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Joe Golem und die versunkene Stadt

Joe Golem und die versunkene Stadt

Titel: Joe Golem und die versunkene Stadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mike Mignola
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diese Monstrositäten geschaffen und aus menschlichen Wesen groteske Sklaven gemacht hatte. Er war selbst ein Monstrum. Darum musste Molly jeden Zweifel, was Mr.   Church betraf, beiseiteschieben. Sie wusste, welche Leute auf ihrer Seite standen, und sie bereute, je an ihnen gezweifelt zu haben, und sei es auch nur für einen Moment.
    Sie legte eine Hand an die Glassphäre. Zum ersten Mal wollte sie, dass Felix sie spürte, dass er hervorkam und sich gegen seine Kettenstemmte, damit sie ihm in die Augen sehen konnte. Seine Verwandlung erfüllte sie mit Trauer und Entsetzen, doch sie wollte ihn nicht im Stich lassen. Sie wollte ihn wissen lassen, dass er nicht allein war. Was immer mit ihm geschah, er sollte wissen, dass sie ihn lieb hatte.
    »Also gut. Wo waren wir stehen geblieben?«, fragte Dr. Cocteau hinter ihr.
    Molly biss sich auf die Lippe und wischte sich eine Träne fort. Wieder spähte sie in das trübe Wasser, doch sie entdeckte nur eine dunkle Gestalt, die darin trieb. Dann atmete sie tief durch und drehte sich zu Cocteau um. Sie fragte sich, ob Mr.   Church wusste, wo sie war, und ob er nun, da Joe tot war, noch etwas für sie tun konnte.
    »Sie wollten mir meine Fragen beantworten«, sagte sie.
    »Ja, gewiss«, erwiderte Dr. Cocteau, als hätte er tatsächlich daran erinnert werden müssen. Sein Auftritt als freundlicher Großvater war pure Verstellung und erschien Molly mittlerweile obszön. »Nur zu. Aber bitte vergeben Sie mir, wenn ich mich einen Augenblick ausruhen muss. Ich bin ein alter Mann und habe noch viel zu tun, ehe die Nacht vorüber ist.«
    Er wandte sich ab und ging zu dem Podest, stieg die Stufen an der Seite hoch und ließ sich gebieterisch auf seinen Thron sinken. Molly schaute sich um. Ob sie sich ebenfalls setzen durfte? Oder sollte sie vor ihm stehen und bewundernd zu ihm aufschauen, als sein einziger menschlicher Untertan? Der einzige Stuhl, den sie sah, war der an der Wand des Aquariums, und der Schleicher war an seinen Platz vor der Aufreihung eigentümlich geformter Fenster zurückgekehrt.
    Schließlich blieb Molly mit trotzig verschränkten Armen stehen und starrte Cocteau auf seinem abgewetzten Thron an. So müde sie auch war, sie wollte nicht wie ein gehorsames Kind auf dem Boden vor dem Podest sitzen. Jetzt, wo sie ihn besser sehen konnte, fand Molly den Sessel albern, ja erbärmlich. Er sah nicht wie ein wirklicher Thron aus, sondern wie ein Requisit, das hinter dem Vorhang in Felix’ Theater Staub ansammelte.
    »Versuchen Sie sich vorzustellen, das gesamte Universum wäre Mr.   Orlovs Aquarium«, sagte Cocteau. »Eine Kugel voller Sterne. Oder ein Würfel oder ein Zylinder. Welche Form es annimmt, ist eigentlich ohne Bedeutung, aber sagen wir einfach, es ist eine Kugel.«
    Er blickte sie erwartungsvoll an, als versuchte er, einem Hund das Sprechen beizubringen.

    »Das Universum ist eine Kugel«, sagte Molly.
    Dr. Cocteau lächelte stolz. »Genau. Nun, von Mr.   Orlov aus gesehen befinden wir uns außerhalb der Sphäre, nicht wahr? Ebenso meine Diener, der Rest meines Hauses, der Fluss, die Tunnel, die Ruinen der Stadt über uns   … ja, das gesamte Universum. Aber würde unser gesamtes Universum sich innerhalb einer Sphäre befinden   – haben Sie sich jemals gefragt, Molly, was hinter dem Glas ist? Wenn Sie zu den Außenbezirken unseres Universums reisen würden, was würde Sie an seiner Grenze erwarten?«
    Molly schüttelte den Kopf. »Eine solche Frage habe ich mir nie gestellt.«
    »Es gibt andere Universen«, sagte Dr.   Cocteau feierlich. »Einige sind jenseits der Grenzen des unseren, andere sind neben uns, so nahe wie der Raum auf der anderen Seite der Vorhänge, wo Sie mich vor wenigen Augenblicken beobachtet haben.«
    Molly spürte, wie sie rot anlief. Dabei hatte sie sich für verstohlen gehalten.
    »Aber der Vorhang lässt sich nicht leicht teilen«, fuhr Cocteau fort. »Selbst ein Blick in andere Reiche ist für die meisten ein Ding der Unmöglichkeit. Und wenn man es tut, ist das Risiko gewaltig.«
    Sein Tonfall verursachte Molly eine Gänsehaut. »Mr.   Church hat mir das schon alles erklärt«, sagte sie.
    Cocteaus Lächeln verschwand. Verächtlich hob er einen Mundwinkel. »Simon Church ist ein Narr. Er überwacht das An- und Abschwellen okkulter Kräfte, des Übernatürlichen, aber er hat nie begriffen, dass das, was er für übernatürlich hält, zum Gewebe unserer Wirklichkeit gehört. Natur und Übernatur verhalten sich zueinander wie Tag

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