JFK -Staatsstreich in Amerika
Polizei, Lieutenant Berkley Moyland, schon
einige Wochen vor dem Kennedy-Besuch aufgefallen, der Wirt seines
Frühstückscafés hatte ihn auf einen merkwürdigen Stammgast aufmerksam gemacht,
der ständig hasserfüllt über den Präsidenten reden und Drohungen ausstoßen
würde. Moyland hatte ihn eines Morgens abgepasst und ihn zur Rede gestellt.
Weil er den Eindruck gewann, es bei Vallee mit einer unstabilen Persönlichkeit
zu tun zu haben, der vermutlich Waffen besaß und eine potentielle Gefahr
darstellte, meldete er den Vorfall dem Secret Service. Aber kurz darauf erhielt
er den Anruf eines Offiziellen des Finanzministeriums, dem der Secret Service
damals formell unterstellt war, der ihm sagte: »Schreiben Sie darüber nichts.
Erzählen Sie darüber nichts. Vergessen Sie es.« Moyland hielt sich daran, bis er
nach seiner Pensionierung und kurz vor seinem Tod seinem Sohn die Geschichte
erzählte – eine Geschichte, die damit endete, dass er einige Zeit nach den
damaligen Begebenheiten eine anonyme Postkarte bekommen hatte, von der er
sicher war, dass sie von Thomas Vallee stammte. Es standen nur zwei Worte
darauf: »Thank you!« 13
Anders als der Polizeioffizier
Moyland wollte Abraham Bolden nicht so lange über diese Merkwürdigkeiten
schweigen. Als er sich nach der Ermordung von Präsident Kennedy zu einem
Lehrgang in Washington aufhielt, versuchte er telefonisch Kontakt mit der
Warren-Kommission aufzunehmen, um dort über die Vorgänge beim Secret Service
auszusagen. Daraufhin wurde er umgehend nach Chicago zurückbeordert, wo ihm sein
Vorgesetzter mitteilte, es läge eine Anklage gegen ihn vor – zwei Zeugen hätten
ausgesagt, er hätte versucht, ihnen Informationen zu verkaufen. Dass Bolden
dies vehement bestritt und außer den beiden Aussagen keinerlei Beweise gegen
ihn vorlagen, half ihm nicht. In einem haarstäubenden Gerichtsverfahren wurde
er wegen versuchter Bestechung zu sechs Jahren Gefängnis verurteilt. Dass die
beiden Zeugen Mitglieder der Chicagoer Mafia waren und einer von ihnen später
zugab, für eine Falschaussage bezahlt worden zu sein, kam erst an den Tag, als
Bolden schon wieder entlassen worden war und 1978 vor dem HSCA seine Aussagen
machen konnte. Zuvor hatte der Investigativreporter Edwin Black schon die
Ergebnisse seiner auf Gesprächen mit Thomas Vallee basierenden fünfjährigen
Recherche präsentiert 14 ,
während der er zeitweise von Agenten der Defense Intelligence Agency (DIA)
beschattet worden war und unbekannte Einbrecher in seiner Wohnung seine
Unterlagen durchsucht hatten.
Kennedys Besuch in Chicago wurde am
Morgen des 2. November nur eine halbe Stunde vor dem geplanten Abflug in
Washington von seinem Sprecher abgesagt. Begründung: die kurz zuvor bekannt
gewordene Ermordung des südvietnamesischen Präsidenten Ngô Dình Diêm und dessen
Bruders. Erst nachdem die Nachricht des ausfallenden Besuchs nach Chicago
gemeldet worden war, nahmen die Agenten des Secret Service den seit dem 30.
Oktober unter Observation stehenden Thomas Vallee fest. Sie stoppten ihn in
seinem Ford Falcon, weil er, ohne den Blinker zu setzen, abgebogen war. In
seinem Kofferraum wurden 300 Schuss Munition gefunden, die er kurz zuvor
gekauft hatte, in seiner Wohnung ein M1-Gewehr und weitere Waffen – was
freilich zu dieser Zeit ebenso legal war wie hasserfüllte Drohungen gegen den
Präsidenten auszusprechen.
Warum der Zugriff auf Thomas Vallee
erst erfolgte, nachdem der Kennedy-Besuch abgesagt worden war und nachdem zwei der verdächtigen Scharfschützen entkommen und zwei weitere nach kurzem
Verhör und ohne irgendein Protokoll freigelassen worden waren, und warum über
seinen Fall keine Aufzeichnungen oder Informationen der Warren-Kommission
vorgelegt wurden und Abraham Bolden mit einer falschen Anklage daran gehindert
wurde, darüber etwas auszusagen – diese Merkwürdigkeiten lichteten sich erst
dank Edwin Blacks Recherchen: Thomas Vallee war als Sündenbock vorgesehen. Er
hatte eine labile Persönlichkeit, er war als Angehöriger des Marine Corps in
Japan stationiert, bei einer für die U-2-Überwachungsflugzeuge zuständigen Radarstation,
er hatte nach seiner Entlassung in einem CIA-Camp mit Anti-Castro-Aktivisten
trainiert und er hatte danach einen Druckerei-Arbeitsplatz in einem Hochhaus in
Chicago bekommen, an dem der Autotross des Präsidenten in
Schrittgeschwindigkeit eine 90-Grad-Kurve nehmen sollte.
Die Postkarte mit »Thank you« an den
Polizeileutnant Moyland, der ihn einige
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