Jetzt mal Butter bei die Fische
alten Tretmühle« gearbeitet hat. Denn ihr sehnlichster Wunsch war es schon sehr lange, als Heilpraktikerin zu arbeiten. In ihrem Umfeld hatte allerdings kaum jemand Verständnis dafür. Abgesehen davon, dass es Heilpraktiker wie Sand am Meer gäbe, könne sie doch unmöglich als junge Mutter an ihre Karriere denken! Und so war auch die erste Frage von Claudia an mich, »ob es denn in ihrer Situation nicht viel zu egoistisch sei, überhaupt an einen beruflichen Neuanfang zu denken«.
Wir leben zwar angeblich in einer Spaßgesellschaft – aber bei der Arbeit hört der Spaß anscheinend auf. Ich werde gar nicht selten von Klienten gefragt, wenn wir über ihre Wünsche an eine neue Tätigkeit sprechen, ob »man das denn überhaupt so machen, ob man so egoistisch sein dürfe«. So mancher wäre wohl gar nicht überrascht, wenn meine Antwort wäre: »Ja, was glauben Sie denn, wer Sie sind? Das können Sie doch nicht tun!« Nein, so etwas sage ich natürlich nicht.
Ich verweise lieber auf Menschen, die etwas Außergewöhnliches erschaffen haben – Wissenschaftler, Unternehmensgründer, Künstler, Erfinder. Ein Bill Gates oder eine Lady Gaga haben bestimmt nicht gefragt, ob es auch okay ist, wenn sie ihr Ding machen. Das kann ich mir zumindest nicht vorstellen. Ich bin davon überzeugt, dass nicht unbedingt Genialität oder Intelligenz die Hauptursachen für große Erfolge sind. Mindestens genauso wichtig sind Entschlossenheit und Engagement – oder ganz altmodisch: Hingabe. Okay, vielleicht ist es gerade nicht Ihr Ziel, ein Weltstar zu werden oder den Computer neu zu erfinden. Aber Neuorientierern hilft es enorm, wenn Sie sich eine Scheibe abschneiden von der Entschlossenheit erfolgreicher Leute. Ohne eine Portion von positivem Egoismus ist es schwer, sich etwas Neues zu schaffen.
Natürlich muss jeder für sich selbst entscheiden, wie sehr er seine Selbstverwirklichung in den Mittelpunkt seines Lebens stellen möchte. Nur sollte diese Entscheidung durch Nachdenken und Abwägen getroffen werden – und nicht, weil man unreflektiert davon ausgeht, etwas »doch unmöglich machen zu können«. »Erst alle anderen und dann vielleicht ich. Ein bisschen.« Mit so einer Haltung kommen wir nicht weit. Wenn Ihnen die Angst im Nacken liegt, in Ihrem Wunsch nach Veränderung womöglich viel zu egoistisch zu sein, sollten Sie sich unbedingt mit den Glaubenssätzen (siehe unten) beschäftigen, die dafür verantwortlich sind.
Claudia hat übrigens eine Lösung gefunden, die sie sich selbst und ihrem Umfeld gegenüber vertreten konnte: Sie entschied sich dafür, eine Heilpraktikerausbildung zu beginnen und bis zum Abschluss in Teilzeit als Sekretärin zu arbeiten – als Brot-und-Butter-Job. Weil ihr Kind nicht darunter leiden sollte, wollte sie sich ausreichend Zeit für die Ausbildung nehmen. Spätestens mit Beginn der Grundschule, wollte sie dann anfangen, als Heilpraktikerin zu arbeiten.
Noch ein Wort zu negativen Glaubenssätzen
Das Leben ist kein Ponyhof/Wunschkonzert.
Hochmut kommt vor dem Fall.
Man muss die Kirche im Dorf lassen.
Was Hänschen nicht lernt, lernt Hans nimmermehr.
Schuster, bleib bei deinen Leisten.
Wer hoch hinaus will, wird tief fallen.
Bescheidenheit ist eine Zier.
Dies sind einige der Stars am Himmel der negativen Glaubenssätze. Wir alle kennen sie, haben sie tausendfach gehört und vielleicht auch schon oft gesagt. Als aufgeklärte, erwachsene Menschen zitieren wir sie natürlich mit Ironie. Denn wer denkt denn heute noch so beschränkt! Ja, vielleicht glauben wir, immun gegen sie zu sein, und immer aus freiem Willen und Vernunft zu handeln. Aber das ist wohl ein Trugschluss, denn viel öfter, als wir es merken, bestimmen negative Glaubenssätze unser Denken und Handeln:
Wir spüren den Impuls, einem Menschen gegenüber authentisch zu sein, und möchten ihm sagen, was wir denken – aber wir lächeln lieb und halten den Mund, weil es unhöflich wäre, der andere schlecht von uns denken könnte, man seine Gefühle nicht zeigen darf, unser Gegenüber selbst darauf kommen muss und so weiter.
Wir haben das Bedürfnis, für uns zu sorgen, weil wir überarbeitet sind oder jemand uns ausnutzt, und deshalb wollen wir Nein sagen und eine Grenze setzen – aber wir tun es nicht, weil man uns sonst für zickig, egoistisch oder faul hält oder weil man generell nicht Nein sagen darf.
Wir möchten einem Menschen zeigen, dass wir ihn mögen – aber wir verhalten uns neutral bis abweisend, weil man unattraktiv
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