JFK -Staatsstreich in Amerika
von der Realität
mehrerer Schützen, also von einer Verschwörung, ausgeht.
Nein, die Mafia kann nicht allein
für den Kennedy-Mord verantwortlich gewesen sein, die Mobster agierten
keineswegs autonom. Sie waren allerdings an diesem Mord beteiligt, in ihn
einbezogen gewesen. Dafür spricht unter anderem:
• dass Carlos
Marcello, der Pate aus New Orleans, gegenüber seinen Vertrauten andeutete,
dafür gesorgt zu haben, »den Stein in meinem Schuh« zu entfernen – und damit
JFK meinte,
• dass Jimmy
Hoffa, der mafiose Chef der Teamster-Gewerkschaft, der im Fokus von Robert F.
Kennedys Ermittlungen stand, sich mehrfach mit dem Mord brüstete,
• dass Johnny
Roselli, der Freund des von Kennedy degradierten CIA-Topagenten William Harvey,
zerstückelt in einem Ölfass gefunden wurde, nachdem er 1976 vom Church-Komitee
des Kongresses, das illegale CIA-Operationen ermittelte, zur Aussage vorgeladen
worden war,
• dass Sam
Giancana, der Chicago-Boss der Mafia, der mit dem alten Kennedy bei der Wahl
von Jack kooperiert hatte und sich hereingelegt fühlte, ebenfalls ermordet wurde,
bevor er aussagen konnte.
Insofern sind auch Enthüllungen zu
bezweifeln, wie sie Sam und Chuck Giancana – Sohn und Neffe des alten Sam – in
einem 1992 erschienenen Bestseller vorbringen. Ihnen zufolge habe Giancana sen.
das Attentat geplant und dafür einen Mann namens Richard Cain angeheuert, der
die tödlichen Schüsse abgegeben habe. Der 1973 durch zwei Kopfschüsse ermordete
Cain war ein korrupter Polizeioffizier und Mitglied der Mafiasektion, die als
Chicago Outfit bekannt ist, und arbeitete als Informant auch für das FBI und
die CIA. Insofern liegen die Giancanas richtig, wenn sie schreiben, dass in
manchen Bereichen die CIA und die Mafia »ein und dasselbe waren« – doch weitere
Beweise für die Täterschaft Richard Cains haben sie nicht. 51
Wo tatsächlich zu suchen ist, wenn
man den wahren Tätern auf die Spur kommen will, zeigt sich an der Rolle, die
Robert Blakey in dem späteren Untersuchungsausschuss des Senats einnahm: die
eines geeigneten Ersatzmannes. Ursprünglich war als Chief Counsel des HSCA
nämlich Richard Sprague berufen worden, ein unabhängiger Jurist, der zu seiner
Zeit als Staatsanwalt in Philadelphia 69 von insgesamt 70 Mordfällen aufgeklärt
und zu einer Verurteilung gebracht hatte und der nun bei seiner Untersuchung
des Kennedy-Mords darauf bestand, auch CIA-Agenten unter Strafandrohung
vorzuladen und die Freigabe von Akten zu erzwingen. Dieser Untersuchungseifer
führte nach wenigen Wochen unter fadenscheinigen Vorwänden und durch
kolportierte Schmierengeschichten zu seiner Ablösung und Ersetzung durch den
»kooperationswilligen« Robert Blakey. Blakey – wir haben es bereits erwähnt –
fiel dann später aus allen Wolken, als er 2003 erfuhr, dass es sich bei dem für
die damalige HSCA-Kooperation mit der CIA zuständigen Agenten George Joannides
um jenen Mann handelte, der 1963 für die psychologische Kriegsführung in Miami
und jene Anti-CastroTruppe verantwortlich gewesen war, die Oswald direkt nach
dem Attentat als Kommunisten an den Pranger stellte. Damit sah Blakey »alles
unterminiert«, was seinem Ausschuss seitens der CIA mitgeteilt worden war. Und
er sah sich damit natürlich zugleich auch der Grundlage seiner »The Mob did
it«-Hypothese beraubt.
Insofern gilt es, sich von der »The
Mob did it«-Theorie zu verabschieden und ins Auge zu fassen, dass dieser Mord
nur aus der Symbiose von CIA und organisierter Kriminalität erklärbar ist. Der
Schwanz wedelt niemals mit dem Hund, sondern umgekehrt. Das heißt, selbst wenn
die Idee zu diesem Attentat von den Bossen der Mafia ausgebrütet worden wäre,
die sich rächen und sich die Verfolgung durch den Generalstaatsanwalt vom Hals
halten wollten, oder von radikalen Exilkubanern, die in Kennedy ein Hindernis
für die Rückeroberung der Insel und die Beseitigung Castros sahen, oder von den
rabiaten Rassisten aus dem Süden und den Kreisen der texanischen Ölmilliardäre,
die in Kennedys Einsatz für die Gleichberechtigung der Afroamerikaner den
Untergang des Abendlands eingeläutet sahen – dieser erste Plan, den Präsidenten
zu beseitigen, von wem auch immer entwickelt, wäre so, wie er sich am 22.
November 1963 und danach entfaltete, niemals durchführbar gewesen. Auch wenn
sowohl die Mafia als auch die paramilitärisch trainierten Exilkubaner als auch
der Ku-Klux-Klan und die militanten Rassisten der »Minutemen« über
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