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Jetzt ist gut, Knut (German Edition)

Jetzt ist gut, Knut (German Edition)

Titel: Jetzt ist gut, Knut (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bettina Haskamp
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als karibisch. Eher arktisch. Ich hätte nicht gedacht, dass man derart viel Kälte und Zorn in ein einzelnes kleines Wort packen kann. Er trank einen großen Schluck Bier und sah mit leerem Blick an mir vorbei. »Tim?« Vorsichtig legte ich meine Hand auf seine. Jetzt sah er mich wieder an. In seinen Augen standen Schmerz und Wut. »Was meinst du mit ›allerdings‹?« – »Es gibt sie noch. Allerdings nicht hier in Hamburg, sondern in Südafrika. Das ist der Witz an der Geschichte.« – »Versteh ich nicht.« – »Vergiss es. Ich hätte nicht von ihr sprechen sollen. Ab und zu bilde ich mir tatsächlich ein, ich wäre mit dem Thema durch und könnte ganz locker über sie reden.« Er lachte schnaubend. »Idiot, der ich bin.« – »Bitte, Tim, was hat diese Michaela getan?« – »Weißt du, dass du seit Jahren die erste Frau bist, mit der ich in einem Restaurant sitze?«
    Ich wartete einfach ab, ob noch etwas kam. Meine rechte Hand lag noch immer auf seiner linken. Mit seiner freien Hand fuhr Tim sich über die Haare. Dann sah er mir in die Augen. »Es tut immer noch weh.« Wieder strich seine Hand über die Haare, hakte die losen Strähnen hinter die Ohren. Ich wartete still. Er räusperte sich. Trank einen Schluck Bier. »Wir hatten eine Hundeschule am Rand von Blankenese. Kleiner, exquisiter Kundenkreis, nur Einzeltraining. Dazu ein Hundehotel. Der Laden lief super.« Die Kellnerin kam an den Tisch, um zu fragen, ob wir noch etwas trinken wollten. Tim nahm sie gar nicht wahr. Ich schickte sie mit einem kleinen Kopfschütteln weg. »Michaela hat sich vor allem um das Geschäftliche und den Hotelteil gekümmert, ich war der Trainer. Wir hatten beide unser Geld in den Laden gesteckt, aber offiziell war sie die Inhaberin, ich arbeitete angestellt. Das war steuerlich günstiger.« Er schnaubte. »Mein Gott, ich war ein so unglaublicher Trottel!« – »Und dann? Was ist passiert?« – »Michaela wurde gierig. Sie wollte mehr Geld verdienen, vergrößern, mehr Leute einstellen, das Blankenesespiel spielen, Teil der A-Gesellschaft sein. Ich wollte nicht. Für mich war es gut, wie es war. Wir stritten immer häufiger.« Sein Blick war jetzt starr auf die unverputzte Wand der alten Viehhalle gerichtet.
    »Und dann, an einem Montag vor drei Jahren, kam ich von einer Fortbildung zurück. Plötzlich passte mein Schlüssel nicht mehr ins Schloss. Ich stand vor unserem Büro wie ein Idiot. Um es kurz zu machen. Michaela hatte hinter meinem Rücken das Geschäft verkauft, die Konten geräumt und war weg. Ohne ein Wort, aber mit einem Hamburger Geldsack, der seinen Dobermann ein paarmal bei uns untergebracht hatte. Er handelt mit südafrikanischem Wein. Mit dem lebt sie jetzt am Westkap auf seinem Weingut und gibt die Grande Dame in der High Society von Kapstadt. Das weiß ich von Daniel. Ende der Geschichte.« Tim zog seine Hand zurück und winkte nach der Kellnerin.
    Ich war fassungslos. »Und? Was hast du gemacht?« – »Was hätte ich machen sollen? Ich hatte nichts in der Hand außer meinem Angestelltenvertrag. Eine Weile hab ich noch für die neuen Besitzer gearbeitet, aber das ging nicht lange gut. Jetzt halte ich mich mit verschiedenen Jobs über Wasser und will so bald wie möglich nach Österreich. Aber das hab ich dir ja schon erzählt.« Armer Tim. Ich hätte ihn gern in den Arm genommen und getröstet, so wie er mich getröstet hatte. Aber ich traute mich nicht mal, seine Hand wieder zu berühren. Sein frisches Bier wurde gebracht, und jetzt orderte ich für mich auch ein Glas Wein. Tim schüttelte sich kurz, als wollte er die Erinnerung loswerden, und brachte ein Grinsen zustande. »War nicht die beste Zeit in meinem Leben. Ich bin seitdem ein bisschen vorsichtiger, auch was Frauen angeht. Ständig wittere ich Lüge und Betrug.«
    Bis eben war die Stimmung zwischen uns wie ein fluffiges Soufflé gewesen. Jetzt hatte diese Michaela den Backofen zu früh geöffnet. Alle Leichtigkeit war fort, das Soufflé zusammengefallen. Tim spürte es auch. Er versuchte, elegant das Thema zu wechseln. »Komm, lass uns von etwas Schönem sprechen, zum Beispiel von dir.« Bisher hatte ich stets reagiert wie ein pawlowscher Hund, wenn Tim das Wort »schön« im Zusammenhang mit meiner Person benutzte. Viel hätte nicht gefehlt, und ich hätte auch so einen Speichelauffangbehälter gebraucht, wie Pawlow ihn seinerzeit seinen Hunden einoperierte. Aber jetzt – nichts. »Hey, Lilli, nun schau doch nicht so ernst. Mir ist schon

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