Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Jetzt Plus Minus

Jetzt Plus Minus

Titel: Jetzt Plus Minus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
Vom Netzwerk:
diesmal mit den Zungen. Gott. Gott. Ich glaube das einfach nicht. Der gewandte alte Casanova Blaufeld in Aktion, wie eine gutgeölte Verführmaschine. Ihr Parfüm in meiner Nase, meine Zunge in ihrem Mund, meine Hand auf ihrem Pullover, und dann ist meine Hand auf einmal unter ihrem Pullover, und erstaunlicherweise meine andere Hand auf ihrem Knie, an ihrem Schenkel, unter ihrem Rock, und ihr Schenkel ist samtig und weich, und ich sitze da und habe das seltsame zweidimensionale Gefühl, daß ich kein autonomes menschliches Wesen bin, sondern einfach jemand auf einer Filmleinwand, für Jugendliche verboten, mit dem Bewußtsein, daß Tausende von Menschen draußen im Publikum mich mit angehaltenem Atem anstarren, und ich wage nicht, sie zu enttäuschen. Ich mache weiter, lasse nicht zu, daß ich über das, was ich mache, nachdenke, denke überhaupt nicht, schalte mein Gehirn völlig ab, gehe einfach Schritt für Schritt weiter. Ich weiß, wenn ich auch nur einmal eine Pause einlege und mich frage, ob das alles wirklich sei, zerplatzt alles vor mir. Sie hilft mir. Sie versteht viel mehr davon als ich. Murmelt sanft. Ermutigt mich. Meine Finger reißen an unserer Unterwäsche. »Nicht so hastig«, flüstert sie. »Wir haben Zeit genug.« Mein Körper preßt sich auf ihren. So geht das also. Was für ein Wunder der Evolution, daß wir so zusammenpassen! »Sei sanft«, sagt sie, wie die Mädchen es in den Romanen immer tun, und ich will zärtlich sein, aber wie kann ich das, wenn ich auf einem Wagen fahre, mit dem die Pferde durchgegangen sind? Ich stoße, aber nicht mit dem Gehirn, sondern mit dem Körper, und plötzlich spüre ich die herrliche, samtige Weichheit, und ich bewege mich immer schneller, kann mich nicht zurückhalten, und sie bewegt sich auch, und wir umklammern einander, und ich werde Hals über Kopf in einen Strudel hineingerissen. Hinab, hinab, hinab. »Harry!« stöhnt sie, und ich explodiere unbeherrschbar, und ich weiß, daß es vorbei ist. Kaum begonnen, und schon vorbei. War es das? Das war es. Das ist alles, der Rhythmus, die Umklammerung, das Stöhnen, die Explosion. Es war schön, aber nicht so schön, nicht so schön, wie ich es mir vorgestellt hatte, und ich verspüre eine Ernüchterung angesichts der Erkenntnis, daß das gar nichts Transzendentales ist, nichts Mystisches, sondern etwas rein Körperliches, das beginnt und weitergeht und endet. Plötzlich möchte ich mich losmachen und allein sein, um nachzudenken. Aber ich weiß, das darf ich nicht, ich muß jetzt zärtlich und dankbar sein, ich halte sie in den Armen, ich flüstere mit ihr, ich sage ihr, wie schön es war, sie sagt mir, wie schön es war. Wir lügen beide, aber was macht das? Es war schön. Im Rückblick fängt es an, phantastisch zu erscheinen, überwältigend, alles das, was ich mir erhofft hatte. Der Gedanke dessen, was wir getan haben, entzückt mich. Wenn es nur nicht so schnell vorbei gewesen wäre. Das nächstemal wird besser sein. Wir haben eine Grenze überschritten; jetzt sind wir auf fremdem Gebiet.
    Viel später sagt sie: »Ich möchte wissen, wie du Dinge bewegen kannst, ohne sie zu berühren.«
    Ich zucke die Achseln.
    »Warum willst du das wissen?«
    »Es fasziniert mich. Du faszinierst mich. Ich dachte lange, du wärst auch nur einer wie die anderen, weißt du, ungeschickt, unreif. Aber deine Gabe! Das ist ASW, nicht wahr, Harry? Ich habe viel darüber gelesen. Ich weiß Bescheid. Als du mich umgeworfen hast, wußte ich sofort, was das gewesen sein mußte. Nicht wahr?«
    Warum mich bei ihr zieren?
    »Ja«, sage ich, stolz in meiner neuen Männlichkeit. »Es handelt sich um eine klassische Manifestation eines Poltergeistes. Als ich dir den Stoß gab, war es das erstemal für mich, daß ich meine Macht erkannte. Aber ich habe sie weiterentwickelt. Du würdest nicht glauben, was ich in der letzten Zeit alles habe bewältigen können.« Meine Stimme klingt tief; ich bin selbstsicher. Ich bin heute nacht zu meinem eigenen Phantasiebild geworden.
    »Zeig es mir«, sagt sie. »Mach etwas, Harry!«
    »Ganz egal. Sag du, was.«
    »Den Stuhl da.«
    »Gewiß.« Ich betrachte den Stuhl. Ich greife nach der Kraft. Sie kommt nicht. Der Stuhl bleibt, wo er ist. Wie wäre es mit dieser Untertasse? Nein. Mit dem Löffel? Nein.
    »Cindy, ich verstehe das nicht – aber es scheint im Augenblick nicht zu wirken –«
    »Du wirst müde sein.«
    »Ja. Das ist es. Müde. Wenn ich eine Nacht geschlafen habe, wird es wieder gehen. Ich

Weitere Kostenlose Bücher