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Jesuslatschen - Größe 42

Jesuslatschen - Größe 42

Titel: Jesuslatschen - Größe 42 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rüdiger Paul
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ich unsere Nationalfarben in einer interessanten Adaption zu
sehen. Drei Autos stehen eng beieinander, ein schwarzes, ein rotes und ein
gelber Transporter. Die drei Farben regen in mir eine gewisse Heimatnähe.
Langsam nähere ich mich dem Zentrum. Diese Stadt bekommt in der Abendsonne
etwas Glanz und Leben. In einem Park hinter dem Gemeindehaus bekomme ich wieder
unverhofft Musik auf die Ohren. Aus einem Fenster der Musikschule erklingen gut
gespielte Klarinettenetüden. Solche Augenblicke sind wahre Geschenke für mich,
ich liebe Musik. Es schwingt eine Sinnfreude in mir. Eine Bank im Park gibt mir
die nötige Ruhe für diesen spontanen, unverhofften Musikgenuss.
    Die
Bronzeplastik eines älteren Bauernpaares, direkt neben mir, gibt meiner
Fantasie eine regelrechte Aufgabe. Was ist mit dem alten Paar los? Beide stehen
ratlos da, sind vom Partner abgewandt und doch vereint. Sie sehen erden aus,
von der Arbeit geschunden, trotz allem verbindet beide ein kleines Geheimnis.
    Durch
die breiten Straßen weht plötzlich ein ungewöhnlich frischer Wind,
Gewitterstimmung verbreitet sich. Die Leute schauen zum Himmel, rufen ihre
Kinder und spähen nach sicheren Unterstellmöglichkeiten. Schon regnet es ein
wenig, aber von einem Gewitterguss bleibt die Stadt verschont.
    Schön
ist doch so ein Pilgerleben. Gabi hat mir auf dem Naumburger Bahnhof mit dem
Brief auch einige Dukaten zugesteckt. Diese werden bislang extra verwahrt. Aus
dieser Schwarzkasse leiste ich mir von Zeit zu Zeit ein paar kleine
Köstlichkeiten. Mit dem kleinen Schatz setze ich mich in ein Straßencafé und
genieße eine erfrischend kalte Cola.
    Aus
dem Inneren des Cafés kommt ein süßer Duft. Ich bestelle frische, in Fett
gebackene, Quarkkeulchen mit Zucker und Zimt. Dazu gesellt sich noch ein
kräftiger Espresso. Meine Mutter nannte diese einfachen unförmigen Kuchen „ Graschelchen “. Bereitet wurden diese meist aus Teigresten,
das ist lange her, aber wie sie sagen würde „ ohnvergessen “.
Jetzt sagt man nur noch zu allem was schmeckt „lecker“. Dieses Wort ist in
Deutschland schon zu einer Art Vorsilbe geworden.
    Im
weiteren Verlauf meines Abstechers nach Vilalba -City
begegnet mir nicht mehr viel Schönes. Bestimmt bin ich einfach nur zu geschafft.
So finde ich durch die wieder grauen Straßen den Weg zurück in die Herberge.
    Drei
abgezehrte Spanier kommen gerade mit ihren Fahrrädern an. Zwei Tage sind sie
von Ribadeo bis hierher unterwegs. Dabei sehen sie
momentan aus, als ob sie im äußersten Nord-Norwegen gestartet wären. Die drei
haben ihre Eindrücke und ich die meinen. Beides sollte man nicht unbedingt
miteinander vergleichen wollen. Am Ende kommt es wirklich darauf an, wie fühlt
jeder Einzelne, was erwartet er, was hat er erfahren in der Zeit.
    Es
ist höchste Zeit zum Schlafen. In den Schlafräumen brennt auch in der Nacht
etwas abgedunkelt das Licht, es gibt einfach keinen Schalter zum Abstellen der
Beleuchtung. Sechs Personen kommen über den späten Abend verteilt, in zwei
Etappen, mit sehr viel Lärm hier an. Bis die alle gewaschen, geduscht, gesalbt
und gepflegt in ihren Kojen liegen, vergeht eine gefühlte Stunde.
    Etwas
Rücksicht auf bereits schlafende Weggefährten bleibt ein unerfüllter Wunsch für
heute.
     
    Gute
Nacht, ihr Pilgersleute .

Donnerstag, 11.05.2006
    Vilalba   -   Miraz
     
    Frühlingserwachen?
Weit gefehlt. Ein Pilgertrio macht sich auf Männerart bereit für den Absprung
in den Tag. Die drei sind auch am Morgen die blanke Geräuschkulisse. Eine Weile
stelle ich mich schlafend, als der Letzte im Waschraum verschwunden ist,
beginne auch ich in Ruhe den Tag. Frisch geduscht verlasse ich die Herberge und
atme einmal tief durch.
    Der
triste Weg durch die Vorstadt liegt erneut vor mir. Eine stählerne
Fußgängerbrücke zieht meine ungetrübte Aufmerksamkeit auf sich. Schon eine
gewagte Konstruktion, dieses grüne Stahlungetüm. In mir erwacht, mitten im
Jahresurlaub, der Werkstoffprüfer. Eine visuelle Abnahme der zahlreichen
Schweißnähte macht sich unumgänglich. Die Schweißnähte sind rein augenscheinlich
nur gekleckst und konstruktiv unvorteilhaft ausgeführt. Man kann nur hoffen,
dass es sich hierbei um ein Provisorium handelt und in Kürze hier eine Brücke
errichtet wird. So richtig glauben, möchte ich es nicht.
    Der
erste Kaffee bringt mich wieder auf Trab. Ich frag mich oft, ob Kaffee einen
Placebo-Effekt auslöst, oder ob er wirklich der Anlasser am Morgen ist?
    Apropos
Anlasser. Auf dem

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