Joel 3 - Der Junge der im Schnee schlief
Er steckte Samuels Pfeife in den Mund und sog daran. Pfeifentabak roch gut. Aber als er sie einmal angezündet und den Rauch eingeatmet hatte, war ihm schlecht geworden. Mehrere Male hatte er eine einzelne John Silver gekauft und versucht richtig zu rauchen. Aber das hatte nicht gut geschmeckt. Er fragte sich, was mit ihm nicht stimmte. Warum konnte er nicht wie zum Beispiel Otto rauchen?
Das sollte im nächsten Jahr ein Neujahrsgelübde werden. Dass er richtig rauchen lernen wollte.
Er sog an der Pfeife. Im Radio brachten sie klassische Musik von van Beethoven. Aber drinnen im Kopf hörte Joel »Heartbreak Hotel«. »Heartbreak Hotel« mit Elvis van Presley. »Herberts Hotel« mit Joel van Gustafsson.
Und er dachte. Ehnström hatte dafür gesorgt, dass morgen jemand zu ihr kam und ihr Weihnachtszeitschriften verkaufte. Ein Junge. Der leider nicht er war. Der aber von jetzt an Allan hieß und sein älterer Bruder war. Wie viele Jungen im Ort Weihnachtszeitungen verkauften, wusste Joel nicht. Aber es mussten mindestens zwanzig sein. Die meisten waren in seinem Alter. Joel hatte früher selbst Weihnachtszeitschriften verkauft. Aber in diesem Jahr hatte er vergessen, in der Buchhandlung Bescheid zu sagen, dass er es wieder wollte. Irgendwie musste er es jetzt schaffen, sich den Katalog von dem Jungen zu leihen, der zu ihr wollte. Wer immer das war.
Am nächsten Abend wollte Joel wieder dort warten. Er brauchte eine gute Erklärung. Außerdem musste er die Blechdose leeren, in der er sein gespartes Geld aufbewahrte. Wenn überhaupt noch Geld drin war.
Joel legte die Pfeife weg und ging in sein Zimmer. Die Blechdose hatte er von Samuel bekommen, als er noch sehr klein gewesen war. Früher waren Zigarren darin gewesen. Joel fand, dass sie immer noch nach Zigarren roch. Die Dose stand unter seinem Bett. Darin sparte er Geld, wenn er welches übrig hatte. Aber das geschah selten. Es waren auch ein paar hübsche Briefmarken aus fernen Ländern darin, die Samuel während seiner Reisen besucht hatte. Er holte die Blechdose hervor und öffnete sie. Es war, wie er es sich gedacht hatte. Darin war fast kein Geld mehr. Drei Kronen. Er war nicht sicher, ob es reichte, Weihnachtszeitschriften an Ehnströms Verkäuferin zu verkaufen. So ein Ärger. Aber dann fiel ihm ein, dass er natürlich auf den Verdienst verzichten könnte, wenn er es schaffte, ein paar Zeitschriften an sie zu verkaufen. Er würde sich einfach anbieten umsonst zu arbeiten.
Er schob die Blechdose wieder unter das Bett. Jetzt war er sicher, dass er das Problem lösen konnte. Er ging zum Fenster. Wenn es dunkel war, konnte man schwer erkennen, ob es diesig war oder nicht. Er ging zurück in die Küche und guckte aufs Thermometer am Fenster. Ein Grad über null. Weder zu warm noch zu kalt. Heute Abend würde er anfangen sich abzuhärten. Jemand, der Weihnachtszeitschriften an eine Frau in durchsichtigen Schleiern verkaufte, konnte ja nicht irgendwer sein.
Samuel war fort und würde nichts merken. Wenn der Wecker früh genug klingelte, konnte er das Bett wieder in den Schuppen stellen, bevor Samuel kam.
Joel setzte sich auf Samuels Stuhl. Im Radio hielt wieder jemand einen von diesen ewigen Vorträgen. Joel versuchte herauszufinden, wovon der Mann mit der knarrenden Stimme eigentlich redete. Es hatte was mit Kühen zu tun. Kühe und Melkmaschinen. Er drehte den Knopf, mit dem man den Sender einstellte. Zwischen all den fremden Radiostationen knisterte es. Aber manchmal war klar und deutlich eine Stimme herauszuhören. Oder er hörte Musik aus anderen Ländern und versuchte zu erraten, welche Länder das waren.
Es war wie Reisen, hatte er oft gedacht. Ohne dass man von seinem Stuhl aufstehen musste. Man drehte an einem Knopf und flog davon.
Nach einer Weile wurde es ihm langweilig und er kehrte zu dem Mann zurück, der von Kühen sprach. Er redete immer noch. Joel gähnte. Es fiel ihm schwer, die Augen offen zu halten. Aber noch war es zu früh, auf den Hof zu gehen und sich ins Bett zu legen.
Er schaffte es, sich bis elf wach zu halten. Dann zog er mehrere Kleidungsstücke übereinander an und steckte den Wecker in eine Wollsocke. Jetzt war er vorbereitet. Er dachte, er würde auf der Stelle einschlafen, wenn er das Bett aus dem Holzschuppen geholt und sich hingelegt hatte. Als er mit der aufgerollten Matratze und dem Bettzeug auf den Hof kam, schien es kälter zu sein, als er sich vorgestellt hatte. Das kam sicher daher, weil er müde war. Er öffnete die
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