JFK -Staatsstreich in Amerika
die
ausreichende Expertise für eine solche Gewalttat verfügten – um nach den
Schüssen auf der Dealey Plaza ungeschoren davonzukommen, brauchte es mehr als
die blutige Handwerkskunst des kriminellen Untergrunds. Es brauchte Unterstützung
von oben, Deckung seitens der Behörden, Unterstützung im Namen des Staats. Es
brauchte Figuren wie J. Edgar Hoover und sein FBI, die nach zwei Tagen den
Einzeltäter Oswald zementierten, wie Lyndon B. Johnson im Weißen Haus, der die
Willfährigkeit des staatlichen Untersuchungskomitees garantierte, wie Allen
Dulles, der die Nicht-Ermittlung der Warren-Kommission sicherstellte, und wie
seine Nachfolger bei der CIA, die die Vor- und Nachbereitung des Attentats und
des Täters orchestrierten. Erst diese Symbiose aus kriminellen Elementen und
staatlicher Autorität machten den Mord an John F. Kennedy und seine nunmehr
fünf Jahrzehnte währende NichtAufklärung möglich.
Und diese fatale Eintracht von
gewalttätigen Kriminellen und höchster staatlicher Autorität berechtigt ohne
Zweifel dazu, diesen Präsidentenmord als Staatsstreich zu bezeichnen. Als Coup
d’État, mit dem die staatlichen Machtverhältnisse nachhaltig geändert und zu
dessen Sicherstellung in der Folge noch zwei weitere Protagonisten der von
Kennedy eingeschlagenen Politik gewaltsam beseitigt wurden: sein Bruder Robert
und Martin Luther King, der Führer der schwarzen Bürgerrechtsbewegung.
Das Politiklexikon von Klaus
Schubert und Martina Klein definiert den Begriff »Staatsstreich« als
»verfassungswidrigen (gewaltsamen) Umsturz, mit dem es bereits an der Macht
Beteiligten (z.B. Militärs) gelingt, die gesamte Staatsgewalt zu übernehmen«.
Fragen wir uns daher, welche Rolle das Militär bei diesem Coup d’État spielte.
Wir erinnern uns: Der Politikwandel,
den Kennedy eingeleitet und in seiner weltweit Aufsehen erregenden Rede vom 10.
Juni 1963 vor der Washington University unterstrichen hatte, hatte in Kreisen
des Militärs, der Joint Chiefs und bei den Falken der Republikaner und seiner
eigenen Partei regelrechte Schockwellen ausgelöst. Nicht nur die CIA, deren
verdeckte Operationen er unter Kontrolle zu bekommen versuchte, die rabiaten
Exilkubaner, deren Eroberungsplänen er mit seinem diplomatischen Deal mit
Chruschtschow einen Riegel vorgeschoben hatte, und den auf Rassentrennung
bestehenden Rechtsradikalen des Südens, die seine Bürgerrechtspolitik als
Verrat empfanden, hatte Kennedy verprellt. Mit seiner Absage an das Wettrüsten,
die auf dumpfer antikommunistischer Ideologie basierende Konfrontation des Kalten
Kriegs und seinen Dekreten zum Abzug der amerikanischen Truppen aus Vietnam
hatte Kennedy begonnen, an der Geschäftsgrundlage der einflussreichsten
Machtgruppe des Staats zu rütteln: der des Militärs und der von dessen
Milliardenaufträgen abhängigen Industrie. Dass der neue Präsident Johnson schon
wenige Tage nach dem Attentat Kennedys Deeskalationsstrategie beendete und das
massive militärische Engagement der USA in Vietnam auf den Weg brachte, was dem
militärisch-industriellen Komplex in den folgenden Jahren Aufträge in Höhe von
mindestens 111 Milliarden Dollar (nach heutiger Währung ca. 750 Milliarden)
bescherte, könnte die Frage nach dem »Cui bono?« dieses gewaltsamen
Politikwechsels recht eindeutig beantworten. 52
Doch einen Beweis für die
Mittäterschaft des Militärs in Dallas liefert dieses Motiv natürlich ebenso
wenig wie die Tatsache, dass der 18-jährige Lee Harvey Oswald während seiner
Zeit auf der Atsugi Air Force Base in Japan als Agent des Office of Naval Intelligence
(ONI) rekrutiert wurde, Russisch lernte und später im Rahmen von James
Angletons CIA-Programm als falscher Überläufer in die Sowjetunion ging.
Definitiv belegen lässt sich die Rekrutierung Oswalds durch den militärischen
Geheimdienst nicht mehr, da das Pentagon 1973 sämtliche Personalakten Oswalds
vernichten ließ 53 , allerdings deuten
einige weitere Indizien auf einen Zusammenhang des Militärs mit dem
Kennedy-Mord hin.
Das erste Verhör von Oswalds Ehefrau
Marina nach dem Attentat wurde nicht, wie eigentlich zu erwarten, von der
Polizei in Dallas, vom Secret Service oder vom FBI geführt, sondern von Jack
Crichton, einem Reserveoffizier des Militärgeheimdienstes, der als Übersetzer
einen Angehörigen der weißrussischen Gemeinde in Dallas, Ilya Mamantov,
hinzuzog. Wie Dick Russell und andere Autoren gezeigt haben, waren es die alles
andere als wörtlichen Übersetzungen
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