JFK -Staatsstreich in Amerika
natürlich,
dass er selbst darin verwickelt war?«, schreibt Peter Janney 57 – und ist überzeugt, dass die alten
CIA-Freunde James Angleton, sein Vater Wistar Janney und indirekt Cord Meyer
diesen Mord auf dem Gewissen haben.
Gründe dafür gab es aus Sicht der
CIA genug, denn Angleton – ein Meister illegaler Abhörmethoden – hatte sich
nicht gescheut, das Studio und auch das Schlafzimmer der Frau zu verwanzen,
deren Söhne seine Patenkinder waren und die eine Freundin seiner eigenen Frau
war. Angleton wusste also nicht nur von ihrer Beziehung zum Präsidenten, der
sie auch mehrfach in ihrem Studio in Georgetown besuchte, von Marys
friedensbewegtem politischen Engagement, von ihren Experimenten mit
psychoaktiven Substanzen – dem Journalisten Heymann erzählte Angleton, sie
hätten zusammen »eine milde Dosis LSD« genommen und danach »Liebe gemacht« 58 –, er hatte auch ihre entsetzte Reaktion auf
die Vertuschungen des Warren-Reports über seine Wanzen vermutlich schon
mitbekommen, bevor ihn sein Freund Cord Meyer darüber informierte.
Hier ist die Bemerkung von Robert D.
Morrow interessant, einem CIA-Vertragsagenten, der tief in die Aktivitäten der
exilkubanischen Gruppen verstrickt war und später in seinem Buch Firsthand
Knowledge schrieb, dass er nach der Veröffentlichung des Warren-Reports von
seinem CIA-Chef Marshall Diggs nach Washington gerufen worden sei, der ihm
gesagt habe:
»Da ist so eine prominente Dame in
Washington, die zu viel weiß über die CIA, über unsere kubanischen Aktivitäten
und im Besonderen über die Ermordung des Präsidenten. … Sie hat eine
Insider-Verbindung nach Langley und, ganz wichtig, zu Bobby (Kennedy).
Glücklicherweise ist ein enger Freund von mir einer ihrer besten Freunde. … Und
um auf den Punkt zu kommen: (Mary) Meyer sagte meinem Freund, dass sie genau
wüsste, dass die mit der Agency (CIA) verbundenen Exilkubaner und die Mafia für
die Ermordung von John F. Kennedy verantwortlich sind.« 59
Morrow wurde aufgefordert, Mario
Kohly, den Sprecher der Cuban Liberators, einer einflussreichen exilkubanischen
Gruppe, darüber zu informieren, was er einige Tage später auch tat und zur
Antwort bekam: »Sage Diggs, ich werde mich darum kümmern.« 60 Als er eine Woche später von dem Mord an Mary
Meyer erfuhr, stürzte dies den Agenten Morrow in heftige Verzweiflung, und
wenig später quittierte er seinen Job bei der CIA. Laut John Williams, einem
emeritierten Professor an der Universität Wisconsin, der mit dem 1998
verstorbenen Robert Morrow zahlreiche Interviews führte, war dieser aber nach
weiteren Recherchen überzeugt, dass nicht seine Nachricht an den Exilkubaner
ausschlaggebend für den Mord an Mary Meyer war, sondern der Freund seines
CIA-Chefs: »Ich denke nicht, dass Kohly es getan hat, ich denke, Angleton hat
es getan.« 61
Auch wenn einige Kennedy-Forscher
Morrows Aussagen für unglaubwürdig und den Zusammenhang des Mords an Mary Meyer
mit der Ermordung des Präsidenten für verschwörungstheoretisch inspiriert
halten – so etwa Nina Burleigh in ihrer Meyer-Biographie A Very Private
Woman –, sprechen die hier dargelegten Verbindungen und Belege doch sehr
deutlich dafür, dass es sich bei diesem Mord nicht um eine Reihe unglücklicher
Zufälle handelte. Er geschah am hellichten Tag, wurde allem Anschein nach nicht
im Affekt, sondern professionell ausgeführt und führte aufgrund der
Zeugenaussage eines suspekten CIA-Zeugen zur Anklage eines afroamerikanischen
Arbeitslosen, der in der Nähe des Tatorts aufgegriffen und dann wider Erwarten
freigesprochen wurde. Das Mordopfer war nicht eine zufällige blonde
Spaziergängerin, die von einem »Neger« sexuell bedrängt und erschossen wurde,
sondern als Geliebte und Vertraute des elf Monate zuvor ermordeten John F.
Kennedys eine absolute »Insiderin« des Weißen Hauses, eine Frau, die viel – zu
viel? – wusste über die Vorgeschichte und die Umstände des Präsidentenmords,
die vor Wut »durch die Decke« gegangen war, als sie die Weißwaschung dieses
Mords im Warren-Report gelesen hatte – und die in ihrem selbstständigen,
rebellischen Freigeist nicht gedachte, darüber zu schweigen.
Teil 2:
Die Schüsse von Dallas
Zum
Abschuss freigegeben
Im Frühjahr 1963 hatte John F.
Kennedy in den Augen seiner zunehmend erbitterten Gegner in der CIA, im
Pentagon und in der exilkubanischen Gemeinde ein beeindruckendes Sündenregister
angesammelt. Er hatte zugelassen, dass die Schweinebucht-Invasion im
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