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Jetzt ist gut, Knut (German Edition)

Jetzt ist gut, Knut (German Edition)

Titel: Jetzt ist gut, Knut (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bettina Haskamp
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gezeigt. Alles, wovon ich geträumt habe, schien plötzlich möglich. Verstehst du? Dabei hat sie die ganze Zeit nur mein Geld gewollt.« Gott, es tat so weh, das auszusprechen.
    »Das tut mir leid für dich, Lilli.« Er tätschelte meine Hand. »Du träumst von einer Wohnung in Hafen-City?« – »O Tim, du hättest das Loft sehen sollen! Das ist so edel, so elegant! Nur knapp fünfzig Quadratmeter, aber trotzdem wirkt es überhaupt nicht klein. Und der Blick auf die Elbe, einfach himmlisch. Die Wohnung ist ein Traum, sag ich dir!« – »Du wolltest tatsächlich zweihundertfünfzigtausend Euro für ein Schickimicki-Apartment ausgeben?« Tim stand auf und sah auf mich herunter. – »Nun guck mich bitte nicht so vorwurfsvoll an. Ich hätte natürlich gleich merken müssen, dass das viel zu billig ist und eigentlich nicht wahr sein kann. Aber ich wollte es so gern glauben. Ich wollte halt auch mal ein Stück vom Glück.« Den letzten Satz sagte ich ganz leise, eigentlich mehr zu mir selbst.
    Tim guckte, als hätte er soeben ein Schwein mit Flügeln entdeckt. »Das nennst du Glück, Lilli? Zwischen Hamburger Schnöseln auf die Elbe zu gucken, in einem völlig überteuerten künstlichen Viertel, das ist Glück für dich?« Was hatte er denn auf einmal? Der klang ja richtig sauer. Er drehte mir den Rücken zu. »Ich geh dann mal rüber zu Jörg und Vera. Kommst du mit?« Was? So plötzlich? Tim war schon an der Tür und zog seine Jacke an. Ich wollte nicht allein in der Hütte bleiben; allein war ich schon in Hamburg. Also gut. Wir rannten durch den Regen zum Haupthaus.
    Wir aßen gemeinsam mit Jörg und Vera, die kein anderes Thema zu kennen schienen als ihre Viecher. Wieder kam ich mir in ihrer bunten Küche vor wie ein Fremdkörper. Sie waren freundlich zu mir, aber ich glaube, sie spürten es auch. Im Grunde konnten wir miteinander nichts anfangen. Und Tim verhielt sich mir gegenüber distanziert. Was war denn bloß mit ihm los?
    Erst abends vor dem Kamin, als ich ihm den Nacken massierte, taute er wieder ein bisschen auf. Im Bett kam mir eine Textzeile von Herbert Grönemeyer in den Kopf: Streichelst mich mechanisch, nur aus Pflichtgefühl. Hallo? Wir waren schließlich nicht seit zwanzig Jahren verheiratet. Was war hier faul? Mit einem flauen Gefühl im Bauch schlief ich ein. Mein Kokon hatte einen Riss bekommen.
    Keine verliebten Blicke beim Frühstück am nächsten Morgen. Wir waren schweigend aufgestanden. Jetzt hockte Tim mit gebeugtem Rücken über seinem Kaffee und starrte mit düsterer Miene auf die Maserung des Holztisches, als stünde dort eine Prophezeiung. Schließlich hielt ich es nicht mehr aus. »Offensichtlich habe ich irgendwas falsch gemacht. Bitte sag mir, was. Rede mit mir. Tim!« Er hob den Blick, und in seinen Augen stand ein Schmerz, den ich mir nicht erklären konnte. »Ich glaube, du bist nicht die Frau, für die ich dich gehalten habe.« Hä? Wieso denn das? Seine Stimme klang merkwürdig hohl, so als spräche er durch einen Filter. »Ich krieg einfach nicht mehr aus dem Kopf, was du gestern gesagt hast. Was Glück für dich ist. Und seitdem ich darüber nachdenke, fügen sich die Dinge zusammen.« – »Was für Dinge?« Ich hatte keine Ahnung, wovon er sprach.
    »Warum wolltest du neulich unbedingt ins Hotel, hm? Es ging doch gar nicht darum, dass du nicht bei fremden Menschen wohnen magst. Das war Blödsinn, stimmt’s?« Die hohle Stimme wurde scharf. »So ein Vier-Sterne-Hotel, das ist was für dich, was? Das hier«, sein Arm beschrieb eine Kurve durch den Raum, »das ist dir doch zu niveaulos.« – »Aber Tim, ich wusste doch gar nicht, wo du …« Er ließ mich nicht ausreden. Die schönen grünen Augen funkelten. Der Ausdruck darin war so böse, dass ich mich unwillkürlich gegen die Lehne meines Stuhls drückte. Er schlug sich mit der Hand vor die Stirn. »Ich war so was von blind! Eine Frau mit Gucci-Handtasche! Warum hab ich bloß nicht gleich geschaltet, als du wie eine von diesen Jungfernstieg-Schnepfen aus dem Hotel kamst?« – »Tim …« – »Ist dir eigentlich klar, wie viel Sinnvolles man mit so viel Geld bewirken kann? Nein, darüber hast du keine Sekunde nachgedacht, keine Sekunde. Du denkst nur an dich!«
    Ach du Scheiße. Der Mann hatte ein Gucci-Trauma.
    Das war nicht der einzige blödsinnige Gedanke, der mir durch den Kopf ging. Tim war aufgesprungen und tigerte jetzt wie eine eingesperrte Großkatze von einer Wand zur anderen, während er seine aufgestaute Wut

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