Jinx und der magische Urwald (German Edition)

zusammengebissenen Zähnen.
     
    Zwei Wochen waren vergangen, und noch immer war Simon nicht aufgetaucht. Der Knochenmeister hatte Jinx nicht noch einmal genötigt, mit Simon zu reden. Aber er hielt sein Versprechen und machte Jinx zu seinem Diener.
    Jinx seihte wieder einmal Drachenblut durch, eine Arbeit, die er hasste. Man musste mit den Fingern die Klumpen aus dem Sieb nehmen. Das Zeug roch wie ein Dorf voller Leichen.
    Elfwyn half dem Knochenmeister, einen Zaubertrank zu brauen. Sie half ihm
ständig
.
    »Hier, klemm das Fläschchen fest«, sagte der Knochenmeister. »Halt es über die Flamme und schüttele es vorsichtig. Ausgezeichnet. Du würdest einen viel besseren Zauberer abgeben als Jinx.«
    Jinx goss noch mehr Blut ins Sieb und sah zu, wie es in das Glas darunter tröpfelte. Der Knochenmeister behandelte seine drei Gäste ganz unterschiedlich: Elfwyn freundlich, Reven höflich und Jinx tyrannisch. Jinx tat, was von ihm verlangt wurde, und hoffte immer, dass er möglichst wenig Zeit mit dem Knochenmeister im selben Raum verbringen musste.
    Vor allem, wenn Elfwyn sich mal wieder bei ihm einschleimte.
    »Können Mädchen denn Zauberer werden?«, fragte Elfwyn.
    Der Knochenmeister strahlte sie an. »Aber ja. In der Vergangenheit hat es sehr mächtige Zauberinnen gegeben.«
    »Und jetzt nicht mehr?«
    »Jetzt gibt es überhaupt keine wirklich mächtigen Zauberer mehr«, sagte der Knochenmeister. »Nicht so wie damals. Nicht, seit wir unser Wissen um die Samara-Magie verloren haben.« Er ballte eine Hand zur Faust. »Wir hätten die Bibliotheken gewaltsam erobern sollen. Wir hätten alle Bücher mit in den Urwald nehmen sollen. Nimm das aus der Flamme, Liebes. Jetzt vorsichtig schwenken – nichts verschütten … bis es abgekühlt ist. Beeil dich mit dem Drachenblut, Jinx!«
    »Es läuft so schnell durch, wie es läuft«, sagte Jinx.
    »Dann mach das Sieb sauber!«
    Jinx schüttete Blut zurück und ging mit dem Sieb zum Waschbecken.
    »Jetzt hast du überall Blut auf den Boden getropft!«, sagte der Knochenmeister.
    »Wie geht Samara-Magie, Knochenmeister?«, fragte Elfwyn.
    »Ich bin nicht in der glücklichen Lage, darüber Bescheid zu wissen«, sagte der Knochenmeister. »Aber sie unterscheidet sich so sehr von Zaubermagie wie Zaubermagie von Urwaldmagie.«
    »Ist der Zaubertrank schon fertig?«, fragte Elfwyn.
    »Nein, Liebes, es kommt noch ein halber Fledermausflügel dazu. Du findest einen im obersten Regal.«
    Elfwyn wollte die Trittleiter holen, aber der Knochenmeister sagte: »Jinx holt sie dir, Liebes.«
    Jinx wischte sich das Blut an den Kleidern ab und holte die Stehleiter.
    »Wir wissen alle von Samara«, sagte der Knochenmeister zu Jinx. »Aber die Durchgänge wurden vor über hundert Jahren versperrt, als Magie in Samara verboten wurde. Und wenn du mir erzählst, dass du wirklich dort warst, finde ich das außerordentlich interessant. Wie bist du dorthin gekommen?«
    »Ich weiß es nicht genau«, sagte Jinx. Er zog die Leiter zum Regal. »Ich hab mich irgendwie verlaufen, und auf einmal war ich da.«
    »Hm. Und wo genau warst du, bevor du dich verlaufen hast?«
    »Ich weiß nicht. Hier und dort.«
    »Und hast du irgendeinen Zauberspruch gesagt, als du dich verlaufen hast?«
    Wissen ist Macht. Aber das war Samara-Magie, über die der Knochenmeister nicht Bescheid wusste. »Nein, das ist einfach so passiert«, sagte Jinx.
    »Und wie bist du wieder zurückgelangt?«
    »Simon ist gekommen und hat mich geholt.«
    »Geht Simon oft nach Samara?«
    »Weiß ich nicht.« Jinx fasste in den Tonkrug mit der Aufschrift »Fledermausflügel«. Im Labor des Knochenmeisters war alles sauber und ordentlich. Ganz anders als in Simons Werkstatt.
    »Aber du musst doch merken, ob er zu Hause ist oder nicht.« Der Knochenmeister nahm Jinx den Krug ab. »Hier, und jetzt einen halben Flügel im Mörser zermahlen, Liebes.«
    Jinx zuckte mit den Achseln. »Ich achte nicht so auf Simon. Ich mache nur bei ihm sauber.«
    »Kümmere dich wieder um das Drachenblut, ehe es verklumpt. Also, wenn ich Zugang zu solchen Geheimnissen gehabt hätte wie du, dann hätte ich ganz genau aufgepasst. Und Elfwyn bestimmt auch.«
    »Was würden Sie machen, wenn Sie nach Samara könnten?«, fragte Elfwyn den Knochenmeister.
    »Was ich machen würde? Wenn ich nach Samara könnte, in die Bibliotheken? Ich würde natürlich alles über Magie lernen, was ich könnte. Wissen ist Macht.«
    Jinx zuckte zusammen und ließ das Glas mit Drachenblut zu