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Joel 2 - Die Schatten wachsen in der Daemmerung

Joel 2 - Die Schatten wachsen in der Daemmerung

Titel: Joel 2 - Die Schatten wachsen in der Daemmerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henning Mankell
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nicht beibringen?«
    »Du tanzt nie«, sagt Joel.
    »Soll ich hier in der Küche tanzen?« fragt Samuel lachend.
    Die nächste Frage hüpft Joel aus dem Mund, ohne daß er vorher darüber nachgedacht hat. »Mama Jenny«, sagt er, »hast du mit ihr getanzt? Habt ihr getanzt?«
    »Das haben wir wohl«, antwortet Samuel. Joel sieht, wie ein Schatten von Trauer über sein Gesicht gleitet. Er bereut die Frage. Wo ist sie hergekommen? Sie ist aus seinem Mund geschossen, als ob sie irgendwo auf der Lauer gelegen und darauf gewartet hätte, daß er den Mund öffnet.
    Die Traurigkeit verfliegt. Samuel ist wieder wie immer. »Vielleicht sollte man es tun«, sagt er. »Vielleicht sollte ich Sara überreden, mit mir tanzen zu gehen? Es heißt, Kringströms Orchester soll ganz gut sein.« Joel wird starr.
    Warum lernt er nie, nicht zuviel zu reden? Wenn Samuel sich nun einmal in den Kopf setzt, Samstag mit Sara ins Gemeindehaus zu gehen?
    »Kringströms Orchester ist schlecht«, sagt er. »Hast du es mal gehört?« fragt Samuel verwundert. »Das sagen alle«, fährt Joel fort. »Es soll Schwedens schlechtestes Orchester sein.«
    »Ich hab das Gegenteil gehört«, sagt Samuel. »Vielleicht sollte ich hingehen, um rauszukriegen, wer recht hat.« »Das wird dir aber leid tun«, beharrt Joel.
    Samuel legt die Zeitung weg und sieht ihn forschend an. »Erstaunlich, was du alles über Kringströms Orchester weißt«, sagt er. »Ist es nicht noch ein bißchen zu früh für dich, ans Tanzengehen zu denken ?«
    Dann zerstrubbelt er Joel die Haare und liest wieder die Zeitung.
    Joel geht in sein Zimmer und atmet auf.
    Das war nah dran, denkt er. Nah dran, daß Geronimo Gustafsons großer Plan vernichtet wurde. Nah dran, daß Samuel allen Ernstes mit Sara ins Gemeindehaus gehen wollte.
    Jetzt kann er aufatmen. Nichts steht mehr im Weg. Aber Joel Gustafson täuscht sich. Denn als es Samstag ist und sie über ihrer Frühstücksgrütze sitzen, legt Samuel plötzlich den Löffel beiseite und guckt Joel an. »Du hast mich auf eine gute Idee gebracht«, sagt er. Joel versteht nicht, was er meint. Er hat doch keine Idee gehabt?
    »Sara und ich gucken heute abend mal im Gemeindehaus vorbei«, fährt Samuel fort.
    Joel denkt, er hört nicht recht.
    Aber es stimmt. Und merkwürdigerweise ist es wirklich seine Idee gewesen.
    Joel starrt in seine Grütze, wie er vor ein paar Tagen auf seinen Tisch in der Schule gestarrt hat.
    Was soll er jetzt machen?
    Soll er denn niemals seine gute Tat zu Ende führen dürfen? Muß er das Mirakel sein ganzes Leben lang wie eine Last schleppen ?
    Als er mit essen fertig ist, geht er in sein Zimmer. Samuel summt beim Abwaschen vor sich hin.
    Wie soll er dieses Problem lösen?
    Geronimo Gustafson. Was um alles in der Welt wirst du dir jetzt einfallen lassen?

10
    General Custer, dachte Joel.
    Oder Geronimo. Oder beide zusammen. Mit dem hier wären sie nicht fertig geworden. Nicht mal zusammen! Als er begriffen hatte, daß Samuel und Sara an diesem Abend wirklich zu Kringströms Musik tanzen wollten, hatte er ein Gefühl gehabt, als ob alles verloren wäre. Die gute Tat, die er mit so viel Mühe organisiert hatte und jetzt nur noch zu Ende bringen wollte, würde nie getan werden.
    Er war wieder am Ausgangspunkt. Genau wie an dem Tag, als er sich für den falschen Pfad in Simon Urväders Labyrinth entschieden hatte. Die gute Tat war etwas, woraus er nie einen Ausweg finden würde. Er würde sich mit ihr herumschlagen, bis er so alt war, daß er sich kaum noch auf den Beinen halten konnte.
    Er saß in seinem Zimmer und fluchte. Er murmelte alle Flüche vor sich hin, die ihm einfielen. Er erfand neue Flüche. Die ganze Zeit summte Samuel in der Küche. Er füllte die große Badewanne mit warmem Wasser. Dann rief er nach Joel, er solle kommen und ihm den Rücken schrubben. Joel dachte, lieber würde er ihm die Bürste an den Kopf hauen. Warum mußte er ausgerechnet heute abend mit Sara ausgehen? Warum nicht nächsten Samstag? Warum nicht jeden anderen Samstag, nur heute nicht?
    Warum kapierten Erwachsene nicht, wann sie nicht tanzen gehen durften ?
    Joel schrubbte, und Samuel grunzte. Wenn die Bürste mit einem Schlafmittel vergiftet gewesen wäre, wäre Samuel eingeschlafen und erst morgen wieder aufgewacht. Joel würde Kringström und sein Orchester bezahlen, er würde das ganze Gemeindehaus mieten, nur damit Sara und Samuel miteinander tanzen durften. Nur heute abend nicht! Aber die Bürste war nicht vergiftet, und Samuel

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