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Jetzt ist gut, Knut (German Edition)

Jetzt ist gut, Knut (German Edition)

Titel: Jetzt ist gut, Knut (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bettina Haskamp
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»Wäre nicht nötig gewesen.« Sie holte Gläser, öffnete schweigend die Flasche und goss sich selbst ein Wasser ein. Sie saß auf dem einen Sofa, ich auf dem anderen. Die Sekunden dehnten sich zu Stunden.
    »Du siehst gut aus«, sagte sie endlich. Tinas Ehrlichkeitskodex folgend hätte ich jetzt sagen müssen: »Du nicht.« Tatsache ist, dass Tina aussah, als hätte sie dringend Schlaf nötig. Und ein Besuch beim Frisör könnte auch nicht schaden. Ihre kurze blonde Fransenfrisur war ziemlich aus der Form. »Du auch.« Sie trank einen Schluck Wasser und richtete den Blick auf ein Aquarell über meinem Kopf. Es hing da bestimmt schon fünf Jahre, und ich wusste, dass es Lavendelfelder in der Provence zeigte. Tina studierte das Bild, als sähe sie es zum ersten Mal. Ich dachte schon, wir würden am nächsten Morgen noch hier sitzen und uns anschweigen, da richtete sie ihre wasserblauen Augen wieder auf mich. »Tja, also …« – »Nein, warte. Lass mich erst was sagen. Tut mir leid wegen der blöden Mail damals. Ich hab mich gefreut, dass du angerufen hast.« Na, so was, ich hatte gar nicht gewusst, dass ich das sagen wollte. Aber jetzt war es raus. Und es stimmte.
    Tina nickte. Gnädig, wie ich fand. Ich schluckte an diesem Nicken wie an einem großen Krümel, der nicht durch die Kehle rutschen wollte. Wer war sie denn? Katharina die Große? Na gut, sie würde es mir nicht leichtmachen. Offensichtlich sollte das hier nicht das große Freundinnen-Versöhnungstreffen werden. »Ich hätte nicht angerufen, wenn es keinen guten Grund gäbe.« Ihre Stimme war so scharf wie ein frisch geschliffenes Messer. Mein mulmiges Gefühl meldete sich zurück. »Es geht nicht um dich, es geht um Knut. Ich begreife nicht, wie du dich so verhalten konntest. Das hat Knut einfach nicht verdient.« Moment mal, was war denn das für ein Text?
    »Tina, wovon …?« – »Gestern Vormittag war ich in der Uniklinik. Wir haben da den neuen Internetauftritt entwickelt, eine große Sache für die Agentur.« Ein stolzer Ausdruck huschte über ihr Gesicht, ehe es sich wieder verschloss. »Jedenfalls komme ich aus der Verwaltung und bin auf der Galerie, da sehe ich Knut unten in der Halle. Fast hätte ich ihn nicht erkannt. Er war so mager und ganz grau im Gesicht, ging wie ein alter Mann. Ich hab mich richtig erschrocken. Immerhin ist er ein guter Freund von mir, auch wenn ich ihn deinetwegen lange nicht gesprochen habe.« Knut im Krankenhaus? Ich hatte ihn doch erst vor ein paar Tagen gesehen. Gesund und munter. Klar hatte er abgenommen, aber mager war er noch lange nicht. Auf mich hatte er keinen kranken Eindruck gemacht. »Natürlich dachte ich an Krebs«, sagte Tina. Natürlich. Und ich hatte immer geglaubt, von uns beiden wäre ich diejenige mit dem Hang zum Drama. »Ich hab sofort versucht, dich zu erreichen, aber du hattest es ja nicht nötig, mit mir zu sprechen.« – »Ich hab dir doch schon erklärt …« Sie winkte ab. »Aber Julia habe ich erreicht. Und sie hat mir gesagt, was los ist.« Fein, das würde ich dann jetzt auch gerne mal wissen. »Ich wusste ja, dass du gern lügst, Lilli. Aber ich hätte wirklich nicht gedacht, dass du so weit gehen würdest, nur um dich ein bisschen wichtig zu fühlen. Es ist einfach erbärmlich.« – »Jetzt mach mal halblang, Tina! Was um Himmels willen hat Julia dir erzählt?« – »Das kann sie dir gleich selbst sagen.« Tina guckte auf ihre Armbanduhr. »Sie muss jeden Moment hier sein.« Es klingelte genau in dieser Sekunde.
    Während Tina zur Tür ging, saß ich auf dem Sofa und versuchte zu erraten, was sie gemeint hatte. Nicht der Hauch einer Idee durchwehte meinen Kopf. Julias Stimme drang leise aus dem Flur. Kurz darauf stand sie vor mir. »Hallo, Lilli.« Ihr Ton war, wenn überhaupt möglich, noch frostiger als vorhin Tinas. Nebeneinander setzten sich die beiden auf das zweite Sofa und maßen mich mit Blicken, unter denen mir eiskalt wurde. Das war das reinste Tribunal. Und so allmählich wollte ich wirklich wissen, wessen ich angeklagt wurde. Wir waren ja schließlich nicht in Guantánamo. »Was soll diese Show? Könnt ihr mir bitte mal sagen, worum es hier geht?«
    »Es geht darum, dass Knut leidet wie ein Hund, während die gnädige Frau sich in der Weltgeschichte herumtreibt und nicht zu sprechen ist. Es geht darum, dass du Knut belogen und betrogen hast. Reicht das, Lilli?« Das reichte nicht nur, das ging zu weit. Viel fehlte nicht, und ich hätte Julia das Glas Wein ins Gesicht

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