Joe - Liebe Top Secret
einen nicht anstarrten. Joe beim Laufen zu beobachten war so ähnlich, als würde man jemandem beim Tanzen zusehen. Er bewegte sich anmutig und sicher, fließend und anscheinend ohne Anstrengung. Sie fragte sich, ob er tanzen konnte. Und nicht zum ersten Mal überlegte sie, wie es sich anfühlen würde, wenn er sie beim Tanzen in den Armen hielt.
Während Veronica ihn beobachtete, konzentrierte Joe sich auf das Laufen. Er steigerte seine Geschwindigkeit, bewegte Arme und Beine heftiger, strengte sich an. Das Lauf-band begann zu schnarren. Und gerade als Veronica sicher war, dass Joe jetzt langsamer wurde, als sie überzeugt war, er könnte das Tempo keine Sekunde länger halten, lief er sogar noch schneller.
Er biss die Zähne zusammen, auf seinem Gesicht spiegelten sich seine Konzentration und der Wille, durchzuhalten. Er wirkte irgendwie wild und ungezügelt. Ein grimmiger, barbarischer Kämpfer aus archaischer Vorzeit, der die Grundfesten von Veronicas mit Sorgfalt und Höflichkeit bedachten Welt des einundzwanzigsten Jahrhunderts erschütterte.
„Oha“, rief jemand, und ein breites Lächeln formte sich auf Joes Gesicht, als er die drei Männer ansah, die bei den Gewichten in einer Ecke des Raums standen. Genauso schnell, wie sein Lächeln erschienen war, verschwand der Barbar.
Merkwürdig, dass Veronica die anderen Männer erst jetzt wahrnahm. Sie hatte zwar die FInCOM-Agenten bemerkt, die sich in ihrer Nähe aufhielten, aber diese drei Männer in Trainingskleidung nicht. Sie schienen Joe zu kennen. SEALs, vermutete Veronica. Das mussten die Männer sein, um deren Anwesenheit Joe Admiral Forrest gebeten hatte.
Joe verlangsamte schließlich das Tempo und stellte das Laufband auf Gehgeschwindigkeit, während er zu Atem kam. Er stieg herunter, griff nach einem Handtuch und trocknete sich das Gesicht ab, während er auf Veronica zuging.
„Was gibt’s?“
Joe dampfte. Sichtbar stieg Hitze von seinen glatten, starken Schultern auf. Drei Schritte vor Veronica blieb er stehen. Zweifellos wollte er sie nicht vor den Kopf stoßen, indem er ihr zu nahe kam.
Seine Freunde traten zu ihnen, und Veronica fühlte sich augenblicklich zum Schweigen gebracht. Drei zusätzliche Augenpaare musterten sie mit unverhohlener männlicher Wertschätzung. Allein Joes Blick war schon schwer genug zu ertragen.
Joe nahm die Männer ins Visier. „Verschwindet! Das ist ein Privatgespräch.“
„Jetzt nicht mehr“, erwiderte einer von ihnen in näselndem Tonfall. Er war fast genauso groß wie Joe, wog jedoch bestimmt zehn Kilo weniger. Er streckte Veronica die Hand entgegen. „Ich bin Cowboy, Ma’am.“
Sie schüttelte Cowboy die Hand, und er hielt ihre länger als nötig, bis Joe ihm einen warnenden Blick zuwarf.
„Okay, kurze Unterbrechung“, sagte Joe. „Lieutenant McCoy, mein leitender Offizier, und die Lieutenants Becker und Jones, auch bekannt als Blue, Harvard und Cowboy. Miss Veronica St. John – schreibt man in zwei Wörtern, spricht es aber Sinjin aus. Sie ist Prinz Tedrics Medienberaterin und gehört zum Planungsteam dieses Einsatzes.“
Lieutenant Blue McCoy schien in Joes Alter zu sein, also Anfang dreißig. Er war kleiner und schlanker als die anderen Männer, von der Statur eines Langstreckenläufers. Er hatte die türkisblauen Augen, dichtes, gewelltes blondes Haar und das attraktive Gesicht eines Hollywood-Stars.
Harvard war ein großer Mann mit intelligent schimmernden braunen Augen und glatt rasiertem Schädel. Cowboys Haare waren länger als die von Blue, er trug sie zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden. Seine Augen waren grün und funkelten, sein Lächeln jugendlich und gewinnend. Er sah wie Kevin Costners jüngerer Bruder aus, und das wusste er auch. Selbstbewusst zwinkerte er Veronica zu.
„Schön, Sie kennenzulernen“, sagte sie und schüttelte Blue und Harvard zur Begrüßung die Hand. Sie fürchtete, wenn sie Cowboy noch einmal die Hand reichte, würde sie sie nicht mehr wiederbekommen.
„Das Vergnügen ist ganz auf unserer Seite, Ma’am“, erwiderte Cowboy. „Mir gefällt, was Sie mit den Haaren vom Captain angestellt haben.“
„Captain?“ Veronica sah Joe an. „Ich dachte, Sie sind Lieutenant.“
„Das ist eine Art Kosename, Ma’am“, erklärte Blue. Auch er hatte einen starken Akzent, aber seiner gehörte tief in die Südstaaten. „Cat führt das Kommando, darum wird er manchmal Captain genannt.“
„Das ist besser als ein paar der anderen Bezeichnungen, die sie für
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