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Jetzt ist gut, Knut (German Edition)

Jetzt ist gut, Knut (German Edition)

Titel: Jetzt ist gut, Knut (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bettina Haskamp
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verlieren. Und ganz lässig klingen. »Jedenfalls würde ich dich gern morgen Abend zum Essen einladen, als kleine Wiedergutmachung.« – »Das musst du nicht, Lilli, wirklich nicht.« – »Ich möchte aber!« Das hat in meinen Ohren jetzt ungefähr so lässig geklungen wie eine rossige Stute. »Also, ich meine, wenn du keine Lust hast, dann ist das natürlich völlig in Ordnung. Dann sehen wir uns bei Gelegenheit mal wieder auf der Hundewiese.« – »Lilli, ich würde sehr gern mit dir essen.« Als ich das Smartphone zur Seite legte, waren wir für den nächsten Abend verabredet und meine Hände schweißnass. Ich ging erst duschen und dann ins Kino. Da lief ein Film mit dem Titel »Eine flexible Frau«. Ich sah das als Zeichen.
    Das Restaurant in St. Pauli hatte eine Vergangenheit als Viehhalle des alten Schlachthofs. Jetzt war es hip und voll. Ich machte mir Sorgen, dass mein Ellbogen in der Maronensuppe des Anzugträgers am Nebentisch landen könnte, so eng standen die Tische beieinander. Um uns herum redeten und lachten Leute, der Laden brummte wie ein Bienenstock. Womit bewiesen war, dass ich nicht auf eine Affäre aus war, wie Marie-Anne mir ohne Zweifel unterstellte beziehungsweise wünschte, sonst hätte ich ja wohl eine intimere Atmosphäre gewählt. »Warst du schon mal hier?«, fragte ich Tim. Er schüttelte den Kopf und studierte mit gerunzelter Stirn die Speisekarte. Er sah toll aus in seinem schwarzen Hemd mit dem kleinen Stehkragen und einem schwarzen Shirt darunter. Meiner Ansicht nach sollten Männer mit graumelierten langen Haaren grundsätzlich Schwarz tragen. Aus dem Gummiband, mit dem er die Haare zusammenhielt, hatten sich ein paar Strähnen gelöst und fielen ihm lose auf die Schultern. Heute war er glattrasiert. Ich konnte nicht umhin, mich zu fragen, ob er unter seinem Hemd wohl eine glatte Brust hatte. »Ich nehme Tagliata vom Nebraska-Rind. Und du?« – »Kalbsbrust mit Blumenkohl.« Hier mit Tim zu sitzen war schon Abenteuer genug. Da musste ich nicht auch noch exotische Sachen essen.
    »Witziger Zufall, dass die hier Nebraska-Rind auf der Karte haben«, sagte Tim. »In Nebraska habe ich eine Zeitlang gelebt.« – »Wow. Was hast du da gemacht?« – »Wenn du versprichst, nicht zu lachen, erzähl ich’s dir.« – »Ich gelobe feierlich!«, sagte ich, hob die rechte Hand und musste schon jetzt grinsen. – »Ich hab als Cowboy gearbeitet – hey, du hast versprochen, nicht zu lachen!« Ich stellte ihn mir hoch zu Pferd vor, mit einem Lasso in der Hand und inmitten einer riesigen Rinderherde. Ein schönes Bild. Eine Kellnerin brachte Bier für Tim und Wasser für mich (die flexible Frau in dem Film gestern hatte als Alkoholikerin geendet, ich war auf der Hut) und nahm unsere Bestellung auf. »Und wann warst du in Nebraska?« – »Vor ungefähr hundert Jahren. Lange bevor ich ein alter Mann mit arthritischen Knien wurde.« Fishing for compliments, wie süß. Ich dachte immer, dieses Spielchen spielen nur Frauen. »Erzähl weiter, armer alter Mann.« Wir lächelten uns an, und er erzählte weiter.
    Nach der Zeit als Cowboy in Amerika war er nach Kenia gegangen und hatte als Wildhüter gejobbt. Dann holte ihn sein Freund Daniel nach Südafrika, wo sie ein paar Jahre lang gemeinsam Safaris veranstalteten. »Langweile ich dich wirklich nicht, Lilli?« Ich schüttelte den Kopf. Im Gegenteil, ich fand seine Lebensgeschichte faszinierend. Sie hätte von mir sein können. Ich liebte es, ihm zuzuhören. Der Rest der Welt war nicht mehr existent. Ich hätte nicht mal gemerkt, wenn statt der Kalbsbrust, die irgendwann zwischen Kenia und Südafrika gebracht wurde, ein Kaninchen auf meinem Teller gelegen hätte. Tims Stimme umhüllte mich wie klares, warmes Wasser. Es war, als ob ich im Karibischen Meer tauchen und einen Schwarm schillernder Fische beobachten würde. Ich kam erst wieder an die Oberfläche, als Tim plötzlich die Hand ausstreckte, »Du hast da einen Krümel« sagte und meine Wange berührte. Prompt fing mein Herz an zu klopfen. »Jetzt ist er weg.« Tim zog die Hand zurück und redete weiter. »Tja, und eines Tages saß eine Touristin aus Hamburg in meinem Jeep.« Er grinste schief. »Das war Michaela. Und wegen Michaela bin ich zurück nach Deutschland gekommen. Das war dann das Ende der Geschichte von Tim dem Weltenbummler.«
    »Und?« – »Und was?« – »Gibt es Michaela noch?« – »Allerdings.« Ich schrak zusammen. Sein Ton war von einer Sekunde zur anderen alles andere

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