Jinx - der verfluchte Liebeszauber
war …
… na ja, meine Vergangenheit.
Und Tory.
Aber ich vermied es, mit ihm über sie zu sprechen. Denn ich wusste nach wie vor nicht, ob ihm klar war, wie sehr sie in ihn verliebt war – oder ob er (die Sache mit der Hexerei mal beiseitegelassen) theoretisch Interesse an ihr hatte. Ehrlich gesagt konnte ich mir nicht vorstellen, dass es überhaupt einen Jungen gab, dem es nicht geschmeichelt hätte, wenn ihn ein so hübsches Mädchen wie Tory anhimmelte.
Aber ich konnte ihn nicht darauf ansprechen, weil wir mittlerweile zwar befreundet waren, aber uns doch nicht so gut kannten, dass ich Torys Verliebtheit hätte erwähnen können – und definitiv auch nicht gut genug, als dass ich ihm hätte sagen können, aus welchem Grund ich ins East Village wollte.
»Du musst nicht mitkommen«, sagte ich hastig. »Es genügt, wenn du mir sagst, wie ich zur Ecke 9. Straße zwischen 1. und 2. Avenue komme.«
»Vergiss es.« Zack schüttelte den Kopf. »Ich lasse dich ganz bestimmt nicht mutterseelenallein ins East Village fahren. Es hat schließlich einen Grund, dass die Leute dich Jinx nennen. Ich will mir gar nicht vorstellen, was dir unterwegs alles zustoßen könnte.«
»Aber …«
»Keine Widerrede. Wenn du glaubst, ich würde Rotkäppchen erlauben, ganz allein in den tiefen dunklen Wald zu gehen, bist du verrückt.« Er hakte sich bei mir unter und drehte mich in die andere Richtung. »Erstens schulde ich dir lebenslange Sklavendienste, weil du mir das Leben gerettet hast, und zweitens geht es zum U-Bahnhof hier lang.«
Im Grunde war es alles andere als romantisch, dass er mich Rotkäppchen genannt hatte. Zumal ich ja wusste, dass er sich nicht im Mindesten für eine rothaarige, Geige spielende Pfarrerstochter interessieren würde, solange es auch nur die entfernteste Chance gab, dass er eine blonde, superhübsche angehende Physiotherapeutin zur Freundin haben könnte.
Ich hatte also keine Ahnung, warum mich jetzt ein absurdes Glücksgefühl durchströmte, das die gesamte U-Bahn-Fahrt bis ins East Village anhielt. Ich war sogar so glücklich, dass ich meine Wut auf Tory völlig vergaß – und auch mein schlechtes Gewissen darüber, dass ich kurz davorstand, mein mir selbst gegebenes Versprechen zu brechen. Der Waggon, in den wir uns quetschten, war um diese Zeit proppenvoll, aber ich nahm die vielen fremden Menschen um uns herum gar nicht wahr, genauso wenig wie die Obdachlosen, die um einen Vierteldollar bettelten, die Schilder, auf denen die Fahrgäste vor Taschendieben gewarnt wurden, oder die Polizisten mit den Sprengstoff-Spürhunden auf den Bahnsteigen – alles Dinge, die mich normalerweise in
Panik versetzt hätten … wenn Zack nicht an meiner Seite gewesen wäre.
Nein, es hatte keinen Sinn, es zu leugnen. Ich war rettungslos in ihn verliebt – ganz egal ob er sein Herz schon an eine andere verloren hatte. Ich hatte mich in dem Moment in ihn verliebt, in dem er gesagt hatte: »Ich steh ziemlich auf Robben.«
Erst als wir die 9. Straße entlanggingen, fiel mir wieder ein, dass Zack mich für extrem merkwürdig – oder ernsthaft gestört – halten würde, wenn er sah, in was für eine Art von Geschäft ich gehen wollte.
Je näher wir dem Gebäude kamen, desto mehr verlangsamte ich meine Schritte. Ich konnte schon das Ladenschild sehen, das die Form einer Mondsichel hatte und neben einer schwarzen Markise hing, auf der mit goldener Schrift Enchantments stand. Was sollte ich Zack antworten, wenn er mich fragte (was er zweifellos tun würde), was ich in einem Fachgeschäft für… na ja, Hexereibedarf wollte?
Er erzählte mir gerade begeistert von einem Dokumentarfilm, den er am Abend vorher im Fernsehen gesehen hatte, in dem es um Schönheitschirurgen gegangen war, die in Dritte-Welt-Ländern kostenlos Kinder mit Hasenscharten und anderen Missbildungen operierten. Zack liebte Dokumentarfilme und wollte nach seinem Schulabschluss selbst Film an der NYU studieren, um später in der Arktis zu drehen und zu zeigen, wie der Lebensraum der Tiere dort durch die Menschen immer weiter zerstört wurde. Wir waren auch schon
zusammen im Zoo im Central Park gewesen, wo er mir seine geliebten Robben gezeigt hatte. Er kannte jede Einzelne ganz genau und wusste sogar, wie sie hießen.
Obwohl die Dokumentation sicher sehr interessant gewesen war, hörte ich nur mit halbem Ohr zu und versuchte mir einzureden, dass es ihm völlig egal sein würde, in was für ein Geschäft ich gehen wollte.
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