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Joe Golem und die versunkene Stadt

Joe Golem und die versunkene Stadt

Titel: Joe Golem und die versunkene Stadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mike Mignola
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Statue, wie ein Raubtier im Dschungel, sprungbereit.
    Doch Molly brauchte den Vorhang nicht noch weiter zu öffnen. Sie hatte nun einen Blick in den nächsten abgeteilten Raum. Ketten und Seile an Flaschenzügen hingen von der Decke. Sie baumelten über einem ovalen Becken, das von einem Rand aus stümperhaft gegossenem Beton umschlossen wurde. Dieses Becken war eine weitere Absurdität in Dr. Cocteaus eigentümlichem Hauptquartier. Cocteau stand bei den beiden Gas-Männern, die er mitgenommen hatte, und half ihnen, die Masken abzunehmen. Gelbes Gas wallte heraus.
    Molly verzog das Gesicht und blickte weg, zwang sich dann aber, doch hinzuschauen. Die Gas-Männer streiften ihre Anzüge ab. Molly erblickte glänzende, schwarzgrüne Haut und eigenartige Wirbelkämme, aber das Gas umwaberte sie als ein gelber Nebel, der die meisten Einzelheiten ihrer Nacktheit verschleierte. Einer von ihnen tauchte in das Becken, doch der andere zögerte und wandte sich um, als spüre er Mollys Blicke auf sich. Er hatte gelbliche Augen, die zu weit auseinander standen, Atemschlitze anstelle einer Nase und ein mit nadelspitzen Zähnen gespicktes Maul.
    Er versuchte in das Becken zu steigen, aber sein Zögern hatte zu viel Gas entweichen lassen. Als er über den unebenen Betonrand glitt, verschmolzen seine Gliedmaßen, und sein Oberkörper wurde schmaler. Als er schließlich das Wasser berührte, hatte er sich in einen entsetzlichen Zwitter aus Mensch und Aal verwandelt.
    Dr. Cocteau ging zu einem kleinen Stahlregal in der Ecke und nahm etwas aus einem Haufen von Werkzeugen, der dort lag. Neben dem Regal stand eine Reihe von Pressluftflaschen und Atemmasken, wie man sie zum Tauchen benutzte. Als Molly noch auf sich allein gestellt gewesen war, hatte sie sich mit einer kleinen Familie von Altmaterialtauchern angefreundet, die Gegenstände aus der Versunkenen Stadt bargen und gegen Dinge eintauschten, die sie zum Leben brauchten. Der Sohn der Familie, Damien, hatte Molly einmal mit unter Wasser genommen und ihr gezeigt, wie man mit den Pressluftflaschen umging, aber sie hatte weder das kalte, trübe Wasser gemocht noch den verlassenen Friedhof, zu dem die Stadt unterhalb der Wasserlinie geworden war.
    Wozu Cocteau die Pressluftflaschen verwendete, war Molly schleierhaft. Die Gas-Männer brauchten so etwas wohl kaum. Dann aber fielen ihr die menschlichen Diener Cocteaus im U-Boot wieder ein. Vielleicht waren die Flaschen für sie bestimmt.
    Mollys Blick ruhte noch kurz auf den Luftflaschen, dann lenkte Dr.   Cocteau ihre Aufmerksamkeit wieder auf sich, indem er zu dem Betonbecken ging und einen Lederbeutel aus der Tasche seiner Hausjacke zog.
    Die dunklen Umrisse der Gas-Männer schwammen in dem Becken und umkreisten einander. Es sah aus, als würden sie wachsen. Cocteau nahm kleine, gelbe, kreidige Gegenstände aus dem Beutel, bei denen es sich um getrocknete Pilze oder Knochenstücke handeln mochte. Das Werkzeug, das er aus dem Regal geholt hatte, erwies sich als kleiner Hammer, mit dem er die kreidigen Stücke zu Staub zerschlug.
    Er wischte sich die Überreste in eine Hand, hob sie über das Becken und wartete, bis dunkle, spitze Köpfe aus dem Wasser auftauchten. Dann rieb er die Hände gegeneinander und sprenkelte den Staub über die Wesen, die in dem Bassin schwammen.
    »Geht jagen«, sagte Cocteau zu ihnen. »Und kehrt nicht zurück, ehe er in euren Bäuchen liegt und dort verrottet.«
    Die dunklen Gestalten tauchten tiefer, und das brodelnde Wasser beruhigte sich. Erst jetzt wurde Molly bewusst, dass das Oval nicht nur ein Becken war, sondern auch ein Ausgang. Die Aalwesen, zu denen die Gas-Männer geworden waren, mussten von dort zum Fluss und in die überschwemmten U-Bahn-Tunnel gelangen können.
    Einen flüchtigen Augenblick lang schaute Molly wieder zu den Pressluftflaschen hinüber und fragte sich, ob sie versuchen sollte, durch das Becken zu fliehen. Sie wusste noch gut, was Damien ihr damals beim Tauchen erklärt hatte, und war zuversichtlich, mit Ventil und Druckregler zurechtzukommen.
    Dr. Cocteau legte den Hammer zu den anderen Werkzeugen ins Regal und wandte sich um. Molly ließ den Vorhang zurückfallen und eilte zu ihrem Platz neben der Wassersphäre zurück. Der Schleicher rührte sich nicht, beobachtete sie nur und gluckte missbilligend hinter seiner Maske. Molly fragte sich, ob sein Körper unter seinem Anzug pelzig war oder Schuppen hatte wie ein Amphibium.
    Ein Frösteln durchlief sie. Cocteau war der Mann, der

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