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Joanna Bourne

Joanna Bourne

Titel: Joanna Bourne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Die Geliebte des Meisterspions
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Eurem Munde klingt.« Solche Worte konnten nur von der Kurtisane stammen, deren Geist sie erfasst hatte. »Bei den englischen Frauen dürften Eure Methoden sehr erfolgreich sein, nicht wahr?« Als Kurtisane konnte sie eine Unbekümmertheit erreichen, als zöge sie sich jede Nacht vor den Augen eines anderen Mannes aus. »Wenn Ihr schon nicht hinausgeht, dreht Euch zumindest um.«
    »Aus Rücksicht auf Euer Schamgefühl?«
    »Es ist doch nur ein kleiner Gefallen, um den ich Euch bitte. An Demütigungen bin ich nicht so sehr gewöhnt, wie Ihr wohl glaubt.« Die Schutzhülle ihrer Rolle bekam Risse und ließ Scham und Angst durchschimmern. Selbst wenn sie eine Woche Zeit zum Üben gehabt hätte, wäre es ihr nicht besser gelungen.
    »So viel sei Euch gewährt.«
    Sie hörte ein Rascheln, als er sich bewegte. Nun musste sie sich ausziehen. Es war schwer, die Hure zu spielen, in diesem ersten von mehreren schwierigen Akten. Sie zog sich das Hemd über den Kopf und offenbarte ihre Nacktheit. Vielleicht war es im Zimmer dunkel genug, damit er nichts sehen konnte. Vielleicht hatte er ihr sogar den Rücken zugewandt, wie er es gesagt hatte. Wenn nicht, war er durch ihren Körper – wie es die Männer normalerweise waren – hoffentlich genügend abgelenkt und bemerkte nicht so genau, was sie da tat.
    Jetzt. Nicht mehr zögern. Jetzt.
    Eins, zwei, drei. Sie warf das Hemd auf den Tisch, um dann darunter unbemerkt den schweren Messingkerzenständer hervorzuholen. Wie eine Keule riss sie ihn hoch, wirbelte zu Grey herum, machte einen Satz in die Richtung, aus der sein Atmen kam und schlug zu.
    Daneben.
    Sie verlor das Gleichgewicht und stolperte. Wo war er nur? Sie lauschte. Wo?
    Ein feines Zischen. Dann stürzte sich der Schmerz auf ihr Handgelenk. Sie ließ die Waffe fallen. Sein Fuß hatte ihr Handgelenk getroffen, den Knochen. Der Kerzenleuchter polterte über den Boden.
    »Sapristi!« Welch höllischer Schmerz. Was für eine Katastrophe. Sie hatte sich schwer verschätzt. Sofort wich sie wehrlos und nackt vor ihm zurück und schüttelte die Hand, um die Taubheit loszuwerden. »Ihr seid schnell, Monsieur.«
    »Schnell genug.«
    Noch einen Schritt rückwärts. Hier war der Tisch. Le bon Dieu sei Dank. Sie hastete auf die andere Seite und streckte die Hand aus, bis sie Seide fühlte. Das Nachthemd. »Ihr habt nicht weggeschaut. Wie hinterlistig.«
    »Wollen wir wirklich über Hinterlist reden?«
    »Das ist tatsächlich ein Problem zwischen uns.«
    Mit nur einer Hand mühte sie sich fieberhaft mit dem Nachthemd ab. Es war äußerst wichtig, dass sie es anzog. Sie bekam das richtige Ende zu fassen, zog es über den Kopf und steckte erst den einen und dann den anderen Arm durchs Ärmelloch. Hier war das Band. Gut. Sehr gut. Mit unsicheren Fingern machte sie eine Schleife.
    Er kam um den Tisch herum und drängte sie mit langsamen, bewusst langsamen Schritten zurück. Sie war nicht so dumm, jetzt noch an einen erfolgreichen Fluchtversuch zu glauben, und auch nicht überrascht, als sie spürte, wie seine Hände sie mit sanftem Nachdruck umschlossen, als halte er einen Sack rebellischer Eier fest. Er behandelte sie vorsichtig. Wie die Schwingungen misstönender Musik erreichte sie sein Verlangen nach ihr. Seine Berührungen waren unpersönlich. Das verwirrte sie vollends.
    Er sagte: »Ihr habt Euch also entschieden. Ich muss Euch fesseln. Das macht die Sache einfacher.«
    »Ohne Zweifel.« Selbst in ihren Ohren klang ihre Stimme brüchig. »Aber mir wäre lieber, Ihr unterließet es.«
    »So habt Ihr am Ende doch noch etwas gesagt, was ich Euch glaube.« Schritt für Schritt schob er sie weiter Richtung Bett. Nicht grob. Gleichmäßig. Leichter Druck genügte. »Es war klug von Euch, das Nachthemd anzuziehen, wenn es auch zu spät ist. Hattet Ihr etwa vor, mich mit dem Kerzenständer umzubringen?«
    »Nicht absichtlich, aber in letzter Zeit bin ich etwas ungeschickt, da kann so etwas passieren. Gibt es denn gar nichts, was ich sagen kann, um Euch Euer Vorhaben auszureden?« Sie zitterte.
    »Nichts, das mir auf Anhieb einfiele.«
    »Und was ist, wenn ich Euch verspreche, keinen einzigen Fluchtversuch mehr zu wagen, bis wir England erreichen?«
    »Nein.« Er war eiskalt, absolut emotionslos und gleichmütig. »Ich habe noch ein paar Verbände von Adrian übrig. Die werde ich nehmen. Sie sind schön weich.« Wie fürsorglich. Vielleicht machte er oft Gefangene. Woher sollte sie wissen, was die Briten so trieben? »Und nicht so unbequem.

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