Jodeln und Juwelen
Flossenfüßler war und saß
plötzlich auf dem Trockenen. Theonia, das ist ja furchtbar. Anscheinend war
Polydore bei den Pences ziemlich beliebt. Nicht jeder verfügt schließlich über
einen Meeressäuger, der auf Geburtstagspartys und Familienfesten auftaucht.
Meinst du, ich sollte Adelaide informieren?«
»Um Himmels willen, auf gar keinen
Fall! Nicht in ihrem momentanen Zustand. Wir dürfen niemandem etwas sagen, bis
wir herausgefunden haben, ob es wirklich Polydore ist. Ich will nicht unken,
aber ich halte es für ziemlich unwahrscheinlich, dass er durch einen Unfall ums
Leben gekommen ist. Von Adelaide weiß ich, dass er als äußerst trittsicher
galt. Außerdem war er sozusagen im Wasser zu Hause, ganz gleich wie kalt es
war. Er schob einfach die Eisschollen zur Seite und tauchte ab.«
»Ich sollte unbedingt mit Vincent
darüber sprechen«, sagte Emma. »Du weißt, wie prozesssüchtig einige von den
Pences sind. Sie werden auf einer zweiten Meinung bestehen, ganz gleich, wer
die Autopsie vornimmt. Ein einziger Fehler und Vincents Bruder Franklin hat
einen Kunstfehlerprozess am Hals.«
Es war an der Zeit festzustellen, wer
ihr Gespräch belauschte. Emma ging zur Tür.
»Oh, Vincent, kommen Sie doch herein.
Mrs. Brooks befürchtet, dass wir ein neues Problem haben.«
»Ich hab’s gehört. Ich sag’ meinen Brüdern
Bescheid.« Merkwürdigerweise schien er sich kein bisschen für den
geheimnisvollen Polydore zu interessieren. »Wissen Sie zufällig, wo Sandy is’?
Bernice sucht sie schon seit ‘ner Ewigkeit. Sie hat überall nachgesehen, aber
das Kind is’ wie vom Erdboden verschluckt.«
»War Bernice schon oben in den
Schlafzimmern?« erkundigte sich Emma. »Ich habe Sandy zuletzt gesehen, als sie
Mrs. Brooks den Kaffee hochbrachte. Vielleicht ist sie wieder nach oben
gegangen, um das Tablett zu holen, und ist dort geblieben, um ein bisschen
aufzuräumen.«
Wohl eher um Theonias Hut
anzuprobieren. »Vielleicht ist sie auch zu den Cottages gegangen.«
Vincent schüttelte den Kopf. »Bernice
hat schon oben nachgeschaut. Und Sandy is’ bestimmt nich’ in den Cottages,
sonst kann sie nämlich was erleben. Die beiden Mädchen haben strikte Order, nur
zusammen hinzugehen un’ sich auf keinen Fall dort aufzuhalten, wenn die Gäste
da sind. Nich’ dass ich unsren Gästen nich’ traue, aber es gibt heutzutage so
viele Verrückte, dass man gar nich’ vorsichtig genug sein kann.« Er rieb sich
das Kinn und warf einen Blick auf den Mann unter der Decke. »Dann glauben Sie
also, dass der Mann ein Pence ist, Mrs. Brooks?«
»Wir müssen alle Möglichkeiten in
Betracht ziehen«, erwiderte Theonia. »Ich hoffe, dass ich mich irre. Aber da
wir völlig im Dunkeln tappen, sollten wir so vorsichtig wie möglich sein.
Vermutlich wollen weder Sie noch Cousine Emma die Pences auf Polydore
ansprechen, bis endgültig geklärt ist, ob er es wirklich ist. Die Polizei wird
wissen, wie man seine Identität möglichst schnell herausfindet. Hat das FBI
nicht so etwas wie eine digitalisierte Datei mit Fingerabdrücken?«
Emma machte sich schon halb darauf
gefasst, dass Vincent gestand, er habe auch einen Bruder beim FBI, doch er
schwieg. Vielleicht hatte Theonia Recht und er war tatsächlich völlig fertig
mit den Nerven. Jedenfalls wirkte er momentan auffallend verstört, was sie gut
verstehen konnte.
»Ich gehe ins Haus und suche mit«,
sagte sie. Falls das kleine Biest tatsächlich so weit gegangen war, Emmas
Sachen anzuprobieren, hatte sie es vielleicht am Ende mit der Angst bekommen
und sich im Kleiderschrank versteckt, als sie Bernice kommen hörte. »Kommst du
mit, Theonia?«
»Ich kann nicht behaupten, dass mir
viel daran liegt, hier mit Polydore allein zu bleiben, falls dieser Mann
tatsächlich Polydore ist. Ich helfe dir natürlich gern bei der Suche nach dem
Kind. Machen Sie sich keine Sorgen, Vincent. Sie trödelt sicher nur ein wenig
herum und hängt ihren Träumen nach, wie es junge Menschen häufig tun.«
»Sandy trödelt nie rum.«
Noch während er sprach, war Vincent
wieder an der Tür. Die beiden Frauen ließen ihn den Stall abschließen und
gingen zurück zum Haus.
»Ich könnte mir vorstellen, dass Sandy
sich bei dir im Badezimmer eingeschlossen hat, um an deinem Parfüm zu schnuppern
und dein Make-up auszuprobieren«, sagte Emma. »Aber man kann es einem Vater
nicht verübeln, wenn er sich um sein Kind sorgt.«
»Kann es sein, dass sie mit ihrem
Bruder unterwegs ist?« mutmaßte Theonia.
»Ich
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