist eben das Los der Pilger. Ich glaube
aber nicht, dass sich hier jemand so künstlich wie oftmals im Alltag aufregt.
Jeder ist hier eher für sich, gleichzeitig aber mit der Gemeinschaft verbunden.
    Nach
dem Schönheitsschlaf raffe ich mich auf, um diese schöne Stadt zu erkunden.
Sicher habe ich in der „Einflugschneise“ längst nicht alles gesehen. Die Beine
sind zwar sehr müde, aber nach Absprache klappt es mit den beiden doch ganz
gut. Mondonedo hat den Stolz der vergangenen Zeit in
die heutige Zeit gerettet, ohne dabei altmodisch zu wirken, im Gegenteil diese
Stadt ist voller Leben. Sicher liegt es auch daran, dass hier kein Prunk
entstanden ist, von der Kathedrale einmal abgesehen. Hier protzt man nicht,
hier ist man Mensch. Man besinnt sich auf das Ursprüngliche und Traditionelle.
    In
der Kathedrale bricht das Licht die Buntheit des Rosetten-Fensters über den
Eingang, ein riesiges leuchtendes Mandala. Meine Vorliebe gilt Dingen, die
durch die Kraft der Sonne zum Leuchten gebracht werden. Im Falle dieses
Fenster-Kunstwerkes ist das Leuchten schon durch die Lage, Gestaltung und
Anordnung vorherbestimmt.
    Im
Alltag beobachte ich unscheinbare Gegenstände, welche durch die Sonne in sich
strahlen. Es kann eine Morgenwiese, eine Blüte, ein Senfeimer, ein
Schmetterlingsflügel oder von mir aus ein Schutzhelm sein. Egal, alle sind in
dem Moment umgeben von einer geheimnisvollen Aura. Fünfhundert Jahre alte
Fresken im Kirchenraum lassen mich in diese längst vergangene Zeit abtauchen.
Dort herrschen Schwerter und Helden vor, es sind aber nicht nur Bilder. Es sind
Geschichten der Geschichte. Einigen Bildern galt der Kampf gegen die Mauren und
dem Schutz des Volkes.

     
    In
der heutigen Zeit so nicht nachzuvollziehen. Aber was sind denn heutige
Gedenkstätten und Mahnmale? Nichts anderes. Zurzeit finden unsere Kriege
woanders statt. Die Geschichte derartiger völkerüberschreitender
Auseinandersetzungen durchmisst die Menschengeschichte und sie beseelt diesen
Weg, dass sich Menschen besinnen mögen, sich erkennen um zueinander zu finden.
    Eine
für unsere Breiten ungewöhnliche Orgel fällt mir auf. Es sind eigentlich zwei,
seitlich im Kirchenschiff sich gegenüberstehend angeordnete, Orgelhälften. Im
unteren Bereich der Orgel ragen Orgelpfeifen wie Trompeten horizontal in das
Kirchenschiff. Dieses königliche Instrument könnte aus vollen Registern genau
das wiedergeben, was ich gerade fühle.
    Wie
oft hat die große „Ladegast-Orgel“ im Dom zu Merseburg zu mir gesprochen. Dem
langjährigen Domorganist Herrn Wauer sei Dank, dass
ich Zugang zum Zauber dieses Instruments gefunden habe. In allen Lebensetappen
hat sie mich beflügelt und getröstet, als ob sie wusste, wie es um einen steht.
Ich habe mich in diesem Jahr bei Herrn Wauer dafür
persönlich bedanken können. Diese geheimnisvolle Orgel über mir bleibt leider
stumm. Zufälle soll es noch geben, wer belebt sie und zieht ihre Register?
    Vor
der Kathedrale sitzt im Schatten eines Baumes, der mir bislang unbekannte
spanische Dichter Alvara Cunquerio Mora ganz entspannt auf einer Bank. In seinen Adern fließt kein Dichterblut,
der Herr vor mir ist aus Bronze. Eine schöne Plastik, weil sie den Menschen
entspannt auf seine Wirkungsstätte, diese Stadt, schauen lässt.
    Etwas
Besonderes im Zentrum der Stadt sind die vielen kleinen Geschäfte, verteilt
über alle Straßen. Hier gibt es Geschäfte, deren Auslagen sind supermodern und peppig , gleich daneben werden Waren angeboten, für die es
scheinbar gar keine Kunden mehr gibt. Die Geschäftsleute sind Generationen
voneinander entfernt und sich doch nahe. Hier scheinen die Menschen wirklich
einen gemeinsamen Sinn zu haben.
    Ein
Schaufenster eines alten Ladens fällt mir im Vorbeigehen auf. Im Mittelpunkt
steht ein großformatiges Bild mit einem Koch. Seine weiße Jacke zieren einige
Orden und Ehrenspangen. Weiterhin sind in der Auslage des Fensters Ehrendiplome
und Urkunden zu sehen. Leider habe ich nicht herausbekommen, um welchen
Küchenmeister es sich bei dem Geehrten handelt. Mein Sohn Alexander erlernt
gerade diesen, seinen Traumberuf, so verlieren sich gerade meine Gedanken in
diesem Fenster.
     
    Vor
einem kleinen Friseurladen bleibe ich stehen. Interessant und ursprünglich
wirkt sie, diese Barbierwerkstatt. Ich betrete das Geschäft, „Bon Dia“, sage
ich in Richtung „Behandlungsstuhl“. Mit einem kehligen „ Buenas Tarrrde “ wird mein
Gruß, das „R“

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