Jetzt ist gut, Knut (German Edition)
stechender Schmerz in meinem rechten Knöchel. Ich ließ mich in den Sand fallen und hielt meinen Fuß. Tim war sofort bei mir. »Was ist passiert?« – »Ich bin umgeknickt.« – »Lass mal sehen.« Sanft umfasste er meinen Fuß, bewegte vorsichtig das Gelenk. »Tut das weh?« Er hockte vor mir im Sand, die Sonnenbrille ins Haar geschoben, das Gesicht ganz nah vor meinem, und sah mich fragend an. Diese Augen! »Ein bisschen.« – »Der Fuß schwillt an, aber ich denke, er ist nur verstaucht. Wir müssen ihn kühlen. Stütz dich auf mich, wir sind gleich am Auto.« Er hielt mich ganz fest, während ich zum Parkplatz humpelte. Und, tja, was soll ich sagen? Von dem Moment an, in dem sein Arm meine Schulter berührte und meine Hüfte an seinen Oberschenkel drückte, war mein Fuß nicht mehr der einzige Körperteil, der der Kühlung bedurfte.
Tim hielt an einem Supermarkt und kaufte einen Beutel Eis. Kurz darauf saßen wir in einer schmuddeligen kleinen Kneipe am Hafen. Tim hatte den Wirt um einen Eimer gebeten und ihn mit dem Eis gefüllt. Darin steckte nun mein Fuß. »Wird es besser?«, fragte Tim. Wieso konnte der Mann so normal daherreden, während ich selbst wie eine Schwachsinnige vor mich hin lächelnd auf meinem Stuhl saß, dem Prickeln in meinem Körper nachspürte und nicht mehr zustande brachte als ein Nicken? »Die Apotheken sind jetzt zu. Aber auf der Finca habe ich eine Salbe. Nach dem Essen fahren wir hin, wenn das für dich in Ordnung ist.« Er hätte mir ebenso gut vorschlagen können, sich nach dem Essen gemeinsam von der nächsten Klippe zu stürzen. Kein Problem. Ich war sogar bereit, in einer Kaschemme, in die ich normalerweise keinen Fuß gesetzt hätte, Fisch zu essen. An alldem konnte natürlich auch der Brandy schuld sein, den Tim mir zu meinem Espresso bestellt hatte und der jetzt munter durch meine Blutbahnen kreiste. Ich glaube, ich aß eine Dorade mit reichlich Knoblauch und fettigen Pommes und fand alles sehr lecker. Dazu gab es Wein, danach noch einen Brandy. Auf der Fahrt zu der Finca von Tims Freunden nickte ich ein.
»Lilli, aufwachen, wir sind da.« Ein lächelnder Tim rüttelte zart an meiner Schulter. Wir waren wo? Ich schlief noch halb und war, gelinde gesagt, etwas orientierungslos. »Kannst du laufen?« Wieso sollte ich nicht laufen können, fragte ich mich irritiert, stieg aus dem Wagen, setzte den verstauchten Fuß auf und knickte prompt weg. Der Schmerz ernüchterte mich. Jedenfalls ein bisschen. »Na komm, ich helfe dir.« Der schwarze Prinz aus dem Traum, den ich eben im Auto noch geträumt hatte, eilte an meine Seite. Als er seinen Arm um mich legte und sofort das große Prickeln wieder einsetzte, wurde ich noch ein bisschen klarer. Ich hatte mir am Strand den Fuß und das Gehirn verstaucht. So war das.
Er brachte mich zu einer von Bougainvilleen überwucherten Terrasse. In einer Ecke lag eine Matratze mit dicken weichen und bunten Kissen auf einem Unterbau aus Natursteinen. »Setz dich, Lilli, und leg am besten die Beine hoch. Ich hole die Salbe.« Ergeben lehnte ich mich zurück, zog die Schuhe aus und legte die Beine auf das Terrassenbett. Erst jetzt bemerkte ich den dicken orange getigerten Kater. Er hatte zwischen den Kissen geschlafen, sah mich nun beleidigt an und sprang vom Bett. Die Terrasse war ziemlich groß, von einer Brüstung umgeben und davor lag ein Pinienhain. In einem überdachten Bereich stand ein Tisch, an dem sicher zehn Personen Platz fanden, um ihn herum ein Sammelsurium verschiedener alter Stühle. In großen und kleinen Blumentöpfen wurden offenbar Ableger und Kräuter gezogen. Über meinem Kopf hing ein Traumfänger, und irgendjemand in diesem Haushalt hatte einen Hang zu selbstgetöpferter Keramik. Ich zählte dreizehn verschiedene Schalen und Schälchen auf der Brüstung. In der Luft hing der Duft der Kräuter.
»So.« Tim krempelte langsam das Bein meiner Jeans ein Stück hoch und begann, mit kleinen kreisenden Bewegungen kühlende Salbe auf meinen geschwollenen Knöchel aufzutragen. Ich schloss die Augen. »Angenehm?« – »Hm.« Bildete ich mir das ein, oder fuhr er mit dem Finger das Bein ein bisschen höher hinauf als nötig? Und der andere Fuß war doch gar nicht krank? Wieso streichelte er den? Jedes Haar an meinem Körper richtete sich einzeln auf. Was machte er denn da? Ich sollte nachsehen. Als ich die Augen öffnete, blickte ich direkt in die Pantheraugen von Tim. Es saß mir zu Füßen, die Hände voller Kühlsalbe, die Haare
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