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Joe von der Milchstraße

Joe von der Milchstraße

Titel: Joe von der Milchstraße Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip K. Dick
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Jahrzehnten, das heißt, seit Glimmung hier ist. Auf jeden Fall behauptete Ralf das; er interessierte sich sehr dafür, auf welche Weise Glimmung diesen Planeten regierte; er sagte immer –«
    »Was ist, wenn Glimmung stirbt?« fragte Joe.
    »Dann bekommt der Werje sein Geld nicht«, sagte Mali.
    »Das wollte ich nicht wissen«, sagte Joe. »Ich meine folgendes: wenn Glimmung stirbt, päppelt man dann den schwarzen Glimmung wieder hoch und übergibt ihm die Regierungsgewalt an Glimmungs Stelle? Als sein Thronfolger sozusagen?«
    »Keine Ahnung«, sagte Mali. Sie wandte sich nun der Gruppe zu. Sie stand mit verschränkten Armen da und hörte Harper Baldwin zu, der gerade etwas zu dem freundlichen Zweiklapper sagte.
    »Faust stirbt immer!« erklärte Harper Baldwin.
    »Nur in der Marlowe’schen Fassung, und in den Legenden, auf die sich Marlowe in seinem Stück bezog«, sagte Nurb K’ohl Dáq.
    »Jeder weiß, daß Faust stirbt«, sagte Harper Baldwin; mit einem Blick, der Bestätigung suchte, blickte er in die Runde der Lebewesen, die sich um ihn und den Zweiklapper geschart hatte. »Ist es nicht so?« fragte er die Umstehenden.
    »Es ist nicht von vornherein gesagt«, sagte Joe.
    »Doch!« sagte Harper Baldwin mit Nachdruck. »Im Buch der Kalenden. An einer bestimmten Stelle. Schauen Sie nach. Wir haben es aus den Augen verloren. Wir hätten losfliegen müssen, als wir die Möglichkeit dazu hatten, als unser Schiff startklar war.«
    »Dann wären wir umgekommen!« sagte der Quasi-Arachnid und fuchtelte erregt mit seinen Armen in der Luft herum. »Der schwarze Glimmung hätte uns alle getötet, in dem Augenblick, als er unser Schiff rammte.«
    »Das ist wahr«, warf Mali ein.
    »Genauso wäre es gewesen«, sagte Nurb K’ohl Dáq auf seine freundliche Art. »Wir sind nur deshalb hier, weil Mr. Fernwright noch rechtzeitig Miß Hilda Reiss erreichen konnte und uns die Anweisung Glimmungs, das Schiff zu räumen, übermitteln konnte. Das taten wir. Wären wir nur –«
    »Blödsinn!« sagte Harper Baldwin wütend.
    Joe nahm seine Lampe und ging hinaus auf die Plattform. Er leuchtete auf das dunkle Wasser hinaus, um irgend etwas von Glimmung zu entdecken. Irgendein Lebenszeichen. Er schaute auf seine Armbanduhr. Fast eine Stunde war vergangen, seit Glimmung mit dem schwarzen Glimmung zusammengestoßen und im Meer verschwunden war, um den verhängnisvollen Kampf mit seinem Doppelgänger aufzunehmen und danach mit der Schwarzen Kathedrale selbst zu kämpfen. Lebt er wohl noch, fragte Joe sich. Wird seine Leiche an die Oberfläche gespült werden oder wird sie wie die meinige dort unten bleiben, im Reich des Verfalls, zu Abfall verrottet und sich in einer Kiste versteckend, weder lebendig noch richtig tot? Im Zustand des Halblebens, der vielleicht Jahrhunderte andauert? Und – was das Schlimmste ist, die Schwarze Kathedrale wird frei sein und an die Oberfläche kommen! Ist Glimmung erst einmal tot, dann kann nichts mehr sie davon abhalten!
    Aber vielleicht war ja schon eine neue Nachricht von Glimmung eingetroffen. Joe ließ den Lichtstrahl der Lampe über die Wasseroberfläche wandern.
    Keine Flasche war zu sehen. Nichts.
    Mali kam aus dem Gebäude und stellte sich neben ihn. »Hast du etwas entdeckt?«
    »Nein«, sagte Joe knapp.
    »Weißt du, was ich glaube?« sagte Mali. »Ich glaube und habe schon immer geglaubt, daß er zum Scheitern verdammt ist. Das Buch hat recht. Harper Baldwin hat recht. Faust scheitert immer. Glimmung ist die Inkarnation Fausts. Das Streben nach Höherem, die Rastlosigkeit … das alles finden wir auch in Glimmung wieder; die Legende erfüllt sich, sie erfüllt sich jetzt in diesem Moment, in dem wir hier stehen.«
    »Schon möglich«, sagte Joe, der noch immer den Lichtstrahl über das Wasser gleiten ließ.
    Mali legte ihren Arm um seine Schulter und schmiegte sich an ihn. »Es ist jetzt alles sicher. Wir könnten ungehindert fortgehen. Der schwarze Glimmung ist nicht mehr hinter uns her.«
    »Ich bleibe hier«, sagte Joe und löste sich aus ihrer Umarmung. Er knipste wieder seine Lampe an und ließ sie über das Wasser streichen. Er dachte an nichts. Sein Kopf war völlig leer; er lauschte nur und wartete, wartete auf einen Hinweis, auf irgendein Zeichen, das Aufschluß hätte geben können über das, was sich auf dem Grunde des Meeres abspielte.
    Auf einmal geriet das Wasser in Bewegung. Sofort hielt er den Lichtkegel seiner Taschenlampe auf die Stelle. Angestrengt spähte er hinaus.

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