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Jetzt ist gut, Knut (German Edition)

Jetzt ist gut, Knut (German Edition)

Titel: Jetzt ist gut, Knut (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bettina Haskamp
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Frühstücksecke für zwei. Eine Tür führte vermutlich ins Bad. Hier gab es keine kräftigen Farben, alles war in Erdtönen gehalten und verströmte Behaglichkeit. Tim ging zu einer Musikanlage, die auf einem Regal neben dem Bett stand. Kurz darauf erklang ähnliche Musik, wie wir sie eben gehört hatten.
    »Magst du dich nicht setzen?« Ich sank in einen der Sessel. Tim schenkte Wein ein, kam mit den Gläsern zu mir und setzte sich mit dem Blick zu mir auf die breite Seitenlehne meines Sessels. Wir stießen an, sahen uns in die Augen, schwiegen. Dann war seine Hand an meinem Hals, streichelte meinen Nacken, mein Haar und wieder meinen Nacken. Ich rührte mich nicht, aber ein Schauder durchlief meinen Körper bis in die Fußspitzen. Tim setzte sein Glas ab, nahm mir auch meines aus der Hand und stellte es auf den Tisch, rutschte von der Sesselkante und hockte vor mir. Er nahm mein Gesicht in beide Hände. »Du hast wundervolle Augen, schöne Lilli.« Dann waren seine Lippen auf meinen, liebkosten meine Mundwinkel, spürte ich seine tastende, kreiselnde Zunge. O Gott. Es fühlte sich so, so … falsch an. Mein Kopf zuckte zurück.
    »Was ist denn?« Das war eine sehr gute Frage. Leider kannte ich die Antwort nicht. Ich meine, davon träumte ich, seit ich diesem Mann zum ersten Mal auf der Bank im Park begegnet war. Ob ich es mir nun eingestanden hatte oder nicht. Noch heute Nachmittag hatte ich die Hunde verflucht, weil sie uns unterbrochen hatten. Und jetzt? Was war denn mit mir los? Meine Brustwarzen drückten hart gegen den Büstenhalter, und ich konnte froh sein, wenn der Sessel noch keine Flecken hatte, wenn Sie wissen, was ich meine. Absolut alles war so, wie es sein sollte. Wieso schrie dann die Stimme in meinem Kopf »Nein!«? So laut, dass ich sie nicht überhören konnte? Es war, als wäre direkt vor mir eine dicke Schranke heruntergekracht. Sie war weiß-rot, ich konnte sie sehen. Tim warf mir aus großen Augen einen fragenden Blick zu und zog sich in den Sessel mir gegenüber zurück. Er nahm einen Schluck von seinem Wein und wartete, dass ich etwas sagte. Meine Stimme wollte erst nicht gehorchen. Das war mir so peinlich! »Ich glaube, ich kann das nicht. Ich meine, noch nicht«, flüsterte ich. – »Was kannst du nicht?« Stand nicht Knut dahinten in der Ecke und sah mich an? Ich wurde noch leiser. »Mit einem anderen Mann schlafen. Es tut mir leid.«
    »Also doch«, sagte Tim. Also doch? »Also doch dein Mann.« Plötzlich konnte ich die zarten Flötentöne im Hintergrund nicht mehr ertragen. Ein Requiem wäre jetzt passend, dachte ich bitter, ein Requiem für das soeben verstorbene neue Ich der Lilli Karg. Ich hockte zusammengekauert in meinem Sessel und sinnierte über den plötzlichen Tod der flexiblen Femme fatale, die ich so gern gewesen wäre. Ich wollte hier weg. »Rufst du mir bitte ein Taxi?« – »Du musst nicht weglaufen, Lilli. Bleib hier. Bitte. Lass uns reden.« Reden? Was gab es da zu reden? Ich hatte ihn enttäuscht, mich selbst enttäuscht, und jetzt wollte ich meine Wunden lecken. Seine zu lecken kam ja nicht mehr in Frage.
    Tim sprach weiter: »Es ist meine Schuld. Und es tut mir leid. Ich hätte es wissen müssen.« Der Mann redete in Zungen. »Heute am Strand, da hätte ich nicht aufhören dürfen, nach deiner Ehe zu fragen. Oder einfach nur kapieren, dass du noch lange nicht damit durch bist, wenn du nicht mal darüber reden kannst. Wenn einer das verstehen kann, dann ich, nach der Geschichte mit Michaela. Aber«, er schaute mich mit einem kleinen schiefen Lächeln an, »ich wollte halt gern glauben, dass es anders ist. Entschuldige bitte.« Er machte eine kleine Pause. »Ich mag dich sehr, schöne Lilli Karg.« Na bestens. Jetzt musste ich auch noch heulen.

11
    M arie-Anne lachte so laut, dass noch drei Tische weiter die Leute aufblickten. »Ach, Lillian, Sie sind ein hoffnungsloser Fall.« Es war Samstagvormittag, und wir saßen im »Carls« am Kaiserkai. Marie-Anne hatte unbedingt in die Hafen-City gewollt. »Und dieser Tim war wirklich nicht sauer?« – »Nein, er war lieb und verständnisvoll.« – »Hört sich an wie der Heiland persönlich.« – »Wir haben die ganze Nacht geredet.« – »Wie aufregend.« Ich begann mich zu ärgern, dass ich ihr von meinem Desaster erzählt hatte. Ohne Tim und das lange Gespräch in jener Nacht wäre mein neues Ich wahrscheinlich tatsächlich als Leiche in einem andalusischen Häuschen zurückgeblieben. Stattdessen war es nur ein

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