JFK -Staatsstreich in Amerika
die Phase-eins-Geschichten keine Grundlage
hätten. …
Die gesamte Geschichte ist
komplex und verwirrend, mit vielen unbeantworteten Fragen. Aber nahezu
sämtliche dieser gezielt gestreuten Geschichten … passen in das einfache Muster
der Phase-eins-/Phase-zwei-Entwicklung.« 16
Die Phase eins hatte schon lange
vor den Schüssen auf Kennedy begonnen. Am 10. Oktober hatte die CIA-Station in
Mexico City das FBI über ein Foto und ein mitgeschnittenes Telefonat eines
US-Bürgers namens Lee Oswald informiert, der sich in gebrochenem Russisch auf
ein Gespräch in der dortigen sowjetischen Botschaft vom 28. September mit dem
Vizekonsul Valery Kostikov bezogen habe. Dass es sich dabei um eine Fälschung
handelte, teilte kein Geringerer als J. Edgar Hoover dem neuen Präsidenten am
23. November mit: »Wir haben hier das Tonband und das Foto des Mannes, der in
der sowjetischen Botschaft war und Oswalds Namen benutzte. Dieses Foto und das
Band stimmen weder mit der Stimme des Mannes überein noch mit seinem Aussehen.«
Bevor wir die Zurichtung Oswalds
zuerst zum KGB-Großverschwörer und dann zum verwirrten kommunistischen
Einzeltäter weiter verfolgen, ist hier eine entscheidende Wendung festzuhalten,
die erst durch das ARRB, den Ausschuss zur Sichtung der Morddokumente, Ende der
90er Jahren ans Licht kam: Seit seiner Rückkehr aus der Sowjetunion hatte
Oswald unter besonderer Beobachtung auf einer entsprechenden Beobachtungsliste
des FBI gestanden, der zufolge »jede Information oder Ermittlung« sofort an die
»Spionage-Abteilung, Division Fünf« weiterzuleiten war; plötzlich jedoch, am 9.
Oktober – einen Tag bevor das inkriminierende Kabel über einen Kontakt Oswalds
mit einem KGB-Mann in der sowjetischen Botschaft beim FBI eintraf –, wurde sein
Name von dieser Liste entfernt. Zwar strafte Hoover 18 Tage nach der Ermordung
Kennedys den zuständigen Beamten, Marvin Gheesling, dafür ab, doch dass ein
einfacher FBI-Mann in eigener Regie eine solche Streichung durchgeführt hat,
ist äußerst unwahrscheinlich. Sehr viel naheliegender ist da, was John Newman,
der wie kein anderer die zugänglichen Akten von CIA und FBI durchforstet hat,
vermutet: Am 16. September hatte das FBI der CIA ein Memo geschickt und darin
mitgeteilt, dass es verdeckte Operationen gegen das FPCC beginnen wolle 17 – also gegen jenes Pro-Castro-Komitee, das von
Oswald in Dallas gegründet worden war. Dessen Undercover-Tätigkeit sollte aber
nicht gefährdet werden, weil Oswald jetzt als KGB-Kontaktmann in den Akten
auftauchte.
Nach dem 10. Oktober wurde in den
Memos der CIA-Station in Mexico City kein Kontakt Oswalds mit dem KGB-Mann
Kostikov mehr erwähnt. Es war nur noch davon die Rede, dass Oswald in der
kubanischen und sowjetischen Botschaft wegen eines Visums für Kuba und die
Weiterreise in die Sowjetunion vorstellig geworden sei. Allerdings tauchten
weder Fotos des echten Oswald von den Überwachungskameras an beiden Botschaften
auf noch identifizierbare Mitschnitte seiner angeblichen Telefonate mit diesen
Botschaften. Die CIA behauptete schlicht, die Bänder seien schon vor der
Ermordung Kennedys routinemäßig gelöscht worden. Ein weiteres CIA-Memo über
Oswalds Aktivitäten in Mexico City, das am 25. November beim FBI eintraf und in
dem ein Zeuge davon berichtete, gesehen zu haben, wie Oswald in der kubanischen
Botschaft 6 500 Dollar übergeben worden seien, wurde von der CIA selbst einige
Tage später als unglaubwürdig dementiert.
Damit ging allem Anschein nach die
Phase eins der Vertuschung, in der mit der Behauptung einer Verschwörung
Oswalds mit den Sowjets bzw. Kuba die Gefahr eines dritten Weltkriegs und die
Notwendigkeit einer willfährigen Untersuchungskommission inszeniert wurde, in
die Phase zwei über, in der nur noch das bereits feststehende Ergebnis dieser
Untersuchung zementiert wurde: der Einzeltäter Lee Harvey Oswald. FBI-Chef
Hoover rief schon zwei Stunden nach dem Mord an dem Präsidenten bei Robert F.
Kennedy an und berichtete ihm über einen verrückten kommunistischen
Einzeltäter, den die Polizei in Dallas gerade verhaftet und noch nicht richtig
identifiziert habe. Keine zwei Wochen später verkündete Hoover der
Öffentlichkeit, dass keinerlei Hinweise auf Mittäter Oswalds gefunden worden
seien, und die bereits am 29. November einberufene Warren-Kommission, die keine
eigenen Ermittlungen anstellen durfte, sondern nur mit vom FBI bereitgestelltem
Beweismaterial und entsprechenden Zeugen arbeiten konnte,
Weitere Kostenlose Bücher