Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Jillian Hunter

Jillian Hunter

Titel: Jillian Hunter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Viel Lärm um Stratfield
Vom Netzwerk:
ungenutzten Flügels von Stratfield Hall entlang, ein lebender Geist, der in seinem eige- nen Haus spukte. Wer hätte daran gedacht, in den Geheimgän- gen desselben Hauses nach ihm zu suchen, in dem er ermordet worden war? Er genoss die bittere Ironie, die darin lag, ebenso wie die Tatsache, dass das ganze Dorf ihm herrlich boshafte Taten zuschrieb. Die Gerüchte könnten seinen Plänen sogar noch recht dienlich sein.
    Wenn er mit seiner eigenen Dummheit nicht alles zerstörte. Er hätte diese verdammte Nachricht nicht zurücklassen dürfen. Er wusste sehr genau, wann sie ihm aus der Tasche ge- fallen sein musste. Als die bezaubernde Chloe ihn zur Hälfte

entkleidet und ihn auf eine Art und Weise mit ihren geschick- ten weißen Händen berührt hatte, dass ihm vor Lust der Atem gestockt hatte. Wie sehr er sich danach gesehnt hatte, sie wür- de seinen Körper weiter erforschen!
    Und jetzt hielt sie einen Brief in ebenjenen damenhaften Händen, der möglicherweise all seine Pläne zerstören konnte, oder auch nicht, je nachdem, was darin stand. Würde sie ihn irgendjemandem zeigen?
    Würde sie sein Geheimnis wahren?
    Oder würde sie den Zettel wegwerfen, weil sie das Ganze für unverständlichen Blödsinn hielt? Er fragte sich, ob die Schwester von Lieutenant Colonel Lord Heath Boscastle die verschlüsselte Botschaft als solche erkennen würde. Er war sich selbst nicht sicher, wie wichtig sie vielleicht sein könnte oder wer sie geschrieben hatte. Alles, was er wirklich wusste, war, dass sie in Samuels Armeejacke eingenäht gewesen war. Sein Bruder hätte sich nicht so viel Mühe gegeben, den Brief zu verstecken, wenn er bedeutungslos gewesen wäre.
    Er ließ seine Hand über die Wand gleiten und drückte den Hebel, der hinter einem rauen Stein neben dem Kamin verbor- gen war. Ein dunkler, leerer und wenig verlockender Gang tat sich vor ihm auf. Dazu war er also geworden: zu einer Krea- tur der Dunkelheit, die umherschleichen und sich verstecken musste, während sein Feind an seinem Tisch schlemmte, seine Mätresse beschlief und plante, sein Vermögen auszugeben. Er trat in den Gang und wartete, bis seine Augen sich an die Dunkelheit und seine Nase sich an die schale, abgestandene Luft gewöhnt hatten. Unwillkürlich fasste er nach seiner Pis- tole, falls in der Dunkelheit irgendwelche unangenehmen Überraschungen auf ihn warteten. Seit seinem „Mord" war er so schreckhaft geworden wie eine Jungfrau. Die Pistole ver- lieh ihm ein gewisses Maß an Sicherheit.
    Seine Finger fanden aber nicht den glatten Ebenholzgriff der Pistole, sondern die unerträglich weiche Chemise einer Frau.
    Das Unterkleid war aus dem Fenster gefallen, als Dominic sich verstohlen davongemacht hatte. Da er seiner charman- ten, wenn auch unwilligen Gastgeberin keine Unannehmlich- keiten bereiten wollte, hatte er sich die Chemise einfach in

den Hosenbund gestopft, bevor er das Anwesen verlassen hatte. Die Frau würde sicherlich auch ohne seine Hilfe oft ge- nug in Schwierigkeiten geraten.
    Er untersuchte den feinen Stoff. Ein Schatz, den er in seine Höhle bringen konnte. Er lächelte sanft. Nicht, dass er etwas benötigte, um sich an Chloe zu erinnern. Sein Körper schien wie ein einziges schmerzhaftes Denkmal an sein Verlangen nach ihr.
    Es schien, als wäre er nicht ganz so tot, wie er gehofft hatte.
    Er begann, die grauenvoll schiefen Steintreppen hinunter- zugehen, die zu einem Tunnel unter dem Haus führten. Zahl- lose Stunden hatte er damit verbracht, dort zu sitzen und bei Kerzenschein die verschlüsselte Nachricht zu studieren, die das Einzige war, was ihm von seinem Bruder geblieben war.
    Sie musste einfach wichtig sein. Dominic hatte verzweifelt versucht, den Code zu entschlüsseln, nachdem er bei seinen Erkundigungen nicht einen Schritt weitergekommen war.
    Samuels Diener hatte Dominic in seinem Verdacht bestärkt. Durch andere britische Soldaten hatte der ihm die heimliche Nachricht zukommen lassen, dass sein Herr sich vor seinem Tod in Nepal im Stillen mit anderen Männern getroffen hat- te.
    In der Hoffnung, mehr zu erfahren, hatte Dominic persön- lich mit dem Vertreter der britischen Verwaltung in Nepal kor- respondiert, später sogar auch noch mit General Ochterlony. Er war einige Male nach London gereist, um sich mit den Di- rektoren der East India Company zu treffen und jene aufzu- suchen, die Kontakt zu Lord Moira - dem britischen Oberbe- fehlshaber in Indien - hatten.
    Sie alle konnten ihm nicht weiterhelfen und gaben ihm

Weitere Kostenlose Bücher