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Joanna Bourne

Joanna Bourne

Titel: Joanna Bourne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Die Geliebte des Meisterspions
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Peitsche den Mann im Gesicht und hinterließ einen blutigen Striemen. »Wo?«
    »Dover. Sie fahren nach Dover.« Der Mann senkte keuchend den Kopf.
    »Dover, sagst du?« Leblancs Blick wanderte zu dem Mädchen, das von den Soldaten festgehalten wurde und sich hin und her wand. »Überleg es dir gut.«
    »Da ist ihr Hafen, das haben sie immer gesagt. Ich weiß aber nicht, ob es stimmt. Es sind schließlich Engländer.«
    »Du bist derjenige, der hier die Wahrheit sagen soll.« Leblanc musterte ihn noch eine Minute lang. »Henri!«
    Henri erschien ihm Türrahmen und steckte sich das Hemd in die Hose. »Im Haus ist nichts, außer ein paar Kleidern, die sie dagelassen hat. Mehr nicht.«
    »Keine Papiere?«
    »Keine.«
    Leblanc wurde ganz bleich um den Mund. Plötzlich drehte er sich um und stapfte zu den Pferden. Er nahm dem bereitstehenden Kavalleristen die Zügel ab. »Sie kann sehen. Sie hat uns alle an der Nase herumgeführt.« Er machte sich bereit aufzusteigen. »Komm.«
    »Was sollen wir mit denen hier machen?«
    Leblanc setzte den Fuß in die Hände eines Soldaten und schwang sich in den Sattel. Er blickte vom Vater über die kleine Tochter zum Haus, wo eine Frau heulte. Dann lächelte er. »Wir werden sie natürlich belohnen.« Er holte ein paar Münzen hervor und warf sie zu Boden. »Sie waren uns eine große Hilfe. Sorg dafür, dass die anderen Dorfbewohner davon erfahren.« Sein Pferd wirbelte Sand auf. Die Dragoner sprengten über die Münzen hinweg hinter ihm her.
    Der Fischer beobachtete sie, bis sie außer Sicht waren.
    »Du hast es ihnen gesagt.« Seine Tochter sackte weinend auf den Boden, jetzt, da die Kavalleristen fort waren.
    »Irgendjemand hätte es ihnen am Ende sowieso verraten, nachdem sie noch mehr Frauen wehgetan hätten.« Er beugte sich wie ein alter Mann herunter und fing an, die Münzen einzusammeln, wobei er mit den Fingern den Sand durchkämmte, um auch die von den Hufen eingetretenen zu finden. »Hilf mir mal. Deine Augen sind besser als meine.«
    »Du hast Annique verraten.«
    »Glaubst du etwa, sie hätte erwartet, dass wir uns gegen ihn zur Wehr setzen?« Er mied ihren Blick. »Genau das sollte ich sagen, wenn dieser Mann hierherkäme. Ich musste es ihr versprechen.«
    »Und wenn er sie findet … ?«
    »Das wird er nicht.« Er wischte den Staub von den Münzen, steckte sie ein und wandte sich dem Haus zu. »Bleib hier und such nach dem Geld. Ich muss zu deiner Mutter.« An der Tür blieb er stehen. »Er wird Annique nicht finden. Sie ist das Füchschen. Und ich musste es ihr versprechen.«

17
    Dover, England
    Um zehn Uhr morgens erreichten Annique und eine ganze Menge zappelnder Heilbutts die Küste von Dover. Sie trug das zweitbeste Kleid der Tochter eines französischen Fischers und ein Paar robuste Stiefel. Um ihre Schultern lag ein Schal, gestrickt aus der Wolle eines freundlich schauenden schwarzen Schafes von den Salzwiesen. Adrians Messer war unter ihrem Kleid in einem Band am Oberschenkel versteckt.
    Mitten auf dem Kanal hatte sie zusammen mit den Schmugglern in der schaukelnden Dunkelheit Brot und Käse gegessen. Es war immer wieder interessant, sich mit Männern über deren Auskommen zu unterhalten. Nun wusste sie über Verstecke von Branntweinfässern Bescheid. Zum Abschied winkten sie ihr jetzt freundlich zu, sogar der Älteste, Thadeus, der erst so seine Zweifel gehabt hatte, als sie an Bord kam.
    Sie stand auf dem Kai, inmitten von Flundern und Miesmuschelhaufen, und fühlte sich einen Augenblick lang völlig glücklich. England. Es war sehr schön, dieses England. Sie hatte seine weißen Felsen bewundert, während sie mit den Segeln im Rücken einliefen.
    Vor ihr erstreckte sich die geschäftige Stadt Dover mit ihren Steinhäusern, die sich wie eine Perlenkette den Hügel hinaufzogen, auf dem die Burg über allem thronte. Um sie herum wusch graugrünes Wasser die Pfahlwerke, explodierte in winzigen Lichtspritzern und wirbelte in silbernen und schneeweißen Blasen herum. Die Schuppen von in Körben liegenden Fischen schillerten in beeindruckenden Farben.
    Nach Monaten der Dunkelheit brachen Glanz und Helligkeit von allen Seiten über sie herein. Farben tanzten und wirbelten um sie herum, bis ihr ganz schwindlig war. Sie war einfach überwältigt.
    Die Grenze eines über eine weiße Wand laufenden Schattens war wie ein krasser Schrei. Das grelle Rot eines Kleides im Eingang einer Taverne blendete. Manchmal konnte sie kaum denken, so unglaublich viele Farben und Formen

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