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Joe Golem und die versunkene Stadt

Joe Golem und die versunkene Stadt

Titel: Joe Golem und die versunkene Stadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mike Mignola
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der in seinem Leben der Ersatzvater für zahlreiche Lehrlinge und Kollegen gewesen ist, doch jeden von ihnen haben seine Wahnwitzigkeiten das Leben gekostet. Sein gegenwärtiger Helfer, der Mann, den Sie unter dem Namen Joe kennen, ist ein beinahe genauso störender Stachel in meinem Fleisch wie Church selbst. Sie sind gefährliche Leute, deren einziges Ziel darin besteht, Energien, die sie nicht begreifen, zu beherrschen und einzudämmen, damit kein anderer sie nutzen kann, selbst wenn das Schicksal der Welt auf dem Spiel steht.«
    »Wovon reden Sie eigentlich?«, fragte Molly verwirrt.
    »Joe bedeutet eine Gefahr für alles, was ich geplant habe. Besonders für Ihren Freund Felix ist er außerordentlich gefährlich.«
    Molly schüttelte den Kopf. Sie hatte einen bitteren Geschmack im Mund. Mr.   Church mochte seltsam sein, und vielleicht hatte sie ihm deswegen unangenehme Dinge unterstellt, besonders nachdem sie mit den verrückten Apparaturen im Kuppelraum über seiner Wohnung konfrontiert gewesen war, aber in Joes Gegenwart hatte sie sich so wohlgefühlt, als wären sie Freunde gewesen. Gute Freunde. Sie hatte nie einen Bruder gehabt, aber sie hatte sich immer einen gewünscht.
    »Joe bedeutet für niemanden mehr eine Gefahr«, sagte sie. »Er ist tot.«
    Dr. Cocteau nahm die Brille ab und reinigte die Gläser mit dem Aufschlag seines Ärmels, ein geziertes Lächeln auf den Lippen.
    »Das versichern mir auch meine Diener«, sagte er und setzte die Brille wieder auf. »Sie, meine Liebe, werden mir sicher nachsehen, wenn ich zögere, mich auf Ihr Wort zu verlassen   – oder das meiner Diener. Ich bin bereits auf Joe getroffen und habe festgestellt, dass er sehr schwer zu töten ist. Dabei habe ich mein Bestes gegeben.«
    Den letzten Satz sprach er mit gewohnter Herzenswärme aus, doch Molly durchlief ein Frösteln.
    Cocteau deutete eine Verbeugung an. »Entschuldigen Sie mich einen Augenblick.«
    Er winkte den beiden Gas-Männern, ihm zu folgen, und führte sie durch die Lücke zwischen zwei schweren grünen Bühnenvorhängen. Der Stoff kräuselte sich und schloss sich hinter ihnen.
    Molly ließ den Blick zu den anderen Gas-Männern schweifen, doch sie wirkten beinahe teilnahmslos und erwarteten Anweisungen von ihrem Herrn. Molly hatte keinen Zweifel, dass die Ungeheuer sie aufhalten würden, wenn sie zu fliehen versuchte, aber sie schienen nicht die Absicht zu haben, Molly auf andere Weise zu behelligen.
    Sie ging auf die Lücke in den grünen Vorhängen zu.
    Auf dem blumenbestickten, hochlehnigen Sessel, wo er die kaiserliche Haltung seines Herrn nachzuahmen schien, erhob sich der Schleicher von der Sitzfläche und verfolgte die Bewegung mit einer Drehung des Kopfes. Sie stellte sich vor, über die Entfernung hinweg seine feuchten, widerlichen Atemgeräusche zu hören, doch er war wenigstens dreißig Fuß weit weg, vor der Glaswand der Wassersphäre, und der große Saal verschluckte die Geräusche, deshalb konnte das alles nur Einbildung sein.
    Was bist du? , fragte sie sich bei einem Blick auf den Schleicher.
    Mr.   Church hatte gesagt, die Gas-Männer seien das Ergebnis eines Experiments mit Menschen, Zauberei und Tieren; ihr Fleisch sei formbar gemacht worden, aber das Gas in ihren Anzügen stabilisiere ihre menschliche Gestalt. Doch der Schleicher verhielt sich nicht wie ein Mensch. Seine Größe und Körperhaltung wirkten beinahe affenähnlich.
    Ist er einmal ein Affe gewesen? , überlegte Molly. War bei ihm etwas schiefgegangen, oder war er das Ergebnis eines anderen Experiments? War der Schleicher früher ein Orang-Utan oder ein Schimpanse gewesen?
    Was immer dahintersteckte, die Linsen seiner Maske verfolgtenMolly, als sie langsam zu der Öffnung im Vorhang ging. Sie erreichte ihn und streckte die Hand aus, um ihn zu berühren, als der Schleicher unvermittelt von seinem Sessel sprang und sich ein paar Schritte auf sie zubewegte. Mollys Herz raste, ihre Kehle war trocken. Den anderen Gas-Männern schien ihr Tun gleichgültig zu sein, aber der Schleicher beobachtete sie mit höchster Anspannung, als stehe er kurz davor, sie anzugreifen. Molly sagte sich, dass er nur sicherstellen wolle, dass sie nicht die Flucht ergriff. Vielleicht glaubte er auch, Dr. Cocteau wie eine Art Wachhund beschützen zu müssen.
    Mit wild klopfendem Herzen zog Molly den Vorhang ein paar Zoll weit auf. Sie spürte ihren Puls in den Schläfen pochen. Der Schleicher machte noch zwei Schritte und verharrte wieder, reglos wie eine

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