Joe von der Milchstraße
vollkommen anders als auf der Erde.«
»Macht nichts«, sagte Mali. »Ralf und ich hatten vor langer Zeit ein kleines Spiel. Wir nannten es ›Dingismen‹. Mal sehen, ob ich mich noch an einige davon erinnern kann. Ralf dachte sie sich immer aus. ›Das Geschäft mit Büchern ist engherzig.‹ Das ist eins davon. ›Pflanzen übernehmen sporadisch die Welt.‹ ›Der Telefonist ließ mich vom Haken.‹ Dieses mochte ich am meisten; ich mußte immer an einen riesigen Haken und an ein riesiges Telefon denken. ›Die Entdeckung der Atomenergie im Jahre 1945 elektrifizierte die Welt.‹ Verstehen Sie, was ich meine?« Sie schaute ihn an. »Nein, Sie verstehen es nicht. Macht nichts.«
»Soweit ich erkenne«, sagte Joe, »scheint es sich um wahre Behauptungen zu handeln. Wo liegt der Witz?«
»›Der Senatsuntersuchung über den modernen Gebrauch von Seitenwaffen wurde der Mund gestopft.‹ Wie finden Sie das? Ich habe es einmal in einer Zeitung gesehen. Ich glaube, Ralf fand die anderen in Zeitungen oder hörte sie im Fernsehen. Ich glaube, sie waren alle echt. Alles an Ralf war echt und real«, fügte sie nachdenklich hinzu, »zumindest anfangs, später nicht mehr.«
Ein großes, braunes Wesen, das einer Ratte stark ähnelte, näherte sich vorsichtig Joe und Mali. Es trug etwas, das wie ein großer Bücherstapel aussah.
»Das sind Spiddler«, sagte Mali, wobei sie auf das rattenähnliche Wesen und auf ein zweites, das sich gerade Harper Baldwin genähert hatte, deutete. »Sie gehören zu den hier geborenen Lebensformen, im Gegensatz zu Glimmung. Sie finden hier noch – warten Sie.« Sie nahm ihre Finger zum Zählen zu Hilfe. »Wuben, Werjen, Klaken, Troben und Printer. Sie sind noch aus den alten Zeiten übriggeblieben … es sind uralte Gattungen aus der Zeit, als die Nebelgestalten der Urzeit ausstarben. Der Spiddler möchte Ihnen übrigens ein Buch verkaufen.«
Der Spiddler berührte ein winziges Bandgerät, das an seinem Gürtel angebracht war; es begann fürihn zu sprechen: »Voll dokumentierte Geschichte einer faszinierenden Welt!« erklang es auf Englisch und dann offenbar in einer Reihe anderer Sprachen; Joe kannte diese Sprachen nicht, jedenfalls kam nichts mehr auf Englisch.
»Kaufen Sie eins«, forderte Mali ihn auf.
»Wie bitte?« sagte Joe.
»Kaufen Sie das Buch!«
»Kennen Sie dieses Buch? Was ist es für ein Buch?«
»Es gibt nur ein Buch auf dieser Welt«, sagte Mali mit strenger Geduld.
»Mit ›Welt‹«, sagte Joe, »meinen Sie doch ›Planet‹, oder im weiteren Sinne –«
»Auf dem Planeten Plowman«, sagte Mali, »gibt es nur dieses eine Buch.«
»Wird es denn den Leuten nicht leid, immer dasselbe Buch lesen zu müssen?«
»Es verändert sich permanent«, sagte Mali. Sie gab dem Spiddler einen Dime. Er nahm ihn dankbar an und reichte ihr ein Exemplar des Buches. Sie gab es Joe.
Joe sah es prüfend an. »Es hat weder einen Titel noch einen Autor.«
»Es wird«, sagte Mali, während sie auf die Flughafengebäude zugingen, »von einer Gruppe von Wesen oder Kreaturen – ich weiß das passende Wort nicht – geschrieben, die alles niederlegen, was auf Plowman geschieht. Sie schreiben alles auf, ob es groß oder klein ist.«
»Also ist es eine Zeitung.«
Mali blieb stehen. Sie drehte ihm ihr Gesicht zu; ihre Augen waren rot vor Entrüstung. »Es wird vorher niedergeschrieben«, sagte sie in einem Ton, der die festeste Überzeugung ausdrücken sollte. »Die Kalenden denken sich die Geschichte aus, tragen sie ohne Titel in das sich ständig verändernde Buch ein, und schließlich finden sie dann auch statt.«
»Das heißt, daß sie in die Zukunft blicken können«, sagte Joe.
»Das wirft eine Frage auf: Was ist Ursache und was ist Wirkung? Die Kalenden schrieben in ihrem Buch, daß die Nebelgestalten aussterben würden. Sie starben aus. Haben die Kalenden sie aussterben lassen? Die Spiddler glauben das«, fügte sie hinzu, »aber die Spiddler sind sehr abergläubisch.«
Joe schlug das Buch an irgendeiner Stelle auf. Es war kein englischer Text; er kannte weder die Sprache noch die Buchstaben ihres Alphabets. Doch dann, beim Durchblättern, stieß er auf einen Abschnitt in englischer Sprache, der sich mitten in einer Menge fremdartig aussehender Schriftzeichen befand.
Das Mädchen Mali Yojez ist Expertin für die Entfernung des Korallenbelages von untergegangenen Kunstgegenständen. Unter den Fachleuten, die von zahlreichen Sonnensystemen der ganzen Galaxis zusammengekommen
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