Jetzt ist gut, Knut (German Edition)
mal jetzt nicht frauenfeindlich ist.« – »Und das sagst ausgerechnet du?«, wunderte sich Anne. »Wenn hier jemand frauenfeindlich ist, dann doch wohl die Berger. Mich hat sie letzte Woche total runtergeputzt, weil ich die Dana Schweiger kaum geschminkt hatte und sie dann so blass aussah. Dabei wollte die Schweiger das genau so haben, die hatte sogar ihre eigene Schminke mit. Und dass die Berger dich auf dem Kieker hat, Lilli, ist ja auch nicht gerade ein Geheimnis. Ich sage nur: Konferenz! Hätte ich nicht gedacht, dass du sie noch verteidigst!« Nein, das hätte ich eigentlich auch nicht. »Ich meine das auch mehr grundsätzlich«, sagte ich lahm und nahm mein Tablett. »Ich muss dann mal wieder, man sieht sich.«
Inzwischen wusste also offenbar das ganze Haus von meiner Schmach. Die Wut, die ich in den vergangenen Wochen so schön unter Kontrolle gehabt hatte, kochte in heißen Blasen wieder hoch. Laut las ich den klugen Spruch, den ich mir als Bildschirmschoner geladen hatte: »Ignorieren Sie alles, was Ihre Seele beleidigt.« Es half nichts. Das heftige Blubbern in meinem Magen hörte nicht auf. Vielleicht war es auch das Fischfilet? Reg dich ab, Lilli. Ich aß eine Praline und versuchte es dann mit meinem neuen persönlichen Berger-Mantra. »Du kannst mich mal, du blöde Kuh, ich habe viel mehr Geld als du!«, murmelte ich vor mich hin. – »Was haben Sie gesagt?« Scheiße, ich hatte sie nicht hereinkommen hören. »Äh, nichts.« Ich drückte schnell eine Taste auf der Tastatur. Der Bildschirmschoner verschwand, und auf dem Schirm erschien der Vertrag, an dem ich vor der Mittagspause geschrieben hatte.
Die Berger sah mir über die Schulter. »Ist das der Vertrag für Axel Milberg? Der ist noch nicht fertig? Es ist einfach kümmerlich, was Sie hier leisten, Frau Karg. Lange sehe ich mir das nicht mehr an!« Damit stöckelte sie auf ihren Manolo-Blahnik-Ankle-Boots von dannen, aber nicht, ohne noch schnell in meine Pralinenschale zu greifen. Wie üblich ohne zu fragen. Und wie üblich saß ich mit offenem Mund da und fragte mich, warum mir um Himmels willen nie eine kluge Entgegnung einfiel, wenn diese Frau in meiner Nähe war. Nicht mal eine unkluge. Oder warum ich nie eine Kalaschnikow dabeihatte. Dann hätte ich statt Worten Kugeln sprechen lassen können. Schon wieder gab mein Bauch laute Töne von sich und wollte sich auch nach der Zufuhr von drei weiteren Pralinen nicht beruhigen. Im Gegenteil, ich musste ganz schnell mal wohin.
Es gibt ja viele Leute, die sagen, die besten Ideen kämen ihnen mit heruntergelassenen Hosen. Ich weiß natürlich nicht, was das dann für Ideen sind. Aber ich kann berichten, dass ich an diesem Tag, während der Fisch, die Wut, die Pralinen oder was auch immer aus mir herausschoss, eine Eingebung hatte, die, nun sagen wir mal, in direktem Bezug zu meinen aufgewühlten Eingeweiden stand. Sobald ich wieder dazu in der Lage war, schrieb ich sämtliche noch ausstehenden Verträge zu Ende, ging dann mit meinem Laptop ins Netz, recherchierte eine Weile, gab eine Bestellung auf und machte mich bestens gelaunt auf den Heimweg. Jetzt musste ich mich nur noch ein paar Tage in Geduld üben. Die Berger würde sich wundern.
Hundewiese Voßbarg, kurz nach sechs. Mit eiserner Hand hatte ich Herkules bis hierher gezerrt und dann von der Leine gelassen. Meine neue Jacke war wasser- und winddicht, atmungsaktiv durch High-Performance-Beschichtung und hatte versiegelte Nähte. Noch dazu harmonierte sie farblich aufs Feinste mit den kastanienroten Strähnchen in meinem ausnahmsweise glänzenden Haar. Schade nur, dass mich außer einem Punk mit grünem Haar und dessen Promenadenmischung – irgendwas zwischen Boxer und Schäferhund – niemand sah. Und dass ich in der dicken Jacke schwitzte wie ein Tier. »Pfeif gefälligst dein abgebrochenes Windei zurück, der macht die Mandy ganz kirre!« Der Punk sah nicht glücklich aus. Herkules schon. Kläffend und zähnefletschend raste er um die Promenadenmischung herum.
Ich wusste natürlich, dass es völlig witzlos war, pfiff aber trotzdem. Herkules zuckte nicht mal mit den Ohren. Ich würde versuchen müssen, ihn wieder an die Leine zu nehmen. In der Tasche meiner schönen neuen Jacke steckte reichlich Stinke-Lunge. Sage niemand, dass ich nicht opferbereit war. Das Bild, das ich einen Augenblick später bot, war nicht schön. Eher lächerlich. Schwitzend und fluchend und immer wieder mit Lunge lockend, jagte ich dem tumben Terrier nach, während
Weitere Kostenlose Bücher