Joel 3 - Der Junge der im Schnee schlief
Tür zum Holzschuppen und zog das Bett heraus. Einige Sprungfedern waren kaputt. Aber dagegen war nichts zu machen. Das musste eben als ein Teil der Abhärtung gelten. Er hatte das Bett hinter dem Holzschuppen aufstellen wollen. Dort konnte ihn niemand sehen. Aber gleichzeitig war es dort auch nicht ganz dunkel. Das Licht der Straßenlaterne fiel über den Holzschuppen.
Er bereitete alles vor, kontrollierte, ob der Wecker auch richtig aufgezogen war, und kroch unter die Decke. Er hatte die Mütze auf dem Kopf und einen Schal ums Gesicht gewickelt.
Erst als er lag, wurde ihm richtig kalt. Es war merkwürdig, dort zu liegen und in den Himmel zu starren.
Er spürte, wie sich der Schlaf anschlich. Jetzt war es schon nicht mehr so kalt, nachdem er die dicke Decke über den Kopf gezogen hatte.
Bald war er eingeschlafen.
Und leise begann es zu schneien.
9
Joel träumte, dass er fror.
Es war ein seltsamer Traum. Er stand am Herd und rührte in einem Topf. Der Herd war warm. So warm, dass er das Hemd überm Bauch aufgeknöpft hatte, damit er nicht schwitzte. Trotzdem fror er. Er rührte und rührte, knöpfte immer mehr Knöpfe auf, und der Schweiß floss. Aber gleichzeitig fror ihn so, dass er zitterte.
Dann wurde er wach. Zuerst wusste er überhaupt nicht, wo er war. Er hatte seine gewohnte Decke über den Kopf gezogen. Aber um ihn herum war es kalt. Er versuchte sich noch mehr zusammenzurollen. Da merkte er, dass er dafür viel zu steif war. Und nass.
Plötzlich erinnerte er sich. Mit einem Ruck richtete er sich auf.
Das Bett war fast ganz von Schnee bedeckt. Auf der braunen Decke lag eine Schicht von weißem Neuschnee. Und der frisch gefallene Schnee war ins Bett gedrungen und geschmolzen. Ihm war so kalt, dass ihm schlecht war. Plötzlich überkam ihn Panik. War er schon erfroren? Er sprang auf. In seinem Körper knisterte es. Er begann zu hüpfen und mit den Armen zu schlagen. Dann packte er das Bettzeug und die Socke mit dem Wecker zusammen. Das Bett ließ er auf dem Hof stehen. Es war ihm egal, dass die Treppe knarrte. In der Wohnung warf er alles, was er trug, auf den Fußboden und setzte sich an die Heizung.
Er konnte sich nicht erinnern, je so ein schönes Gefühl gehabt zu haben. Die Wärme drang in seinen Körper. Seine Hände wurden weich.
Dort an der Heizung schlief er ein. Wie lange er schlief, wusste er nicht. Als er aufwachte, war er immer noch so müde, dass er kaum die Augen öffnen konnte. Trotzdem zwang er sich aufzustehen, zog seine Stiefel und Kleider aus und seinen Schlafanzug an. Das Bettzeug und die Matratze trug er in sein Zimmer und legte alles aufs Bett. Die Sachen waren noch immer nass. Er nahm den Wecker und kroch in Samuels Bett. Dort roch es nach Samuel. Das, was nach dem Salzduft des Meeres hätte riechen müssen, was aber der Geruch nach Harz und Wald war.
Er wurde wach, weil jemand mit ihm redete. Als er die Augen aufschlug, sah er geradewegs in Samuels Gesicht.
Joel hatte auch früher schon in den Nächten, wenn Samuel bei Sara war, in Samuels Bett geschlafen.
»Warum steht unten auf dem Hof ein Bett?«, fragte Samuel.
»Da steht ein Bett?«, antwortete Joel.
»Die Tür zum Holzschuppen war offen. Als ich sie zumachen wollte, hab ich das alte Bett auf der Rückseite gesehen. Die eine Ecke hat vorgeguckt. Man könnte fast glauben, da hätte heute Nacht jemand geschlafen.« . »Vielleicht ein Landstreicher«, sagte Joel. Samuel runzelte die Stirn.
»Der draußen schläft, wenn's schneit? Der hätte doch im Holzschuppen übernachtet. Warum sollte er sich unnötigerweise einschneien lassen?«
»Vielleicht war das jemand, der sich abhärten will.«
Im selben Augenblick, als Joel die Worte aussprach, wusste er, dass er Samuel niemals im Leben davon erzählen würde, was er da trieb. Jetzt war die Gelegenheit vorbei. »Trotzdem komisch«, sagte Samuel. »Aber jetzt musst du dich beeilen, damit du nicht zu spät zur Schule kommst.« Joel stand auf. Er hatte ein Gefühl, als ob sein Körper aus Eisen wäre. Er brauchte dringend bald einen Abend, an dem er zu seiner gewohnten Zeit ins Bett ging. Er konnte sich nicht erinnern, jemals so müde gewesen zu sein wie jetzt. Er wusch sich und zog sich an. Als er seine Stiefel sah, wurde er plötzlich wütend. Er nahm den einen in die Hand und ging in die Küche. Samuel saß am Küchentisch vor einer Tasse Kaffee und summte vor sich hin. Er summte immer, wenn er bei Sara gewesen war.
Samuel konnte nicht gut singen. Selbst wenn er nur
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