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Jetzt ist gut, Knut (German Edition)

Jetzt ist gut, Knut (German Edition)

Titel: Jetzt ist gut, Knut (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bettina Haskamp
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auf. Nach dem ersten Schluck klingelte mein Handy. Wahrscheinlich Julia, die vergeblich auf meinen Anruf gewartet hatte.
    Als ich auf das Display guckte, wäre mir beinah das Glas aus der Hand gefallen. Schnell stellte ich es ab. Tina. Verwundert starrte ich auf die leuchtend weißen Buchstaben und bekam tatsächlich Herzklopfen. Tina? Nach fast sechs Monaten Funkstille? Vielleicht hatte sie die falsche Nummer erwischt. Ich ging nicht dran. Nach zwei Minuten klingelte es wieder. Sie wollte also wirklich mich sprechen. »Hallo?« – »Hallo, Lilli.« Pause. Ich hörte sie atmen. »Du wunderst dich sicher, dass ich anrufe.« Vor allem freute ich mich, aber das behielt ich für mich. Sicherheitshalber sagte ich erst einmal gar nichts. »Die Sache ist die, ich habe gestern zufällig Knut gesehen, und da hab ich mich total erschr…« Mitten im Wort war das Gespräch weg. Erst dachte ich, die Verbindung sei unterbrochen worden. Aber das Telefon gab überhaupt keinen Ton mehr von sich, der Akku war leer. Und das Ladegerät lag in Hamburg in der Schublade. So ein Mist! Jetzt würde sie denken, ich hätte sie weggedrückt. Noch dazu hatte ich keine Ahnung, was sie mir über Knut hatte erzählen wollen. Der Lockenkopf sah erschrocken auf, als ich das nutzlose Telefon auf den Tresen knallte. Wie soll man denn auch optimistisch bleiben, wenn einfach alles schiefgeht?
    »Möchten Sie eine Tageszeitung?« Die Stewardess trug schwer an dem Stapel mit den Blättern. Ich nahm mir die dünnste. Das war zwar gleichzeitig die dümmste, aber während eines Fluges ist mein Hirn sowieso nicht zu besonders viel zu gebrauchen. Die meiste Zeit verbringe ich damit, den Piloten in der Kanzel mental zu unterstützen. Das Flugzeug war nur schwach gefüllt, ich hatte eine Sitzreihe für mich allein. Ganz hinten, nah am Notausgang und vor allem nah am Arbeitsplatz der Flugbegleiterinnen. Perfekt. Es beruhigt mich immer, wenn ich sie klappern und plaudern höre. Meiner Theorie nach stürzt ein Flieger nicht ab, solange sich die Damen noch über die neueste Mode unterhalten. Und so saß ich relativ entspannt auf meinem Platz in der Mitte, nippte an einem nach Abwaschwasser schmeckenden Kaffee, breitete die Zeitung aus und schrie überrascht auf. Ich sah direkt ins Gesicht von Marie-Anne. Trotz des schwarzen Balkens über den Augen erkannte ich sie sofort. Hinter mir waren die Stewardessen verstummt, eine von ihnen stand plötzlich neben mir. »Ist Ihnen nicht gut? Sie sind weiß wie die Wand.« Ich bemühte mich um ein Lächeln. »Alles in Ordnung, danke. Ich hab mich nur erschreckt. Flugangst, wissen Sie?« – »Sie müssen keine Angst haben, wir erwarten einen ruhigen Flug, es gibt keinen Grund zur Aufregung. Möchten Sie ein Glas Wasser?« – »Nein, wirklich, es geht schon wieder, danke.« Endlich ging sie. Kein Grund zur Aufregung? Sie hatte ja keine Ahnung.
International gesuchte Trickbetrügerin gefasst
Hamburg (dpa/bh) – Die Polizei hat am Dienstag eine mutmaßliche Betrügerin gefasst, die in den vergangenen Wochen mehrere Hamburger um insgesamt mehr als eine Million Euro geprellt haben soll. Nach Angaben eines Polizeisprechers wurde die 52-Jährige in einem Zug nach Luxemburg festgenommen. Sie soll seit Jahren in mehreren Ländern als Trickbetrügerin aktiv gewesen sein. »Wir gehen davon aus, dass sie in Frankreich, der Schweiz, Österreich und Deutschland Wohnungen verkauft hat, die sich nicht in ihrem Besitz befanden«, so ein Polizeisprecher. Gegen die Frau wurde Haftbefehl erlassen.
    Marie-Anne in Haft. Marie-Anne hinter Gitterstäben, Marie-Anne auf einer kargen Pritsche, Marie-Anne in Handschellen. Einfach unvorstellbar. Mussten die Frauen in deutschen Gefängnissen auch so unförmige graue Overalls tragen? Es war absurd und idiotisch, aber im ersten Augenblick tat sie mir leid. Doch dann sah ich mich wieder heulend auf dem Sofa sitzen, hatte den abfälligen Blick des Kommissars vor Augen, sah mich ihretwegen Tabletten schlucken, erinnerte mich an die ersten schrecklichen Augenblicke der Scham. Und schon wollte ich sie in eisernen Ketten in einem sehr dunklen, feuchten Kerker wissen. Kurz erwog ich ein kleines Tänzchen durch den Gang.
    Zu Hause. Elf Nachrichten auf dem Anrufbeantworter. Kaum vier Tage weg, dachte ich, und schon begehrt wie ein Filmstar. Ich war immer noch aufgedreht wie ein Brummkreisel. Sogar die Wohnung schien mir heller als sonst. Das mochte allerdings auch am Rückfall der Sonne in sommerliche Gewohnheiten

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