Joel 1 - Der Hund der unterwegs zu einem Stern war
hast du für ein Radio?« fragt Ture. »Ein Luxor«, antwortet Joel.
Ture setzt sich auf ein Kissen auf dem Fußboden. »Der Geheimbund ist gut«, sagt er. »Aber wir können noch mehr machen, als nur nach einem Hund zu suchen.« »Du haust ja doch bald ab«, sagt Joel. »Ich dachte, wir sollten den Hund finden, solange du noch hier bist.« »Ein Geheimbund muß Angst einjagen«, sagt Ture. »Wir müssen zeigen, daß wir gefährlich sind.« »Wie das?« fragt Joel. »Ich zeig's dir heute nacht«, sagt Ture.
Eigentlich wollte Joel diesen Abend zu Hause bleiben. Er hat Angst, daß er in der Schule wieder einschläft, wenn er jede Nacht unterwegs ist. Aber das sagt er nicht. Sie beschließen, sich um Mitternacht bei den Güterwaggons zu treffen. Dann muß Joel gehen. Der Herd und die Kartoffeln warten. »Warum hast du es so eilig?« fragt Ture. »Das ist ein Geheimnis«, antwortet Joel.
Auf dem Weg nach Hause ist er schlechter Laune. Es sind zu viele Lügen, die er auseinanderhalten muß. Und an allem ist eigentlich Papa Samuel schuld. Er ist kein Kapitän, er hat nur ein Radio, er hat keine Frau, also hat Joel auch keine Mama.
Papa Samuel hat nichts. Nur eine Axt, mit der er im Wald die Bäume umhaut. Außerdem hat er nicht erzählt, wer Leonardo da Vinci ist oder was sie bei der UNO machen.
Und außerdem hat er dieses Luder mit dem roten Hut angeschleppt …
Plötzlich fällt Joel ein, daß er noch einkaufen muß. Da er schon fast zu Hause ist, muß er noch einmal zurückgehen. Das macht ihn noch wütender.
Ich zieh zu Mama Jenny, denkt er. Soll mir doch egal sein, wie sie aussieht, mir egal, was sie tut. Nichts kann so schlimm sein, wie hier mit Papa Samuel zu wohnen. Das einzige, was Joel mitnehmen wird, ist die »Celestine«. Den blauen Hocker, den er zum Geburtstag bekommen hat, wird er mit zur Eisenbahnbrücke nehmen und in den Fluß werfen.
Im Geschäft muß er warten, bis er an der Reihe ist. Svenson riecht wie immer nach Branntwein und fummelt an den Waren herum, und es fällt ihm schwer auszurechnen, was das Ganze kosten soll. Joel wartet und wartet. Er kommt wohl nie an die Reihe. Daran ist auch Papa Samuel schuld.
Als Joel nach Hause kommt, macht er Feuer im Herd und legt sich auf die Küchenbank, während er darauf wartet, daß die Kartoffeln anfangen zu kochen. Er schläft ein und wird erst wieder wach, als Papa Samuel ihn an den Schultern rüttelt.
Das Essen ist fertig, und die Teller stehen auf dem Tisch. Papa Samuel ist auffallend guter Laune. Er summt eins seiner Seemannslieder vor sich hin. Ab und zu sieht er Joel mit einem Lächeln an.
Nach dem Abendessen rasiert er sich. Joel wird ziemlich nervös. Sonst rasiert er sich doch nur einmal in der Woche, am Samstagnachmittag. Heute ist doch erst Mittwoch. Und die ganze Zeit summt er vor sich hin. Joel beschließt, seinen Papa nicht aus den Augen zu lassen. Kann Sara mit dem roten Hut ihn tatsächlich in so gute Laune versetzen? Oder ist es etwas anderes? Nach dem Essen holt Joel seine dreizehn Zinnsoldaten hervor und baut aus ein paar Büchern ein Fort. Aber er kann sich nicht richtig konzentrieren, weil Papa Samuel die ganze Zeit in seinem Zimmer summt.
Schließlich befördert Joel die Zinnsoldaten mit einem Tritt unters Bett. Da können sie liegen, bis sie vom Staub begraben werden, denkt er.
Dann geht er zu Papa Samuel. Der liegt auf seinem Bett, hört Radio und wackelt mit den Zehen. »Hallo, Joel«, sagt er. »Womit spielst du?«
»Ich spiel nicht«, antwortet Joel. »Ich will wissen, wer Leonardo da Vinci ist.«
»Wer?«
»Leonardo da Vinci.«
»Den Namen hab ich schon mal gehört. Warum willst du wissen, wer das ist?«
»Ich will es eben wissen.«
»Dann muß ich ein bißchen nachdenken. Leonardo da Vinci…«
Joel wartet in der Türöffnung. Papa Samuel wackelt mit den Zehen und denkt nach.
»Ich glaub, er war ein Erfinder. Und Maler. Vor langer Zeit. Er konnte alles. Er hat sich Flugzeuge und Kanonen lange vor allen anderen ausgedacht.«
»So wie er will ich werden.«
»Niemand wird wie er. Man kann nur so werden, wie man ist.«
»Warum bist du nie Kapitän geworden?«
»Ich bin nicht lange zur Schule gegangen. Ich hatte meine Hände. Dann wird man nur Matrose.«
Joel möchte ihm sagen, daß er aufhören soll, mit den Zehen zu wackeln. Hör auf zu lächeln, hör auf, deine Seemannslieder zu summen. Aber er steht in der Türöffnung und sagt nichts.
»Ich geh wieder in mein Zimmer«, sagt er schließlich. Papa Samuel
Weitere Kostenlose Bücher