Jinx und der magische Urwald (German Edition)
Boden fallen.
Der Knochenmeister drehte sich um und verpasste Jinx eine Ohrfeige, ganz nebenbei. Das tat er oft.
Jinx hielt sich das brennende Ohr, starrte auf das verschüttete Blut und versuchte betreten dreinzuschauen.
»Also wirklich, Jinx«, sagte der Knochenmeister. »Manchmal ist es kaum zu glauben, dass Simon dich als Lehrling ausgesucht hat. Selbst wenn du vogelfrei im Wald herumgeirrt bist.«
Jinx wünschte, der Knochenmeister würde nicht immerzu von Simon reden. Der Gedanke an Simons Verrat tat immer noch weh. Simon war nicht gekommen, was bedeutete, dass es ihm egal war, was mit Jinx geschah, und das wiederum bedeutete, dass es vermutlich stimmte, was der Knochenmeister über Jinx’ Leben, Simons Bosheit und alles andere gesagt hatte.
»Ich war nicht sein Lehrling«, sagte Jinx. »Bloß sein Diener.«
»Was auch immer du warst, du warst ein großer Teil seiner Macht«, sagte der Knochenmeister. »Er weiß genau, dass dein gefangenes Leben sehr viel weniger wert sein wird, wenn du erst mal tot bist. Warum ist er noch nicht aufgetaucht?«
»Ich weiß nicht«, sagte Jinx und versuchte sich seine Wut nicht anmerken zu lassen. Sein Ohr brannte immer noch. Er hatte nicht daran gedacht, dass Simon ihn ja lebend brauchte – und das wäre der einzige Grund, weshalb Simon ihm vielleicht zu Hilfe kommen würde.
»Willst du jetzt endlich das Drachenblut aufwischen oder nicht? Kannst du nicht mal irgendwas erledigen, ohne dass man es dir sagen muss?«
Zornig ließ Jinx das Blut vom Fußboden in den Krug schweben – einfach so, ohne darüber nachzudenken.
Er hatte kaum Zeit, seinen Fehler zu bemerken, als der Knochenmeister ihn packte, am Kragen hochhob und gegen die Wand schleuderte.
»Für jemanden, der nicht mal ein Zauberlehrling ist, war das aber gar nicht schlecht. Du zapfst wohl meine Machtquelle an, was?«
Jinx konnte nicht antworten – der Schlag hatte ihm den Atem geraubt, und der Knochenmeister schnürte ihm mit dem Kragen die Kehle zu. Ihm wurde schwarz vor Augen, alles verschwamm.
»Wag das nicht noch mal«, sagte der Knochenmeister und drückte noch fester zu. »Diese Macht gehört mir.«
Er ließ Jinx los, und Jinx rutschte an der Wand zu Boden. Der Knochenmeister stand drohend über ihm. Jinx rappelte sich auf und hob die Fäuste, um sich zu verteidigen.
»Wofür brauchen Zauberer Macht?«, fragte Elfwyn schnell.
Der Knochenmeister wandte sich von Jinx ab und strahlte Elfwyn an. »Ach, mein Liebes, die macht uns doch überhaupt erst zu Zauberern. Die meisten Menschen werden ihr Leben lang von den Umständen beherrscht. Wir Zauberer dagegen verändern die Umstände. Wir lassen etwas geschehen.«
Er schaute auf den Fledermausflügel, den Elfwyn zu Pulver zermahlen hatte. »Ausgezeichnet. Jetzt müssen wir den Trank eine Stunde ziehen lassen, und zufälligerweise ist es gerade Zeit für mein Nickerchen.«
»Ich mache Ihnen einen Schlummertrunk, Knochenmeister«, sagte Elfwyn.
»Danke, mein Liebes. Und du machst hier sauber, Jinx!«
Sie gingen. Jinx schob sich von der Wand weg. Er schnappte immer noch nach Luft. Er trat fest gegen die Wand. Jetzt tat ihm der Fuß weh. Er hasste den Knochenmeister, und für Elfwyn hatte er auch nicht gerade freundliche Gefühle.
Er ging zum Fenster und starrte hinaus. Er konnte Reven nicht sehen, aber wahrscheinlich war er irgendwo da draußen und schaute sich um. Mit ihrem Plan kamen sie nicht besonders gut voran. Reven hatte weder die Brücke noch irgendeinen anderen Weg nach unten gefunden.
Er nahm einen Lappen und schrubbte die letzten Blutspritzer vom Boden. Dann stellte er den Krug mit Fledermausflügeln zurück aufs Regal und achtete darauf, dass er in einer ordentlichen Reihe mit den anderen Krügen stand. Wenn nicht, würde es dem Knochenmeister auffallen. Für ihn musste alles ganz exakt und gleichmäßig sein. Sein Mittagsschlaf dauerte immer exakt dreißig Minuten. »Ohne einen genauen Zeitplan bringt man nichts zustande«, pflegte er zu sagen.
Die Tür knarrte, und Elfwyn kam herein.
Schnell lief sie zu Jinx und schaute seinen Hals an. »Wie geht es dir? Wenn er dir doch nicht immer wehtun würde!«
Jinx schob sie beiseite. »Warum sagst du ihm das nicht, anstatt dich bei ihm einzuschleimen?«
»Damit er denkt, ich bin auf seiner Seite«, sagte Elfwyn.
»Er hätte mich umbringen können!«
»Na, ich hab’s doch geschafft, dass er dich in Ruhe lässt, oder?«
»Ich mache Ihnen einen Schlummertrunk, Knochenmeister«, äffte
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