Jim Knopf und die Wilde 13
passen.“
„Nein“, meinte Lukas, „das hört sich ja
an, als ob einer das Wort Lokomotive nicht richtig aussprechen kann. Wir müssen
einen vernünftigen Namen finden. Andere Erfinder haben ihre Werke meistens nach
dem benannt, was das Besondere an ihrer Erfindung war. Jetzt hab ich’s! Wir nennen
unsere Erfindung ,Perpetumobil’.“
„Was bedeutet das?“ erkundigte sich Jim
und wurde ganz aufgeregt.
„Es bedeutet“, erklärte Lukas, „daß es
ganz von allein immer weiter funktioniert und niemals Kohlen oder Benzin oder
dergleichen braucht. Viele Erfinder haben sich schon den Kopf zerbrochen, wie
man so ein ,Perpetumobil’ bauen könnte. Aber sie haben es nicht herausgefunden.
Wenn wir unsere Erfindung ,Perpetumobil’ nennen, dann wird jeder wissen, daß
wir dieses Problem gelöst haben. Was hältst du davon?“
„Wenn es so is’“, sagte Jim ernst,
„dann find’ ich auch, wir nennen es am besten ,Perpetumobil’.“
„Gut“, nickte Lukas schmunzelnd, „dann
wäre diese Frage also geklärt. Aber jetzt habe ich noch eine besondere Probe
mit unserm ,Perpetumobil’ vor, eigentlich die Hauptsache. Halt dich fest, Jim,
es geht los!“
Mit diesen Worten richtete Lukas den
Mast auf, so daß er senkrecht stand. Die Eisenbrocken hingen an dem Querbalken
direkt über der Lokomotive. Lukas zog an der rechten Leine.
Das Erstaunliche geschah!
Erst langsam, dann immer schneller, hob
sich die schwere Emma aus dem Wasser, schwebte über den Wogen, einen Meter,
zwei, drei... Wie in einem Fahrstuhl ging es aufwärts. Jim klammerte sich vor
Schreck und Staunen an seinem großen Freund fest und starrte mit kugelrunden
Augen auf das Meer hinunter.
Auch Lukas war überrascht. Am Gelingen
dieses Versuchs hatte er selbst etwas gezweifelt. Aber der Erfolg war nicht zu
leugnen: Das „Perpetumobil“ konnte nicht nur aus eigener Kraft fahren, es
vermochte sogar sich in die Lüfte zu erheben!
„Das ist ein großer Augenblick, Jim“,
murmelte Lukas feierlich.
„Ja“, antwortete Jim, „ich glaub’
auch.“
Als sie etwa zwanzig Meter über der
Meeresoberfläche schwebten, ergriff ein heftiger Windstoß das „Perpetumobil“
und trug es ein Stück mit sich fort, denn da die Lokomotive ja nun keinen
festen Boden mehr unter den Rädern hatte und frei in der Luft hing, war sie den
Winden ebenso ausgeliefert wie ein Schiff den Strömungen des Wassers.
Lukas versuchte zu steuern. Er neigte
den Mast ein wenig nach rechts, das „Perpetumobil“ folgte augenblicklich der
Gewalt der Anziehungskraft und kehrte auf seine vorige Stelle zurück. Aber
immer noch stieg Emma. Sie waren jetzt schon schätzungsweise fünfzig Meter
hoch. Jim wagte nicht mehr in die Tiefe zu blicken, weil ihm dabei schwindelig
wurde.
Lukas war durch den geglückten
Steuerungsversuch etwas kühner geworden und begann mit dem „Perpetumobil“ in
der Luft große Schleifen und Kurven zu beschreiben, indem er den Mast einmal
hierhin, einmal dorthin neigte. Wenn er ihn weit genug herunterklappte, dann
nahm natürlich sofort das Tempo in der angegebenen Richtung ungeheuer zu, dafür
hörte die Lokomotive aber auf zu steigen. Ja, er konnte sie sogar wie im
Gleitflug wieder in die Tiefe schießen lassen. Bei diesen tollen Flugübungen
überkam Jim allerdings ein ziemlich unangenehmes Gefühl in der Magengegend, und
der armen Emma verging Hören und Sehen. Ans Schwimmen hatte sie sich ja schon
wohl oder übel gewöhnt, aber daß sie nun sogar noch durch die Luft flog wie ein
Vogel, schien ihr mit der Bravheit einer ehrbaren Lokomotive ganz und gar nicht
vereinbar.
Schließlich ließ Lukas das
„Perpetumobil“ wieder auf die Meeresoberfläche nieder. Durch einige geschickte
Manöver gelang es ihm, das rasende Tempo soweit abzubremsen, daß er auf dem
Wasser aufsetzen konnte. Der Gischt am Bug der Emma spritzte wie der Schnee vor
einem Riesenschneepflug. Dann stellte er den Magneten vorsichtshalber ab und
ruderte zu den eisernen Klippen zurück, von denen sie sich ziemlich weit
entfernt hatten.
„Die kleine Meerprinzessin is’ immer
noch nicht zurückgekommen“, stellte Jim fest, als sie ihren Anlegeplatz
erreichten, „die Zügel von den Walrössern liegen noch genauso da wie vorher.“
„Das habe ich mir gedacht“, knurrte
Lukas, „Meerleute haben großzügige Zeitbegriffe.“
„Aber wir können doch nicht hundert
Jahre warten“, meinte Jim besorgt, „wir müssen doch Herrn Tur Tur holen.“
„Stimmt!“ bestätigte Lukas. „Und
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