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Joanna Bourne

Joanna Bourne

Titel: Joanna Bourne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Die Geliebte des Meisterspions
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Vielleicht bekommt Ihr damit sogar etwas Schlaf.«
    »Ich bin wirklich harmlos. Ihr solltet es noch einmal überdenken.«
    »Ihr braucht keine Angst zu haben«, beschwichtigte er sie. »Ich tue Frauen nichts. Nicht einmal solchen wie Euch.«
    Noch so eine dieser unbegreiflichen Beleidigungen. Als stünden nicht ein Dutzend weiblicher Agenten in seinen Diensten. Es war unlogisch, dass er ausgerechnet sie selbst verschmähen sollte.
    Sie stieß mit dem Oberschenkel gegen die Matratze. Er veränderte geschickt seinen Griff um ihre Schulter, sodass sie das Gleichgewicht verlor und aufs Bett fiel. Decken flogen auf und wurden mitgerissen, als sie durch die trügerische Weichheit des Bettes hindurch vor ihm an die Wand floh. Weiter ging es nicht. Sie presste sich mit dem Rücken an den kalten Putz. Die Seide umschlang ihre Haut. Sie kauerte sich zusammen und stützte ihr Gesicht auf die Knie. Nun war das Füchschen doch geschnappt worden.
    All ihre raffinierten Rollen hatten sie im Stich gelassen. In dieser Situation war nur noch eine übrig geblieben: Annique. Und Annique hatte Angst. Große Angst.
    Sie lauschte, um herauszufinden, wo er gerade war. Die lederne Reisetasche knirschte. Leise Geräusche verrieten ihr, dass er etwas suchte. Dann näherten sich Schritte.
    »Grey … Monsieur … Ich verspreche, Euch nicht noch einmal anzugreifen. Ich schwöre es bei allem, was Euch lieb ist.«
    Das Bett gab nach, als er sich neben sie setzte. »Ihr könntet mir ein paar französische Geheimnisse anvertrauen. Vielleicht die, über die Ihr mit Leblanc gesprochen habt.«
    »Die Albion-Pläne.« Sie versuchte, sie unwichtig klingen zu lassen. »Leblanc hat sich in letzter Zeit geradezu zwanghaft damit beschäftigt.«
    »Das geht mir ziemlich ähnlich. Wir werden uns noch recht ausführlich über die Albion-Pläne unterhalten … wir beiden.«
    Innerlich war sie kühl. Beherrscht und gelangweilt. »Aber das ist doch töricht. Ich bin nur eine kleine Figur in diesem ›Spiel‹. Ich bin nicht für die ganz großen Intrigen in der Politik verantwortlich. Ihr werdet enttäuscht sein, wenn Ihr Euch wichtige Geheimnisse von mir erhofft.«
    »Ihr werdet mich nicht enttäuschen.« In seiner Stimme lagen etliche Nuancen.
    Das Bett schwankte, als er mit irgendetwas herumhantierte. Das mussten die Stoffbandagen sein, von denen er gesprochen hatte – mit denen er sie festbinden würde. Er war bei den Vorbereitungen. Gleich würde sie hilflos sein, und damit wäre jede Chance zur Flucht vertan.
    »Ich möchte nicht gefesselt werden«, bat sie leise.
    »Ich glaube nicht, dass Ihr mich vom Gegenteil überzeugen könnt. Trotzdem könntet Ihr es versuchen. Macht mir ein Angebot, nur ein kleines Geheimnis, und dann sehen wir weiter.«
    Keine Geheimnisse. Irgendetwas anderes. Eigentlich hatte sie gewusst, dass es dazu kommen würde.
    Ein letzter Plan. Es gab immer einen letzten Plan, den man hoffentlich nie anwenden musste. Sie raffte das seidene Nachthemd zusammen und kroch an seine Seite, ganz nah, bis sie die Hitze seines Körpers fast spüren konnte. Sie kniete sich mit gespreizten Beinen aufs Bett. Das hatte sie bei den Prostituierten in dem Bordell gesehen, das ihre Mutter eine Zeit lang in Paris geführt hatte. Ohne Frage hatte Monsieur Grey schon viele Bordelle von innen gesehen und erkannte, was sie ihm anbot.
    Sie hörte, wie er einen tiefen, stockenden Atemzug tat. Das Bett neigte sich ein wenig, als er das Gewicht verlagerte. Ein Finger umschloss ihren Arm, jedoch nur, um ihr rechtes Handgelenk anzuheben. »Habe ich Euch verletzt?«
    »Nein.« Vorsichtig löste sie ihre Hand aus seinem Griff. »Es ist nichts.«
    »Ein Grund mehr, warum ich nicht mit Euch kämpfen möchte. Am Ende könnte ich Euch wieder wehtun. Ich möchte Euch aber nicht wehtun.«
    »Ich möchte auch nicht, dass Ihr mir wehtut. Oder mich fesselt.«
    Er gab ein Stöhnen von sich. Sie merkte, dass er sich abwandte und dass sein Atem immer noch stockend ging.
    Die Kurtisane fürchtete sich vor nichts und niemandem, fürchtete sich nicht, zu berühren oder berührt zu werden. Sie verfügte über ewig junges Wissen.
    Es war an der Zeit zu beginnen. Sie fand das lange, weiche Band und löste den Knoten. Es bestand aus dünner, verwobener Seide und war sehr fest. Ihr Nachthemd öffnete sich wie ein Windhauch, der frei gelassen worden war. Er würde die sanft auf seine Haut fallende Seide spüren. Trotz der Dunkelheit würde er ihren Körper schemenhaft erkennen können.

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