JesusLuxus - Die Kunst wahrhaft verschwenderischen Lebens
er ist nur außerhalb davon hörbar.
Ihr persönliches Sakrament
Dieses Sakrament steht vielleicht in der Bibel, vielleicht auch nicht. Es ist Ihr persönliches Sakrament. Es ist verbunden mit einer Sache oder einer Handlung, bei der für Sie etwas gegenwärtig wird vom Geschmack der Ewigkeit, der zeitlosen Ruhe und Schönheit, etwas vom unendlichen Reichtum, mitten in einem ganz endlichen, vielleicht alltäglichen Geschehen.
Meist haben Sie sich diese Sache oder Aktion nicht bewusst gesucht, sondern sie ist zu Ihnen gekommen oder wurde Ihnen von einem anderen Menschen gestiftet. Der brasilianische katholische Theologe Leonardo Boff hat ein wundervolles Büchlein geschrieben, die Kleine Sakramentenlehre , und darin beschreibt er einen alten Wasserbecher aus glänzendem Aluminium, aus dem sein Vater und die ganze Familie immer ihr Wasser getrunken haben. »Jedes Mal, wenn man den Becher zum Mund führt, trinkt man etwas anderes als Wasser«, schreibt er. Was man aufnimmt, ist Frische, liebevolle Behaglichkeit, die Geschichte der Familie.
»Weshalb ist das Wasser in unserem Becher immer gut und köstlich, selbst wenn es gechlort wurde, weil das Wasser aus unserem Fluss so verschmutzt ist?«, fragt Leonardo Boff und gibt gleich selbst die Antwort: »Weil der Becher ein Sakrament ist. Nicht das Wasser, das wir zu uns nehmen, ist das Sakrament, sondern der Becher, der unverändert bleibt, von dem wir nichts abnutzen. Das ist das Wunder des Sakraments.«
Ich weiß, dass etliche Menschen das Sakrament der Kaffeetasse haben. Für manche ist es die zweite Tasse. Die, die sie trinken, wenn die Kinder in die Schule gegangen sind und der Mann in die Arbeit. In dieser Tasse sind die Ruhe und der Reichtum der Stille, bevor auch für sie der Tagesablauf beginnt.
Ein Sakrament ist dabei mehr als nur eine liebe Gewohnheit. Es ist ein Ritual, ein Geländer im manchmal verwirrenden Ablauf eines Tages. Aber dann kommt noch etwas hinzu, und dadurch wird aus dem wiederkehrenden Ritual ein Sakrament: ein Durchstieg in eine andere Dimension, für einen herrlichen kleinen Moment; ein Aufleuchten von etwas ganz Fernem, aber das aufleuchtende Licht ist hell und nah; das Verschmelzen vom Jetzt und der Ewigkeit.
Was auch immer es ist - das Aufziehen der Taschenuhr des Großvaters, das Joggen durch den Tau am Morgen, eine Passage aus der Matthäuspassion von Johann Sebastian Bach -, Ihr persönliches Sakrament hat immer etwas zu tun mit Innehalten. Mitten im normalen Ablauf des Tages tut sich eine winzige Lücke auf, und in diese Lücke passt die ganze Unendlichkeit. Der französische Mystiker Jean-Pierre de Caussade hat es das »Sakrament des gegenwärtigen Augenblicks« genannt. Im offenen Augenblick wohnt die Gnade.
So wie in einem Musikstück die Ewigkeit in den Pausen wohnt, so wohnt der Geist Gottes in den Augenblicken des Einatmens, bei denen wir einen Moment lang nicht reden, nicht essen, nicht singen oder nicht in die Flöte blasen können. Ich habe mich bei professionellen Aufnahmen von Flötenmusik manchmal gewundert: Warum hört man da die Künstler atmen? Ist das nicht unperfekt? Aber allmählich habe ich diese winzigen Atempausen lieben gelernt. An ihnen kann man hören, dass es ein Mensch ist, der die Töne hervorbringt. Ja, am Luftholen kann man einen bestimmten Flötenspieler manchmal besser erkennen als an seinen Tönen.
JesusLuxus-Anregung: Ein Souvenir der Ewigkeit suchen
Wurde Ihr persönliches Sakrament schon genannt? Oder ist Ihnen Ihr ureigenes dabei in den Sinn gekommen? Dann holen Sie jetzt einen Gegenstand, der Sie daran erinnert und der so klein ist, dass Sie ihn auf Ihrem Arbeitstisch oder Ihrem Lieblingsplatz aufstellen können: eine leere Kaffeetasse, Großmutters Rosenkranz, die CD-Hülle Ihres Lieblingsmusikstücks oder einfach ein Foto dieser Sache oder Situation. Notfalls hilft Ihnen die »Google-Bildersuche«, eine Abbildung zu finden, die Sie sich dann ausdrucken können.
Platzieren Sie den Gegenstand vor sich und stellen Sie sich vor, es wäre ein winziger Durchschlupf in die Ewigkeit, in eine andere Dimension - so wie jedes andere sichtbare Zeichen eines Sakraments auch (Brot, Wein, Wasser, Salböl).
Das Sakrament, das Sie selbst sind
Sakrament ist Verschmelzung. Im Sakrament werden Sie verbunden mit Gott dem Schöpfer, verbunden mit dem gestorbenen und auferstandenen Gott, mit dem gegenwärtigen, brausenden Gott. Während dieser Verschmelzung werden Sie auch selbst Sakrament. Wie Leonardo
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