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Joel 1 - Der Hund der unterwegs zu einem Stern war

Joel 1 - Der Hund der unterwegs zu einem Stern war

Titel: Joel 1 - Der Hund der unterwegs zu einem Stern war Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henning Mankell
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Gertrud in der Dunkelheit verschwinden.
    Joel erzählt, was er weiß. Als er fertig ist, stellt Ture eine merkwürdige Frage:
    »Weißt du, wo es einen Ameisenhaufen gibt?«
    Ameisenhaufen? Joel kennt viele Ameisenhaufen. Aber die sind immer noch mit Schnee bedeckt. Die Ameisen kommen nicht vor Mai heraus.
    »Morgen Nacht besuchen wir sie«, sagt Ture. »Jetzt will ich nach Hause.«
    »Du hast doch gesagt, du willst mir was zeigen«, sagt Joel.
    »Das hab ich ja getan«, antwortet Ture. »Ich hab dir gezeigt, wie man einen Menschen verfolgt.« Joel begleitet Ture bis zur Gartenpforte. Er hofft, daß Ture ihn auffordert, ihn nach der Schule zu besuchen, aber Ture sagt nichts. Er springt nur über die Pforte und verschwindet in seinem großen Haus.
    Joel denkt, daß Ture angefangen hat, die Führung in seinem Geheimbund zu übernehmen. Das ist gut, und das ist auch nicht gut.
    Es ist gut, daß er nicht die ganze Verantwortung allein tragen muß. Aber es ist nicht gut, daß es so schnell gegangen ist.
    Er läuft nach Hause. Es ist kalt, und er friert. Irgendwo in der Ferne hört er den Laster vom alten Maurer. Als er die Küche betritt, hat er dasselbe Gefühl wie in der letzten Nacht. Irgend etwas stimmt nicht. Diesmal ist das Gefühl noch stärker.
    Plötzlich bekommt er Angst. Was hat sich hier verändert?
    Nachdem er sich ausgezogen hat, schiebt er, ohne zu wissen warum, vorsichtig die Tür zu Papa Samuels Zimmer auf. Er weiß, wie weit man sie öffnen kann, ehe sie knarrt.
    Er lauscht auf die Atemzüge seines Vaters. Er hört keine. Im nächsten Augenblick hat er solche Angst, daß er fast angefangen hätte zu heulen. Ist Papa Samuel gestorben?
    Vorsichtig tastet er sich über den Boden. Obwohl es dunkel ist, schließt er die Augen.
    Atme, denkt er, atme, atme . . .
    Er stößt mit dem Knie gegen die Bettkante. Jetzt muß er die Augen öffnen. Jetzt muß er das Schwerste tun, was es gibt.
    Etwas ansehen, was er sich eigentlich nicht anzuschauen traut.
    Aber seine Augen weigern sich. Vor den Augenlidern hängen große Vorhängeschlösser. Große Hunde laufen hin und her und hindern ihn daran, die Augen zu öffnen.
    Aber schließlich zwingt er sie, sich zu öffnen, als ob er sie aufsprengen müßte.
    In der Dunkelheit sieht er, daß das Bett leer ist. Papa Samuel hat ihn verlassen…

6
    Was ist eigentlich in jener Nacht passiert, als Joel entdeckte, daß Papa Samuel nicht in seinem Bett lag? Er ist seiner Sache nicht sicher. All seine Erinnerungen waren dunkel, als ob er unscharfe Fotos betrachtet hätte, als er sich hinterher zu erinnern versuchte. Am liebsten hätte er die Nacht vergessen. Aber die Erinnerung war stärker als das Vergessen, und seine Angst war so groß, daß er sie nicht einfach wegschieben konnte. Was ist geschehen? Was hat er getan?
    Er saß ganz still auf Papa Samuels Bett und weinte. Da war die Angst lähmend. Dann lief er in der Wohnung herum, als hätte er starke Schmerzen, vor denen er fliehen mußte.
    Die ganze Zeit kam es ihm so vor, als hörte er Papa Samuels Schritte auf der Treppe. Aber als er die Tür aufriß, war dort niemand. Er spähte aus dem Fenster, aber die Straße war leer, und die Nacht glotzte ihn höhnisch an. Er dachte viele schreckliche Gedanken.
    Zuerst hatte Mama Jenny ihn verlassen. Jetzt hatte Papa Samuel dasselbe getan.
    Seine gute Laune, die gesummten Seemannslieder, sein Versprechen, ein Fahrrad zu kaufen, waren nichts anderes gewesen als Lügen.
    Die Angst war so groß, daß sie in ihm heulte. Als ob dort ein Hund festgekettet säße und jaulte und jaulte. Es dauerte lange, bis er sich so weit beruhigt hatte, daß er wieder klar denken konnte.
    Nachts fuhren keine Züge. Ein Auto besaßen sie nicht. Und Papa Samuel konnte sich ja wohl kaum zu Fuß durch die meilenweiten Wälder davonmachen.
    Es gab nur eine Erklärung, und Joel spürte, daß er sich sofort davon überzeugen mußte, ob es stimmte. Als er wieder die Treppe hinunterläuft, öffnet sich plötzlich die Tür zur Wohnung von der alten Westman. Sie steht da im Lichtschein in einem braunen Morgenmantel und einer weißen Nachtmütze.
    »Was ist das denn für ein schreckliches Gerenne auf der Treppe heute nacht«, sagt sie. »Ist was passiert?« »Nein«, antwortet Joel. »Nichts.«
    Er kann sich gerade noch vorstellen, daß er sich drinnen in der nach Äpfeln duftenden Wohnung der alten Westman verstecken möchte. Sich hinter den gestickten Christus-Tüchern verstecken und so tun, als ob es ihn nicht gäbe.

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