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Jetzt ist gut, Knut (German Edition)

Jetzt ist gut, Knut (German Edition)

Titel: Jetzt ist gut, Knut (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bettina Haskamp
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Grinsen. »Die Antwort ist ganz einfach. Körperchemie. Das ist das ganze Geheimnis. Wir haben da nur was verwechselt. Wahrscheinlich weil wir beide nicht gewohnt sind, reine Bettbeziehungen zu haben. Also haben wir uns gegenseitig in unseren Vorstellungen so lange zurechtgebogen, bis wir an mehr glauben konnten. Freu dich, Tim. Andere Paare brauchen Jahre, bis sie merken, dass zwischen ihnen nichts anderes funktioniert als Sex.«
    Wäre mir plötzlich ein Schrumpfkopf gewachsen, Tim hätte nicht verblüffter aussehen können. Sein Kiefer mahlte, als würde er auf meinen Worten herumkauen. Ich war ausgesprochen zufrieden mit mir. Sogar ein bisschen stolz. »Meinst du das wirklich?« – »Ja, ich bin mir sicher.« Er verfiel einmal mehr in Sprachlosigkeit. Mir machte das nichts aus, ich war so entspannt wie lange nicht. Warum hatte mir nie jemand gesagt, wie wunderbar es ist zu wissen, was man will? Wie gut es tut, nachzudenken und tatsächlich zu Ergebnissen zu kommen? Ich sollte das öfter tun. Während Tim vor sich hin schwieg, dachte ich: Sobald ich wieder zu Hause bin, mache ich so weiter. Tim unterbrach meine zuversichtlichen Gedanken. »Und was machen wir nun?« – »Na, was schon? Wir gehen ins Bett.«

13
    D er Taxifahrer hob beide Hände und zuckte zum Zeichen seiner Machtlosigkeit mit den Schultern. Nichts ging mehr. Alle zwei Sekunden gaben die Scheibenwischer das hässliche Bild vor uns frei: Auf dem Zubringer zum Flughafen von Sevilla standen kreuz und quer mehrere Autos ineinander verkeilt. Hinter uns dröhnten die Sirenen herannahender Krankenwagen. Ich kurbelte trotz des Regens die Scheibe hinunter. In einiger Ferne konnte ich in der feuchten Düsternis schemenhaft die Silhouette des Flughafentowers ausmachen. Noch gut zwei Stunden, dann würde mein Flieger abheben. Gnadenlos tickte die Uhr im Armaturenbrett des alten Taxis.
    Zwanzig Minuten, eine halbe Stunde. Auf meinem Schoß häuften sich in kleine Stücke gerupfte Papiertaschentücher. Ich nahm ein neues Tuch aus der Tasche. Außer dem Zeiger der Uhr und meinen Händen bewegte sich nichts. Eine Stunde. Das war’s dann wohl. Der Check-in-Schalter wurde gerade geschlossen. Verdammter Mist. Soweit ich wusste, war mein Flieger für diesen Tag der letzte. Vier Stunden später gab es keinen Zweifel mehr: Heute kam ich nicht mehr weg. Ich buchte einen neuen Flug für den nächsten Tag.
    Ein anderes Taxi brachte mich zum nächstgelegenen Hotel. Hätte ich mich doch von Tim bringen lassen, dachte ich, dann wäre ich jetzt wenigstens nicht allein. Wir hatten uns auf der Finca verabschiedet, ich selbst hatte es so gewollt. Unsere gemeinsame Zeit war abgelaufen. Dort, unter den Pinien, hatte der Abschiedskuss nichts Schmerzhaftes. Ich nahm ihn wie den Duft der regennassen Bäume und die Unbeschwertheit der vergangenen zwei Tage als schöne Erinnerung in mich auf.
    Zu schade, dass ich den Pinienduft jetzt nicht ausströmen konnte. Das winzige Hotelzimmer roch modrig, war kahl und kalt. In einer Ecke stand ein altersschwacher Heizlüfter. Ich stellte ihn an, legte mich auf das schmale Bett und versuchte, mich an den Kamin zurückzuträumen. Aber statt der warmen Flammen zeigte mir der Film in meinem Kopf das kalte Gesicht der Berger. Die würde begeistert sein, wenn ich morgen wieder nicht im Büro erschien. Am besten, ich fuhr vom Flughafen gleich zum Arzt. Beim Gedanken an alles, was mich in Hamburg erwartete, fühlte ich mich tatsächlich schon fast wieder krank. Das Büro. Die Wohnung. Julia. Meine Mutter. Knut. Vor allem Knut. In diesem winzigen, hässlichen, kalten Zimmer schien meine Zuversicht zu verpuffen wie ein Wassertropfen auf der heißen Herdplatte. Hör auf, Lilli, du schaffst das schon. Alles wird gut. Und jetzt sieh zu, dass du aus diesem kümmerlichen Kämmerchen herauskommst, und besorg dir einen Drink.
    Die Hotelbar war winzig und billig eingerichtet. Rote Lampenschirme hingen schief an der Wand, die dunkelbraunen Sessel sahen nach Rattan aus, waren aber aus Plastik. Ich setzte mich an die Bar. Außer mir und dem schwarzlockigen Barkeeper in weißem Hemd und schwarzem Schlips saß nur noch ein älteres Paar in der hintersten Ecke des Raumes. Er blond und rotköpfig, sie blond und blass. Ich tippte auf Engländer. Der Lockenkopf fragte nach meinen Wünschen. »Coffee and Brandy, please.« – »Cientotres?« Er zeigte auf eine Flasche im gut gefüllten Glasregal. Von mir aus. Hauptsache, das Zeug wärmte und munterte mich ein bisschen

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