Jetzt ist gut, Knut (German Edition)
Einsatz meiner kleinen Überraschung gar nicht geben. Ich war extra früh aufgestanden, hatte das kleine Päckchen aus seinem Versteck geholt, fünf Tabletten Ex-Lax mit Schokoladengeschmack zerstampft, mit ein bisschen Sahne verrührt und mit Hilfe einer dicken Spritze in feine Pralinen injiziert. Die lagen jetzt in dem Schälchen auf meinem Schreibtisch. Die Berger, heute ganz auf lässig getrimmt, in einer Röhrenjeans von Prada und einem schwarzen Longsleeve, war supernervös und kam alle drei Minuten mit irgendwelchen Änderungen an. Inzwischen war ich auch schon ganz flattrig und vertippte mich dauernd. Wenn sie jetzt nicht bald die erste Praline aß, ging mein Zeitplan in die Hose und sonst nichts. Da. Endlich. Sie nahm gleich zwei. Sehr schön. Nimm zwei, und Naschen ist gesund … Ich sah auf die Uhr und ersetzte die restlichen Pralinen durch harmlose. Wenn die Packungsangabe stimmte, hatte sie jetzt noch etwa sechs Stunden Ruhe. Das passte. Nach der Sendung gab es immer ein Get-together. Wein und Häppchen für alle. Ich selbst aß da normalerweise nur eine Kleinigkeit auf die Schnelle und verschwand baldmöglichst nach Hause, während die Moderatoren und die Kollegen von der Redaktion gern ein bisschen länger mit den Promis plauderten. Heute würde auch ich ein bisschen länger bleiben.
23. September
Best-of:
JAAAAAAA! Die Berger ist so was von gerannt, es war die Wonne! Und das Gesicht von Jan Josef Liefers, als sie mitten im Satz ganz blass wurde und plötzlich losflitzte! Absolut unbezahlbar. Ich hoffe, die Zicke hängt das ganze Wochenende auf dem Klo. War gar nicht so einfach, mir ein zufriedenes Grinsen zu verkneifen und weiter unauffällig an meiner Frikadelle zu knabbern. Und ich habe schon eine neue Idee!
»So wird das nichts, Frau Karg, Sie müssen sehr viel bestimmter sein.« Inzwischen war ich mir nicht mehr so sicher, ob ich Tim Sanders noch sympathisch fand. Was nützten mir schöne Augen mit starken Brauen und ein markantes Kinn, wenn der Mann nur meckerte? Seit über einer Stunde waren wir auf der Hundewiese. Die ersten dreißig Minuten hatte ich nichts anderes getan, als mit Herkules an der Leine über den Rasen zu laufen und dabei ständig die Richtung zu wechseln. Ich durfte weder etwas zu ihm sagen noch ein Leckerchen geben, wenn mir das Tier die große Ehre erwies, freiwillig in die gleiche Richtung zu gehen wie ich. Der Hund fand dieses Rumgelaufe und Gedrehe vermutlich genauso öde wie ich.
Jetzt war er leinenlos, und ich sollte ihn mit fester Stimme zu mir rufen. Ich rief, der Hund verschwand in den Büschen. Tim Sanders rief, Herkules kam. Ich rief, Herkules rannte einem Vogel nach. »Hm«, sagte der Mann meiner feuchten Träume (aus denen ich ihn aber verbannen würde, wenn er so weitermachte), »Sie strahlen offenbar keinerlei Führungsenergie aus. Was denken Sie, wenn Sie den Hund rufen?« – »Na, was werde ich schon denken? Dass er sowieso nicht kommt und wir hier unsere Zeit verschwenden.« – »Genau da liegt das Problem. Wenn Sie selbst nicht davon überzeugt sind, dass er gehorchen wird, dann spürt er das und macht, was er will.« Ich zuckte die Achseln. Trotz meiner warmen Jacke begann ich allmählich zu frieren. Von der Wiese stieg feuchte Kälte an meinen Beinen hoch. »Wir machen Pause. Was halten Sie von einem schönen warmen Kaffee?« Das klang doch schon sehr viel besser als das Gerede von meiner mangelnden Führungsenergie.
Ein paar Minuten später saßen wir in »Brunos gemütlicher Kneipe«. Die Hunde warteten angeleint draußen. Als Bruno jedem von uns eine große Tasse Milchkaffee brachte, wurde mir plötzlich bewusst, dass ich zum ersten Mal seit Jahren mit einem anderen Mann als Knut allein in einer Kneipe saß. Komisches Gefühl. Worüber sollte ich mit ihm reden? Mein Kopf war total leer. »Ich hatte mal eine Kundin, die hatte das gleiche Problem wie Sie.« Natürlich sprach er nicht von dem Vakuum in meinem Hirn, über das ich mir auch gar keine Sorgen hätte machen müssen, denn das Thema war doch völlig klar. Offenbar war ich dazu verdammt, mit Männern entweder über Affen oder über Hunde zu reden. »Es gibt da einen Trick. Der funktioniert aber nur bei Leuten mit Phantasie und schauspielerischem Talent.« Er guckte mich fragend an. Wirklich wunderschöne Augen. Grün mit braunen Sprenkeln drin. Wie er wohl meine Augen fand? Sie waren bernsteinbraun mit dichten schwarzen Wimpern. »Frau Karg?« – »Ja?« – »Haben Sie Phantasie, können
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